Killashandra
Neuankömmlinge etwas näher an die Konsole ließen. Im Saal war ge-dämpftes Räuspern und Scharren zu hören.
»Balderols Studenten«, murmelte der Älteste Ampris erklärend. »Sie wollen für die Konzerte üben, da die Orgel jetzt repariert ist.«
Killashandra schätzte auf den ersten Blick, daß auf jeden Studenten etwa neun Wachleute kamen. Sie lächelte freundlich, dann bemerkte sie aus den Augenwinkeln, daß eine massive Reihe der größten Wachleute Schulter an Schulter vor der Tür der Orgelkammer stand. Ange-wachsen?
»Nun, dann wollen wir sie üben lassen«, sagte sie fröhlich. »Haben Sie nicht auch für Trag und mich einige Studenten? Wir könnten ihnen zeigen, wie Kristalle gestimmt werden. Aber sie müssen das absolute Gehör haben«, erinnerte sie den Ältesten Ampris, als sie die Bühne verließen. Ihre Stimme klang wie tot, als sie den Resonanzbereich der Kristalle verließen.
»Das haben wir erst für morgen geplant, Killashandra«, sagte Ampris leicht überrascht. »Ich habe angenommen, Gildenmann Trag und Sie wollen die Gelegenheit ergreifen, auch den Rest des Konservatoriums zu besichtigen.«
Diese Besichtigung nahm auf Killashandras Prioritä-
tenliste keinen wichtigen Platz ein, aber da sie bei Ampris gerade hoch im Kurs stand, wollte sie sich bemühen, sich dieses Ansehen zu bewahren. Sie war nicht erbaut, als Ampris Mirbethan mit der Führung beauftragte und sich mit dringenden Verwaltungsaufgaben entschuldigte.
Statt Ampris beweisen zu können, daß die unterbewußte Konditionierung auch bei Kristallsängern funktionierte, mußte sie nun zusehen, wie Lars dies bei Mirbethan unter Beweis stellte, während sie sich mit Trag vergnü-
gen mußte. Zuerst schien Trag unbeteiligt, doch plötzlich änderte sich seine Haltung, und er hörte aufmerksam den Erklärungen zu: Mirbethan beschrieb Klassenzimmer, einen neuen Theorieprozessor, den Bau des kleinen Theaters, und sie erzählte, welcher hochgelobte Komponist welches Werk wann auf der Festivalorgel gespielt hatte.
War Lars etwa so unverfroren gewesen, auch Trag zu zwicken? Als sie hinter dem Trio herschlenderte — sie inspizierten gerade die freudlosen, peinlich sauber gehal-tenen Schlafräume —, wäre sie froh gewesen, wenn Lars sie gezwickt hätte.
Wenn sie etwas empfänglicher gewesen wäre, hätte sie das Konservatorium beeindruckt, denn es war ausgesprochen gut organisiert und, was Lehr-und Übungsräume, Archiv und Computer anging, hervorragend aus-gestattet. Es gab sogar eine Bibliothek mit richtigen Büchern, die von den usprünglichen Siedlern und späteren Besuchern gestiftet worden war. Das Konservatorium war insgesamt geplant und auf einmal gebaut worden; nur der große Konzertsaal war später entstanden, doch auch er war in den ursprünglichen Plänen schon vorgesehen gewesen. Die Anlage war dem Music Center auf Fuerte weit überlegen, denn dort hatte man ohne wirkliches Konzept Anbauten und Erweiterungen angefügt. Allerdings gab es auch in einer kleinen Ecke von Fuertes Music Center mehr Leben als im ganzen Bau und in allen Hallen des optherianisehen Konservatoriums.
»Das hier ist die Krankenstation.« Mirbethans sal-bungsvolle Stimme unterbrach Killashandras bittere Gedanken.
»Da war ich schon«, sagte sie trocken und sarkastisch, und Mirbethan besaß immerhin den Anstand, peinlich berührt das Gesicht zu verziehen. Dann sah sie Lars durchdringend an, der mit einem unverschämten Zwinkern antwortete. »Außerdem habe ich Hunger. Wir haben noch nicht zu Mittag gegessen, weil wir erst die Installation abschließen wollten.«
Mirbethan überschlug sich vor Entschuldigungen, und als Trag und Lars erklärten, daß sie auch ohne nähere Inspektion sicher waren, daß die Krankenstation den allerhöchsten Ansprüchen genüge, führte sie sie in ihr Quartier zurück.
Sobald sie drinnen waren, aktivierte Lars mit einer großartigen Geste das Störgerät, und Killashandra seufzte erleichtert. Sie hatte nicht bemerkt, unter welcher Spannung sie gestanden hatte.
»Ich habe Hunger, das ist alles. Ich habe einfach nur Hunger«, sagte sie sich selbst, als sie zur Versorgungsanlage ging.
»Wo hast du die unterbewußte Einheit gefunden, Trag?« fragte Lars, der inzwischen vor der Hausbar stand.
»Unter der Bühne; der Zugang wurde durch das gleiche Motiv geöffnet. Für so kluge Menschen haben die Ältesten ausgesprochen langweilige Ideen.«
Killashandra schnaubte verächtlich. »Wahrscheinlich können sie sich auch an
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