Killashandra
Versammlung kreisten. »Auf Optheria ist jeder sicher«, — er hielt einen Augenblick inne —, »und jeder kennt seinen Platz und seine Pflichten. Sicherheit ist eine Grundlage für die Heiterkeit des Geistes, die so typisch für diese natürliche Welt ist.«
Killashandra fand in seinen Worten keinen Spott, und er hatte keinen besonderen Nachdruck hineingelegt. Kein amüsiertes Funkeln in den Augen, kein zynisches Zucken des Gesichts; und doch kam es Killashandra vor, als hätte er exakt das Gegenteil gesagt.
»Da mußte aber jemand unter geistiger Verwirrung leiden, wenn er sich veranlaßt sah, den Wurfstern nach mir zu schleudern.«
»Eine Waffe von den Inseln«, sagte Ampris. »Wir haben dieser Siedlung in den Anfangsjahren auf Optheria zuviel Freiraum gelassen. Die ersten Kolonisten waren natürlich von unserer Art, doch als wir den Kontakt mit ihnen wieder aufnehmen konnten, waren sie schon vom ursprünglichen Weg abgewichen. Optheria sollte eine autonome Welt werden; sie sollte allerdings nicht aus lauter autonomen Gruppen bestehen.« Ampris' humorlose Worte und seine Gesten verrieten, wie man mit diesen Abweichlern umgesprungen war. »Wir werden herausfinden, wer sich diesen unerhörten Angriff auf Sie erlaubt hat, das kann ich Ihnen versichern, Gildenfrau Killashandra.«
»Daran habe ich keine Sekunde lang gezweifelt.«
Ampris betrachtete forschend ihr Gesicht. »Auf einem ordentlichen Planeten ist das Ungewöhnliche immer bemerkenswert.«
»Ampris, Sie dürfen unsere geehrte Besucherin nicht für sich allein beanspruchen«, sagte eine tiefe knir-schende Stimme hinter ihnen. Killashandra drehte sich um und sah sich einem der anderen Ältesten gegenüber, der sie kritisch musterte. Er hatte die Augen eines Raub-tieres. Glänzend und dunkel, durchdringend. Die schmale Hakennase verstärkte diesen Eindruck noch. Seine Haut sah beinahe lackiert aus, und wenn sein Gesicht durch eine Veränderung des Ausdrucks Falten bekam, schien die Haut zu funkeln. Sein Blick fiel für einen Moment auf ihre linke Schulter, als könnten seine Augen die Seide durchdringen und die heilende Wunde darunter begutachten.
»Monopole waren noch nie meine Leidenschaft, Torkes«, sagte Ampris. »Mein Kollege Torkes, der auf Optheria für die Kommunikation verantwortlich ist. Da unsere Disziplinen eng verwandt sind, arbeiten wir häufig zusammen. Er ist der Meinung, die Musik sei von der Kommunikation abhängig, während ich natürlich die Ansicht vertrete, Musik könne unabhängig und ohne Kommunikation existieren, wohingegen die Kommunikation ohne Musik gar nichts zu verbreiten hätte.«
»Aber natürlich!« Killashandra brachte ein breites albernes Lächeln zustande, das sie gerecht auf beide Männer verteilte. Ampris nahm ihr Manöver mit einem leichten Nicken zur Kenntnis, während Torkes sich verneigte, als hätte ihre ausweichende Antwort ihm einen Vorteil verschafft. »Welche Kristalle benutzen Sie für die Kommunikation, Ältester Torkes?«
»Kristalle?« Torkes starrte sie beinahe beleidigt an.
»Wir können unsere Mittel nicht auf so eine Technologie verschwenden. Kristalle sind ausschließlich Musikern vorbehalten.«
»Wirklich?« Killashandra bekam den Eindruck, daß Ampris recht zufrieden zuhörte. Torkes schien überhaupt nicht bemerkt zu haben, was seine Äußerung verriet.
»Auch wenn Kristall äußerst natürliche ...«
»Kristalle sind für Optheria nicht natürlich. Sie sind hier auf diesem Planeten nicht zu finden. Und wir müssen uns an unsere Charta halten.«
»Wirklich? Aber verletzen Sie Ihre Charta nicht, wenn Sie außerplanetarische Instrumente verwenden?«
Torkes tat ihren Einwand mit einer unmutigen Handbewegung ab. »Musik ist eine Kunstform, die hauptsächlich in uns selbst, im Geist entsteht. Sie ist unfaß-
bar ...«
»Und was ist Kommunikation? Kann man sie anfassen?
Schmecken? Riechen?«
Torkes machte ihr mit einem grimmigen Blick klar, daß es sich nicht gehörte, einen Ältesten zu unterbrechen und ihm zu widersprechen. Sie spürte Ampris' Belustigung und sah das Funkeln in seinen Augen, während Torkes sich mit der unangenehmen Erkenntnis ab-finden mußte, daß eine Vertreterin der Heptitergilde, ei-ne eingeladene Spezialistin, die auf seinem Planeten dringend gebraucht wurde, sich als Gleichgestellte betrachtete.
»Natürlich«, sagte Ampris, das lastende Schweigen durchbrechend, »die Orgel wurde von einem Optherianer entwickelt und hier eingesetzt; es gibt sie nur auf unserem
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