Killashandra
jede Lösung zu ihrem Vorteil zu nutzen —
und sie war ausgesprochen wütend, daß er die Frau, die er zuerst verletzt und dann entführt hatte, nicht erkannte.
Sie saß höflich und aufmerksam neben ihm, lächelte und lachte über seine klugen Kommentare. Lars Dahl schien nichts in seiner Umgebung zu entgehen, während er kräftig zulangte. Ein strahlender dicker Mann mit einem halben Dutzend Girlanden reichte ein Tablett mit Thun-fischfleisch herum und stieß Lars Dahl freundlich in die Rippen, als er vorbeikam. Er flüsterte ihm etwas ins Ohr, während Lars leicht ihren Schenkel massierte, dann blinzelte der dicke Mann sie freundlich an und legte ihr ein zweites Stück Fisch auf den Teller.
Sie war für die zweite Portion wirklich dankbar, denn der Thunfisch war saftig und schmeckte äußerst exotisch, überhaupt nicht ölig oder nach Fisch. Der fermentierte Brotbaumsaft war besser als die überreifen Früchte, die sie auf der Insel gegessen hatte. Lars füllte unermüdlich ihren Becher nach, und sie bemerkte, daß er an seinem Becher nur nippte, während er vorgab, mehr in sich hineinzu-schütten, als dem Flüssigkeitsspiegel in seinem Becher entsprach.
Als sie gesättigt aufgeben mußte, suchte er sorgfältig eine große dunkle Melone aus und teilte sie mit dem Messer einhändig auf, während er sie erwartungsvoll ansah. Von der anderen Seite des Tisches rief jemand laut herüber, wo wohl seine zweite Hand war. Aus dem Augenwinkel hatte sie eine andere Frau gesehen, die aus ihrer halben Melone die Samenkörner gepickt hatte.
Lachend tat sie es ihr nach und gab Lars seine Hälfte zurück, bevor sie sich über ihre eigene hermachte. Aber dann, bevor sie ihren Löffel heben konnte, schnitt er ei-ne dünne Scheibe ab, die er ihr vor die Lippen hielt. Das Fleisch der Melone war das Süßeste, was sie je ge-schmeckt hatte, samtig und triefend vor Saft, sobald das Fleisch verletzt war. Er biß direkt neben ihr hinein, und seine gleichmäßigen starken Zähne hinterließen einen sauberen Halbkreis im Rand.
Es war nicht das erste Mal, daß sie ein Essen als Vorspiel zur Liebe erlebte, aber noch nie hatte sie es vor so vielen Augen getan, selbst wenn alle anderen sich dem gleichen Ritual hingaben. Oder knisterte die Luft gerade deshalb so vor Sinnlichkeit?
»Ein Lied, Lars! Sing, solange du noch auf den Füßen stehen kannst.«
Plötzlich wurden Trommeln und ein Tamburin geschlagen, die Leute klatschten, und ein halbes Dutzend Saiteninstrumente wurde gestimmt, um den Höhepunkt der abendlichen Unterhaltung einzuleiten. Dann veränderte sich der Applaus zu einem rhythmischen Klatschen, und die Leute riefen.
»Lars Dahl, Lars Dahl, Lars Dahl!«
Er drückte noch einmal kräftig ihren Schenkel und stand auf. Er hob die Arme, um die Leute zum Schweigen zu bringen, nickte ihnen ergeben zu, und sofort hörte der Lärm auf. Respektvolles Schweigen senkte sich über die Menge.
Lars Dahl hob den Kopf, ein stolzes Lächeln auf den Lippen, um sein Publikum zu betrachten. Dann trat er einen Schritt zurück, hob die Arme und sang ein A, ein klares, wundervoll getragenes A. Killashandra starrte völlig verblüfft zu ihm auf, und ihr gerade aufkeimen-der Verdacht wurde bestätigt, als seine Stimme andere Töne probte. Es konnte nur eine Tenorstimme dieses Kalibers auf dem Planeten geben. Er war der unbekannte Tenor, mit dem sie ihr spontanes Duett gesungen hatte. Glücklicherweise faßte Lars Dahl ihren Gesichtsausdruck als Freude über seine Vorstellung auf. Er begann mit einer deftigen Seeräuberballade, so fröhlich und nonchalant wie er selbst, die schon bei den ersten Tönen vom Publikum erkannt und mit Beifall aufgenommen wurde.
Die Zuhörer stimmten in den Refrain ein und sangen mit, und auch Killashandra fiel hastig ein und bewegte stumm den Mund, bis sie den einfachen Refrain gelernt hatte. Sie gab sich Mühe, mit einer Altstimme zu singen, denn wenn sie seinen Tenor erkannte, dann erkannte er auch ihren Sopran. Und sie wollte ihm noch nicht ihre wahre Identität verraten — nicht vor dem nächsten Morgen. Jetzt entspannte sie sich, gab sich der Musik hin und sang etwas selbstbewußter und mit einer Freude, die sie seit ihrer Jugend auf Fuerte nicht mehr empfunden hatte.
Plötzlich erinnerte sie sich an sommerliche Familienaus-flüge zu den Bergseen oder ans Meer, wo sie das Singen geleitet hatte. War es das, was Antona mit bewahrenswer-ten Erinnerungen gemeint hatte? Nun, es gab selbst aus jener schönen Zeit
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