killer country: thriller (German Edition)
Rollstuhls fest.
24
»Was soll das, Rudi?«, fragte Mace vom Beifahrersitz, als Rudi Klett seinem Chauffeur eine Adresse im Grunewald genannt hatte. Der Chauffeur ein gewaltiger Rowdy mit geschorenem Kopf und gepiercten Ohrläppchen.
»Hast du die Pistole dabei?«, wollte Rudi Klett von hinten wissen.
»Hör zu«, erwiderte Mace. »Ich hab keine Lust auf irgendwelche Mätzchen. Ich bin hier als Sicherheitsmann. Ausschließlich.«
»Ach komm schon. Wo ist der Mace geblieben, der früher zu jedem Abenteuer bereit war? Wo ist der alte Draufgänger? Was würdest du denn heute Abend in Berlin sonst unternehmen? Dir eine Braut suchen? Schau dir das an …« Er zeigte auf die Prostituierten auf der feuchten Kurfürstenstraße. »Nicht allzu weit von deinem Hotel. Ist das nicht praktisch? Unglaublich bequem, oder?«
»Danke«, sagte Mace.
»Zwar nicht Isabella, aber doch kein ganz schlechter Ersatz.«
Mace hatte viel an Isabella gedacht. Er war voller Melancholie durch die Straßen gelaufen, hatte im Café Adler zu Mittag gegessen und die Touristen beobachtet, wie diese das wenige betrachteten, was vom Checkpoint Charlie noch übrig geblieben war. Dann war er durch Mitte gewandert, deren alte Tristesse zu Zeiten des Kalten Kriegs nun unter dem Glas und der Mode der neuen Ära verschwunden war, bis er einen Plattenladen in einer Seitenstraße von Unter den Linden entdeckt hatte, wo er den R.E.M.-Song anhören konnte. Jetzt wurde er den Refrain nicht mehr los. Nicht dass es ihn gestört hätte. Er passte in gewisser Weise zu dem Eindruck, den er von Rudi Kletts Plänen für diesen Abend hatte. The end of the world as we know it.
»Das wird dich erhellen«, sagte Rudi Klett. »So viel kann ich dir schon mal versprechen. Du wirst einiges lernen, Mace. Über dein Land. Deine Politiker. Und danach wirst du mir dankbar sein. Ehrlich.«
»Worum geht es?«
»Das ist eine Überraschung. Nichts Dramatisches.«
»Aber ich soll meine Waffe bei mir haben.«
»Nur so – zur Show.« Rudi Klett lehnte sich vor, um dem Chauffeur auf die Schulter zu klopfen. »Stimmt doch, Wolfie, oder?«
Wolfie antwortete: »Genau.«
Sie fuhren den Kurfürstendamm hinauf und um die Beton-Cadillacs auf dem Rathenauplatz, ehe sie in die Königsallee und in einen Teil der Stadt einbogen, den Mace noch nicht kannte. Größere Häuser. Dichter werdender Baumbestand. Nach zwanzig Minuten bog Wolfie in die Einfahrt einer großen Villa ein, die über und über mit Efeu bewachsen war. Jedes Fenster war erleuchtet. Der Wagen hielt vor der Eingangstür an.
»Hier wohnt Dr. Konrad Schultz, wenn er sich in unserer wunderbaren Stadt aufhält«, erklärte Rudi Klett. »Seine Familie lebt eigentlich in Hamburg. Manchmal hat er seine Freundin dabei, heute allerdings nicht. Heute Abend ist er allein. Ich habe ihm gesagt, ich hätte einen südafrikanischen Bekannten hier, und wir würden gerne auf einen Plausch vorbeikommen. Er nimmt deshalb an, dass es um weitere Bestellungen geht – ein Waffensystem für die Schiffe, die eure Marine gekauft hat. In Wahrheit wird er mir heute Abend endlich meine Provision zahlen. Er schuldet mir Geld. Viel Geld. Und zwar schon länger. Jetzt ist es an der Zeit zurückzuzahlen. Um ihn zu überzeugen, hat Wolfie eine Waffe dabei – und du auch, Mace. Sobald er die Tür öffnet, richtet ihr beide eure Pistolen auf ihn.«
»Nein«, sagte Mace. »Das war nicht abgemacht.«
Wolfie fasste in seinen Mantel und zog einen 38er Colt Python hervor. Er entsicherte ihn.
»Mace, mein Freund«, beruhigte ihn Rudi, der bereits am Aussteigen war. »Ich will diesen Mann nicht umbringen. Er schuldet mir nur Geld. Ich will ihm nicht mal wehtun. Wir haben etwas Spaß, das ist alles. Auf seine Kosten. Also bitte, tu mir den Gefallen.«
Mace sagte: »Verdammt, Rudi …« Zog trotzdem die P8. Allerdings entsicherte er sie nicht oder bereitete sich darauf vor, sie zu benutzen. Er trat zu den beiden Männern, die schon vor der Tür standen.
»Guter Mann. Wie in früheren Zeiten!«
Nach dem zweiten Klingeln hörte Mace, dass Konrad Schultz an die Tür kam, wobei er etwas auf Deutsch rief. Rudi Klett antwortete und fügte dann auf Englisch hinzu, draußen sei es eiskalt.
Als Dr. Schultz die Tür öffnete, stürmte Wolfie ins Haus und stieß ihn beiseite. Er knallte gegen eine Wand. Wolfie hielt die Mündung der Python gegen die schlaffe Wange des Mannes. Mace blieb draußen, den Arm halb erhoben, so dass seine Waffe auf Schultz’ Bauch zeigte.
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