Killer im Kopf
Fahndungsabteilung bekam einen wacheren Klang, als sich eine Frau meldete.
Sheila redete nicht lange um den heißen Brei herum. Sie kam sofort zur Sache.
Schon nach dem zweiten Satz wurde sie unterbrochen. »Glenda Perkins? Nein, das tut mir leid, die ist noch nicht bei uns gewesen. Wieso? Was ist denn los?«
»Das hätte Sie Ihnen selbst sagen sollen.«
»Aber sie war nicht hier.«
»Seltsam«, murmelte Sheila.
»Wann ist sie denn von Ihnen abgefahren?«
Sheila nannte die ungefähre Zeit und erhielt auch eine Antwort. »Dann hätte sie eigentlich schon bei uns sein müssen.«
»Eben.«
»Sollen wir Sie anrufen, wenn Sie hier erscheint?«
»Ja, das wäre gut.« Sheila gab ihre Telefonnummer durch, und der Beamte war zufrieden.
Als die Frau aufgelegt hatte, spürte sie wieder das Zittern. Die Unruhe hatte noch zugenommen, und der Gedanke, daß Glenda auf der Fahrt etwas passiert sein konnte, verdichtete sich immer stärker. Sie glaubte nicht mal an einen Unfall, sondern mehr an Ray Riotta, der sich in der Nähe des Hauses befand.
Er mußte sie gesehen haben.
Sehen und töten?
Sheila erbleichte noch mehr, als sie daran dachte. Riotta ging über Leichen. Es spielte dabei für ihn keine Rolle, ob es ein bekannter oder ein fremder Mensch für ihn war. Er wollte den Tod, er wollte Blut sehen.
Er mußte seinen schrecklichen Trieb befriedigen, und Glenda konnte zu einem Hindernis auf seinem Weg ins Haus geworden sein. Mein Gott, was tue ich?
Auf einmal war Sheila durcheinander. Sie konnte überhaupt nicht mehr ruhig bleiben. Ihr Kopf zuckte von einer Seite zur anderen, als sie sich im Wohnraum umschaute und auch einen Blick durch die offene Tür in den Flur warf, als hätte sich dort jemand versteckt gehalten.
Sie sah nichts.
Es blieb auch alles ruhig – bis zu dem erneuten und brutalen Anfall, der sie überschwemmte.
Auf einmal war die Angst wieder da. So stark und mächtig, als wollte sie ihren Kopf zersprengen. Sheila hatte den Mund weit aufgerissen. Aber der Schrei wollte sich nicht lösen. Er blieb einfach in ihrer Kehle stecken.
Sie hatte mit sich selbst genug zu tun, denn sie kämpfte jetzt, und es bereitete ihr Mühe, auf den Beinen zu bleiben.
Wie eine Betrunkene schwankte sie vor und zurück. In ihren Augen stand die starre Angst. Sie war in den Pupillen wie festgefroren. Sheila hatte in diesen schrecklich langen Augenblicken keinen eigenen Willen mehr. Der andere und die Angst hatten die Kontrolle über sie erlangt. Sie war ein Mensch, aber sie fühlte sich nicht mehr als dieses Wesen. Sie glaubte fest daran, daß sie nur mehr eine Puppe war, die an einer langen Leine hing, die von einer anderen Person gezogen wurde, damit sie dorthin ging, wo es der andere wollte.
Es gelang ihr kaum, sich auf den Beinen zu halten. Immer wieder mußte sie sich an Möbelstücken abstützen. Schmerzen verspürte sie keine, aber der Kopf saß voll. Der andere hatte sie übernommen, und er spielte ihr die mörderischen Bilder zu.
Sein Gesicht sah sie.
Dahinter entdeckte sie die Toten.
Sie lagen auf dem Boden. Schrecklich zugerichtet. Männer und Frauen, getötet durch eine Machete. Bei diesen Taten war es dem Mörder egal gewesen, wo er die Menschen traf. Er war brutal und gnadenlos gewesen.
Sie stöhnte und weinte auch. Dabei hatte sie beide Hände gegen ihren Kopf gedrückt, als wollte sie die fürchterlichen Bilder mit ihren eigenen Fingern hervorreißen.
Und immer wieder sah sie dieses schreckliche Gesicht mit der Glatze.
Der Killer steckte in ihrem Kopf. Seine Haut schimmerte bläulich und rot zugleich, als wäre er von schattigen Feuerflammen umspielt worden. Sie steckte in der Falle. Aus eigener Kraft würde sie diese nicht verlassen können.
Nie war der Anfall so stark gewesen. Das wiederum bewies ihr, daß sich Riotta in der Nähe aufhielt.
Am Haus, im Haus?
Und John? Was war mit ihm? Er hatte das Haus verlassen, um den Mörder zu stellen. Aber er war da.
John hatte es nicht geschafft. Der andere war stärker gewesen, und er würde auch bei ihr stärker sein. Auf Bills Waffe, die sie am Rücken in den Hosengürtel gesteckt hatte, vertraute sie nicht.
Sie kam ihr schon lächerlich gegen die Kraft des anderen vor.
Urplötzlich war alles vorbei.
So rasch und brutal, wie der plötzliche Angstanfall sie erwischt hatte, so schnell war er auch wieder verschwunden, und Sheila konnte es zunächst kaum fassen. Sie kam mit ihrer zurückerhaltenen Normalität nicht mehr zurecht.
Noch immer bewegte sie
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