Killer im Kopf
wieder Sheila gesehen. Die Sheila, die ihn damals so gedemütigt hatte und nun dafür bezahlen würde. Niemand hatte bisher einen Ray Riotta vergessen, auch sie würde es nicht tun, denn jetzt kam er zur Sache.
Vor dem Tor blieb er stehen. Allerdings so, daß ihn die Überwachungsanlage nicht erfassen konnte. Riotta hatte sich erkundigt, er hatte die Umgebung zuvor mehrmals ausgekundschaftet und wußte genau, wie er sich ab jetzt verhalten mußte.
Das gesamte Grundstück wurde von den Augen der Kameras nicht erfaßt. Im Hellen hatte er sich die Stelle ausgesucht, die er im Dunkeln überklettern wollte.
Niemand störte ihn, als er sich mit geschmeidigen Bewegungen über den hohen Zaun schwang, auf der anderen Seite nach unten sprang und auf dem weichen Boden landete.
Er ging in die Hocke.
So blieb er auch sitzen, als er zum Haus hinschaute. Er sah das Licht hinter den Fenstern nur schwach und undeutlich wegen der zahlreichen Gewächse, aber er wußte, daß sein Opfer im Haus war und irgendwie auf ihn wartete. Er leckte über seine Lippen. »Ich komme, kleine Sheila, ich komme zu dir.« Nach diesen Worten schlich er vor. Und wieder bewegte er sich lautlos, dabei gebückt. Er wollte auf keinen Fall durch einen Zufall entdeckt werden.
Das Haus ließ er nicht aus den Augen. Je näher er herankam, um so besser sah er es.
Und ihm entging nicht, daß jemand die Tür von innen her öffnete. Eine Gestalt erschien im Licht.
Sheila?
Nein, das war sie nicht.
Es war ein Mann, ein Fremder!
Riotta hatte Mühe, einen Schrei zu unterdrücken. Plötzlich sah er seinen Plan gefährdet. In seinem Kopf brauste es, als hätten sich die Gedanken in einen Sturmwind verwandelt.
Eine hatte er nur töten wollen. Diese Perkins war ihm dazwischengekommen, und nun noch dieser Fremde, denn Bill Conolly hätte das Haus nicht verlassen.
Ob sie einen Liebhaber hatte?
Er rechnete mit allem, doch das war für ihn im Moment nicht relevant. Er dachte daran, daß er drei Tote hinterlassen würde. Somit rückte sein zurückgestelltes Blutbad wieder in greifbare Nähe…
***
Ich hatte Sheila versprochen, mich nicht zu weit vom Haus zu entfernen, und daran hatte ich mich auch gehalten. Ich war in der Nähe geblieben, aber meine Blicke galten nicht dem Haus, sondern mehr dem Vorgarten, der vereinzelt im Licht der Laternen schwamm wie ein dunkler See, auf dem helle Boote abgestellt waren.
Das Gelände gefiel mir nicht. Es gab zu viele Verstecke. Wer lauerte dort? Ray Riotta?
Ich rechnete mit ihm. Sheila hatte sich nichts eingebildet. Dieser Mann war nicht nur als Killer gefährlich, sondern auch als eine Person, die mit anderen Mächten in Verbindung stand und im Laufe der Jahre den Kontakt aufgenommen hatte.
Wenn dieser Riotta in der Welt herumgekommen war, hatte er sicherlich die Augen offengehalten. Dann hatte er viel gelernt, dann war er mit anderen Menschen in Verbindung gekommen und hatte sich etwas aufgebaut, von dem er nun zehren konnte.
Fremde Länder, andere Magien. Gefährliche Zaubereien, unheimliche Kulte, das alles gab es, das wußte ich selbst, und wer lernen wollte, der konnte es auch.
Ich war noch immer nicht richtig darüber hinweggekommen, daß Sheila tatsächlich von der Vergangenheit eingeholt worden war. Das wollte einfach nicht in meinen Kopf, und ich dachte daran, wie wenig ich eigentlich über sie wußte.
Über ihre Jugend hatten wir nie gesprochen. Ich hatte sie erst kennengelernt, als ich gegen den Dämon Sakuro kämpfte, aber das lag weit zurück. Jetzt war die Vergangenheit zurückgekehrt. Schrecklicher denn je, weil der andere nicht nur vergewaltigen, sondern auch killen wollte.
Ich ging wieder ein paar Schritte weiter und kam einer Hausseite immer näher. Das Grundstück war groß genug. Ich konnte um das Haus herumgehen, und das hatte ich auch vor. Der hintere Garten war ebenfalls dicht bewachsen. Er bot gute Verstecke. Allerdings hatte Sheila die Rollos vor die Fenster fahren lassen, und es würde einem Einbrecher schon schwerfallen, sie zu überwinden.
An der Ecke blieb ich stehen.
Plötzlich war ich nicht mehr davon überzeugt, daß es gut war, wenn ich mich an der Rückseite umschaute. Der Killer, wenn er sich hier aufhielt, würde es sich bestimmt leicht machen und versuchen, auf dem normalen Weg zu Sheila zu gelangen.
Die Beretta steckte noch am Gürtel, aber ich war bereit, sie blitzschnell zu ziehen.
In meiner Umgebung war es still. Auch von der Straße her schwangen keine Geräusche durch den
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