Killeralgen
Boyer früher seine Fans zu begeistern pflegte.
»Ich finde, er war einfach reizend«, sagte Gamay mit dem Anflug eines Schmollens.
»Das finde ich auch, und er hatte hundertprozentig Recht, als er meinte, ich müsste ein glücklicher Mensch sein.«
»Das gefällt mir schon viel besser«, sagte sie. Dann warf sie einen Blick auf die Skizze, die Bert auf die Serviette gezeichnet hatte. »In etwa zehn Meilen kommt eine Abzweigung, die zum Schloss führt.«
»So wie Bert es geschildert hat, muss es die französische Version von Schloss Dracula sein«, sagte Paul.
»Und nach dem zu urteilen, was Kurt uns erzählt hat, ist Dracula verglichen mit Madame Fauchard so harmlos wie Mutter Teresa.«
Zwanzig Minuten später fuhren sie über eine lange Schotterstraße, die sich durch eine Hügellandschaft wand und durch in Terrassen angelegte Weingärten schlängelte. Im Gegensatz zu den anderen Weingärten, an denen sie bisher vorbeigefahren waren, gab es hier keinerlei Zeichen oder sonstige Hinweise, die Informationen über den Eigentümer dieses Weingutes lieferten. Doch während die Landschaft zunehmend dichter bewaldet wurde, sahen sie immer häufiger Warnschilder auf Französisch, Englisch und Spanisch, die darauf aufmerksam machten, dass sie sich auf Privatbesitz befanden.
Die Straße endete vor einem Tor in einem hohen mit Stacheldraht und elektrischem Strom gesicherten Maschendrahtzaun. Das Schild am Tor enthielt sogar eine noch ernstere Warnung, auch in diesem Fall in drei Sprachen, dass Unbefugte damit rechnen müssten, von bewaffneten Wächtern und Wachhunden aufgehalten zu werden. Die Androhung physischer Gewalt gegen unbefugte Personen war unverkennbar.
Paul las die Inschriften der Warnschilder und stellte fest:
»Es scheint, als hätte Bert hinsichtlich der Fauchards Recht. Sie gehören tatsächlich nicht gerade zu den freundlichsten und umgänglichsten Zeitgenossen.«
»Ach, ich weiß nicht«, widersprach Gamay. »Wenn du in den Rückspiegel blickst, wirst du sehen, dass sie uns tatsächlich ein Begrüßungskomitee geschickt haben.«
Paul folgte Gamays Empfehlung und sah durch das Heckfenster ihres gemieteten Peugeot den Kühlergrill eines schwarzen Mercedes. Der Wagen blockierte die Straße hinter ihnen. Zwei Männer stiegen aus dem Fahrzeug. Einer war klein und stämmig und hatte einen kahl rasierten Schädel, der die Form einer Gewehrkugel aufwies. In der Faust hielt er die Leine eines gefährlich aussehenden Rottweilers, der heftig schnaufte, während er sich gegen sein Würgehalsband stemmte. Der zweite Mann war hoch gewachsen und dunkelhäutig und hatte die fleischige, breite Nase eines Preisboxers. Beide Männer trugen militärische Tarnkleidung und Handfeuerwaffen.
Der kahlköpfige Mann kam herüber auf die Fahrerseite und sagte etwas auf Französisch, was nicht gerade Pauls starke Seite war, doch er hatte kein Problem, das Gesagte als Befehl zu verstehen, aus dem Wagen auszusteigen. Gamay hingegen beherrschte die Sprache fließend. Als der Mann mit dem Kugelkopf sie fragte, was sie hier zu suchen hätten, reichte sie ihm eine Visitenkarte, faltete die Serviette auseinander, die Bert ihnen mitgegeben hatte, und zeigte dem Mann das darauf eingetragene Weingut.
Der Mann betrachtete die Namen. »Dies ist der Fauchard-Besitz. Der Ort, zu dem Sie wollen, liegt dort«, sagte er und deutete in die entsprechende Richtung.
Gamay schien sich schlagartig furchtbar aufzuregen. Eine nicht aufzuhaltende Flut Französisch strömte über ihre Lippen, wobei sie mehrmals auf Paul deutete. Die Wächter brachen über diese eheliche Beschimpfung in Gelächter aus. Kugelkopf taxierte Gamay von Kopf bis Fuß mit einem Blick, der mehr als nur beiläufig war. Gamay quittierte sein Interesse mit einem affektierten Lächeln. Dann stiegen er, sein Kollege und der Hund wieder in den Mercedes. Sie lenkten den Wagen aus dem Weg, sodass Paul zurücksetzen und wenden konnte. Während der Peugeot sich vom Tor entfernte, beglückte Gamay die Wächter mit einem Winken, das freudig erwidert wurde.
»Es sieht so aus, als hätten wir soeben Kurts Skinhead-Freund Marcel kennen gelernt«, sagte Trout.
»Auf jeden Fall passt auf ihn die Furcht erregende Beschreibung«, sagte Gamay.
»Er war viel freundlicher, als ich erwartet hätte«, sagte Trout.
»Sogar der Hund hat gelächelt. Was hältst du davon?«
»Ich habe ihnen erklärt, du seist ein Idiot, weil du uns in die Irre geführt hast.«
»Oh.« Trout verzog das Gesicht.
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