Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
mich nach meinem Freund umgesehen habe, habe ich meinen späteren Mann aus Versehen angerempelt. Da hat er spontan zu mir gesagt: ›Das ist Liebe auf den ersten Blick.‹ Anfangs wollte ich mit ihm gar nichts zu tun haben, er war gar nicht mein Typ. Aber er hat nicht lockergelassen, hat sich bei meiner Freundin meine Adresse und Telefonnummer besorgt und hat immer wieder angerufen. Seine höfliche und charmante Art hat mir aber schon gefallen. Weil ich schlecht allein sein kann, habe ich mich dann doch mit ihm getroffen. Später habe ich mich in ihn verliebt.
Die erste Zeit mit ihm war sehr schwierig, weil er sofort bei mir eingezogen ist, nur mit ein paar Hemden und ein paar Klamotten, sonst nichts. Es ging etwa ein Jahr lang so, dass er auch immer mal einfach weggeblieben ist. Einen Tag, zwei Tage oder auch drei Tage. Da wusste ich nicht, wo er war. Zu der Zeit war ich aber auch schon irgendwie abhängig von ihm und bin, wenn er nicht nach Hause gekommen ist, durch die Straßen gelaufen und hab nach seinem Auto gesucht. Dafür habe ich mich selbst gehasst, aber ich habe es gemacht. Gefunden habe ich ihn bei meinen Suchaktionen nie. Und nach zwei oder drei Tagen tauchte er plötzlich wieder auf und tat so, als ob nichts gewesen wäre. Letztlich war ich aber froh, dass er wieder da war. Hinterfragt habe ich seine Abwesenheiten meistens nicht.
Wenn ich aber mal nachgefragt habe, hat er nichts dazu gesagt, warum er weg gewesen ist. Gar nichts. Er hat auch nicht von früher gesprochen, von seiner ersten Ehe oder von seiner Kindheit oder von seiner Familie. Ich habe ihn aber auch nicht danach gefragt, weil ich damals schon gemerkt habe, dass er es nicht mag, wenn man ihn zu sehr bedrängt. Dann hat er zugemacht und ist ärgerlich geworden. Also habe ich meinen Mund gehalten und bin froh gewesen, dass er wieder zurückgekommen ist.«
Aus den Vernehmungen der Verwandten, Bekannten und Arbeitskollegen des Opfers ergibt sich, dass Harald Huber durchaus beliebt war. Keiner von ihnen kann sich vorstellen, dass der Getötete Beziehungen zu kriminellen Kreisen in Kassel unterhalten haben könnte. Von einer möglichen bisexuellen Neigung hat insbesondere seine Frau nichts bemerkt. Die 39-jährige Sekretärin hat vielmehr betont, es habe keine sexuellen Auffälligkeiten während ihrer Ehe gegeben, und ihr Mann sei auch ein guter Vater gewesen.
Allerdings hat er laut ihrer Aussage nach seinem letzten Auslandsaufenthalt häufig einen deprimierten Eindruck gemacht. Nach dem Ausbruch seiner Krebserkrankung im Jahr 2006 sei er oft mit ihrem Auto ganze Nachmittage und Abende unterwegs gewesen. Wohin, wusste sie nie, weil er nicht darüber sprach. Auch Harald Hubers Vater gibt an, in den letzten Monaten bei seinem Sohn eine Veränderung festgestellt zu haben: »Auf mich wirkte er sehr bekümmert und merkwürdig distanziert.«
Den Tatzeitraum können die Ermittler inzwischen auf knapp zwei Stunden eingrenzen. Der tödliche Schuss muss nach 21.30 Uhr gefallen sein, denn Harald Huber hat zu dieser Zeit noch kurz mit einem Bekannten telefoniert, das letzte Lebenszeichen. Die Schusswaffe wurde auch nach eingehender Suche weder am Tatort noch in der näheren Umgebung gefunden. Entweder besitzt der Täter sie noch, oder er hat sie andernorts entsorgt. Deshalb lässt sich abgesehen vom Kaliber nichts Näheres über die Art der Schusswaffe sagen.
Vor allem aber ist auch weiterhin unklar, warum das Opfer sterben musste. Deshalb untersuchen die Ermittler auch den Computer des Getöteten, in der Hoffnung, dort auf weitere soziale Kontakte zu stoßen.
»Vor zwei Jahren hatte mein Mann so eine Phase, da saß er ständig am Computer, manchmal die ganze Nacht. Und da habe ich mal beim Saubermachen so Zettelchen gefunden, auf denen er sich notiert hatte, wo er mit wem gechattet hat. Zum Beispiel mit einer Frau, der hatte er geschrieben: ›Hab keine Angst vor meinen Gefühlen, ich liebe dich, möchte dich kennenlernen und mit dir Sex haben.‹ Dadurch hab ich mitbekommen, dass er in der Richtung sehr rege war. Ich wusste zwar nicht, ob er sich mal mit jemand getroffen hatte, aber das war mir dann doch zu viel. Das mache ich nicht mit, habe ich gedroht. Und er hat mir dann versprochen, er würde es nicht wieder machen, er liebe mich doch so sehr. Da bin ich wieder weich geworden. Er hat sich aber nicht dran gehalten und war bald wieder im Internet.«
Zweifelsfrei ist Harald Huber kurz vor der Tat aus Richtung Kassel gekommen und auf dem Heimweg
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