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Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Titel: Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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in Rheine, wieder in der Nähe des Stadtparks, diesmal aber in einer Wohnung: Ein Junge wacht mitten in der Nacht auf. Neben ihm auf der Bettkante sitzt ein Mann und streichelt seinen Bauch. »Wenn du mitkommst, passiert dir nichts«, sagt der Unbekannte und zieht einen Schraubenzieher aus seiner Jackentasche. Der Junge beginnt zu weinen und verkriecht sich in die letzte Ecke seines Bettes. Von dem Wimmern wird seine Schwester wach, die 19-Jährige schläft ausnahmsweise im Zimmer ihres Bruders. Als der Mann bemerkt, wie sich die junge Frau aufrichtet, flüchtet er. Die junge Frau sieht nur noch einen Schatten durch die Tür huschen und hört Sekunden später die Haustür zuknallen.
    Die Ermittler in Rheine erinnern sich an den Fall Kevin Golombek, über den erst kürzlich in den Medien berichtet wurde, und sehen deutliche Parallelen im Täterverhalten. Zeitnah nimmt man Kontakt zu den Kollegen der Soko »Kevin« auf, die sich nicht nur hochinteressiert zeigen, sondern ebenfalls Übereinstimmungen zwischen dem Verhalten des »Maskenmanns« und dem des Täters in Rheine feststellen. Nur hat es solche Ähnlichkeiten mit anderen Verbrechen in den vergangenen Jahren häufiger gegeben, und doch ist man dem Serienmörder nicht nähergekommen. Aber auch wenn sich später herausstellen sollte, dass es nicht derselbe Täter war, sind die Fahnder der Soko »Kevin« dankbar für den Hinweis der Kollegen, denn die Berichte in den Medien verschaffen auch ihrem Jahrhundertfall neue Aufmerksamkeit. Mittlerweile ist man in Reihen der Kommission bescheiden geworden.
    Durch die Ereignisse in Rheine und die damit einhergehende Berichterstattung wird eine TV-Produktionsfirma auf die Mordserie in Norddeutschland aufmerksam und möchte eine Dokumentation drehen – mit Manfred Mohn und mir in den Hauptrollen. Es ist eine Spurensuche angedacht, die uns an die im Fall Tobias Mohn relevanten Orte führen soll, auch nach Rheine.
    Ich habe den Fortgang der Ermittlungen seit dem Jahr 2001 intensiv verfolgt, jedoch bislang jedes Experteninterview abgelehnt. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, als wollte ich mich in die Ermittlungen hineindrängen oder fragwürdige Ferndiagnosen stellen. Ich erkläre mich erst dazu bereit, an der Produktion teilzunehmen, als die Verantwortlichen das von mir vorgegebene Primärziel akzeptieren, durch die TV-Dokumentation entweder Personen aus dem Umfeld des Serienmörders zu sensibilisieren oder weitere Opfer des Täters zu erreichen, die der Kripo noch unbekannt sind und eventuell wichtige Hinweise geben können.
    Die Dreharbeiten finden Mitte September 2009 statt. Ich lerne Manfred Mohn als analytisch denkenden Mann mit festen Grundsätzen kennen, der über einen wachen und scharfen Verstand verfügt. Dass er mich in der ersten Zeit als Angehörigen der Kripo ein wenig beargwöhnt, nehme ich ihm nicht übel. Vielmehr bewundere ich die Beharrlichkeit, mit der er seit anderthalb Jahrzehnten die Ermittlungen voranzutreiben versucht, und seine Leidensfähigkeit – die innere Stärke, die nach wie vor ungeklärten Umstände von Tobias’ Tod zu erdulden und Tag für Tag mit dieser Ungewissheit und Trauer zu leben. Doch formuliert er mir gegenüber auch sehr deutlich, warum er sich all diesen Strapazen aussetzt: »Ich will wissen, was mit meinem Jungen passiert ist. Ich muss es herausfinden, sonst finde ich keine Ruhe. Das bin ich ihm und meiner Familie schuldig.« Dass er die Situation würdevoll erträgt, heißt ganz und gar nicht, dass er sich damit abfindet.
    Wir fahren während des fünftägigen Drehs zum ehemaligen Internat seines Sohnes, besichtigen dort das Haus G, den Aufenthaltsraum, Tobias’ ehemaliges Zimmer, sprechen auch mit dem Lehrer, der damals alles miterlebt und das Opfer gut gekannt hat. Die Reise führt uns weiter in die Verdener Dünen, wir inspizieren den Leichenfundort und nehmen Kontakt zu Anwohnern auf, die von den damaligen Ereignissen und ihren Wahrnehmungen berichten. Ergänzend orientieren wir uns an den Fallakten der Staatsanwaltschaft und studieren das Bildmaterial, um die damaligen Verhältnisse besser beurteilen zu können.
    Ferner diskutieren wir den Fall Patrick Jürgens mit dem Anwalt der Eltern und suchen den Ort auf, an dem der Junge gefunden wurde. Darüber hinaus fahren wir nach Rheine, besuchen die dortige Jugendherberge, sehen uns im Stadtpark um und kontaktieren einen Zeitungsreporter, der über den Fall berichtet. Niemals werde ich die Szene vergessen, als Manfred

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