Killers: Roman (German Edition)
Eichenwald bis an seine Ohren und erhob sich langsam zu einem hysterischen Kreischen.
Zehn Sekunden später ging das Licht auf der Veranda an.
Maxines Beine gaben nach.
Sie heulte, und ihre Schreie nach Katie übertönten alle anderen Geräusche der Nacht.
Sheriff James stand in einem dunkelfarbigen Bademantel über ihr. Als er ihr die Hand entgegenstreckte und sie auf Maxines Schulter legte, hörte Luther ihn sagen: » Wir finden sie schon, Max. Wir finden sie. Das verspreche ich dir.«
Am nächsten Morgen suchten ein halbes Dutzend Polizisten die Halbinsel ab und fanden schon bald den Dodge-Pick-up-Truck der Kites. Er stand verlassen am Tatum-Kai im Silver-Lake-Hafen.
Das Boot aber war verschwunden. Es war während der Nacht gestohlen worden.
Sechsunddreißig Stunden später wurde das Tatum-Boot aufgefunden. Es lag an einem Strand vor den Sümpfen östlich des Swan Quarter auf dem Festland von Carolina.
Kein Winston.
Kein Ben.
Keine Katie.
Die Theorie lautete, dass die beiden Sträflinge– sie waren aus einem Gefängnis in South Carolina ausgebrochen– den Pamlico Sound im Schutz der Dunkelheit überquert hatten und Richtung North Carolina geflohen waren.
Man würde sie schon schnappen, und zwar innerhalb einer Woche, versicherte Sheriff James Rufus und Maxine, als sie wie zwei gebrochene Porzellanfiguren in ihrem Wohnzimmer saßen. Sie trugen noch immer dieselben Kleider wie vor fünf Tagen und starrten den Gesetzesvertreter an. Er stand vor ihnen, seinen Hut in der Hand, und blickte sie mit einer nüchternen Ernsthaftigkeit an. Aber seine Augen ließen den Optimismus vermissen, den er ihnen so dringend vermitteln wollte.
Luther hockte ganz in der Nähe in der Dunkelheit unter der Treppe neben der kleinen Tür, die zum Keller führte, und lauschte der Unterhaltung.
Aber Tage und Monate vergingen.
Aus ihnen wurden Jahre.
Keine Spur von Winston und Ben.
Und auch nicht von Katie.
Und über das Haus der Kites legte sich eine dunkle Wolke.
3 – Gehen und Bleiben
Gary, Indiana, 1983
» Geh noch nicht«, bat Alex Kork und zog an der Schulter ihres Bruders.
Das kleine Schlafzimmer war warm, und die Hitze des Augusts füllte die Luft mit einem übelriechenden Gestank. Eine Nachttischlampe ohne Schirm diente als einzige Lichtquelle. Die Dreißigwattbirne ließ die Geschwister aussehen, als ob beide unter Gelbsucht litten.
Der ramponierte Koffer aus einem Gebrauchtwarenladen war halb gepackt mit dürftigen Habseligkeiten, die alle Charles gehörten.
Eine Jeans mit einem Loch im Knie.
Eine gestreifte Krawatte, zehn Jahre alt und zweimal so breit, wie es gerade Mode war.
Schwarze Lederschuhe, ebenfalls gebraucht erstanden, eine halbe Größe zu klein.
Eine einsame, verbogene Zahnbürste.
Socken, die vom vielen Waschen ihre Farbe verloren hatten.
Eine halbe Packung Salz.
Gummihandschuhe.
Panzerband.
Ein Rasiermesser.
Ein Lötkolben.
Eine Käsereibe.
Eine Nadelzange.
Alex beäugte die Nadelzange und erbebte innerlich. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie Charles und sie das Werkzeug das erste Mal benutzt hatten.
Damals, in unsicheren Zeiten. Rastlosen Zeiten. Guten Zeiten.
Charles lächelte. Sein Haar war länger, als man es üblicherweise gerade trug, und der Flaum auf seiner Oberlippe erinnerte Alex an ihren Vater.
» Da draußen ist die große, weite Welt, Alex. Und die will ich mir reinziehen. Du etwa nicht?«
Doch, das wollte Alex auch. Mehr als alles andere. Aber sie war noch nicht so weit. Charles war mit sich von Grund auf zufrieden. Im Gegensatz zu ihrem Vater, dessen jeder Augenblick auf dieser Erde von Sorge und Schuldgefühlen geplagt war, besaß Charles seine eigene Identität. Er war stolz und unverfroren.
» Ich habe Angst«, gab Alex zu.
» Wovor? Wir sind doch diejenigen, vor denen man Angst haben muss.«
Alex wollte ihm nicht die ganze Wahrheit sagen. Denn das, wovor sie am meisten Angst hatte, war sie selbst. Das, wozu sie imstande war. Aber dieses Kaff war wie ein Gefängnis. Klein, spießig, und jeder kannte jeden. Es war so einfach, hier aufzufallen. Also mussten Alex und Charles sich einschränken und kürzertreten.
Da draußen würde es keine Einschränkungen geben.
Allein der Gedanke war aufregend. Sexy. Sie würden ihren ganzen Appetit auf nichtsahnende Fremde loslassen können. Niemand würde ihre Opfer vermissen, und man würde auch keine Spuren für die Polizei vor Ort übrig lassen, die zu ihnen führen könnten.
» Willst du das alles dein
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