Killers: Roman (German Edition)
den Weg über den Parkplatz. Es wimmelte nur so von Leuten, mindestens tausend an der Zahl. Er hatte seinen weißen Van einen halben Kilometer entfernt auf dem dritten Ausweichparkplatz abstellen müssen. Außerdem hatte er Hunger, und sein Magen begann zu knurren. Außer einer Tüte Süßigkeiten hatte er seit dem frühen Morgen nichts mehr zu sich genommen, und der Geruch von Trockenfleisch aus einem kleineren Zelt stieg ihm in die Nase. Leider aber war die Schlange davor noch abschreckender als die vor den Dixi-Klos.
Luther trat aus der Kälte in Porters Waffengeschäft. Er verbrachte nie viel Zeit in Knarrenläden. Messer waren eher sein Ding, aber er liebte den Geruch einer gut geölten Handfeuerwaffe, vermischt mit einem Anflug von Schießpulver. Es machte ihn genauso an wie der dreckige Gestank von Benzin.
Hier drin ging es gar nicht so zu, wie er befürchtet hatte. Lediglich eine Handvoll Kunden, die die Gewehre und Flinten betrachteten. Hinter der Theke stand der Geschäftsinhaber, ein schmächtiger Mann mit dem Anflug eines Schnurrbartes und einer großen silbernen Brille. Er versuchte gerade, einer Bikerbraut einen Revolver zu verkaufen. Sie trug ein Toby-Keith-Shirt mit dem Aufdruck: » Wir treten dir gehörig in den Arsch, das ist die amerikanische Umgangsart«.
Luther hätte schwören können, dass aus der Tiefe des Gebäudes Schüsse an sein Ohr drangen. Dann sah er ein großes Poster hinter der Verkaufstheke, auf dem stand:
PORTER ’S VIER GEBOTE , D IE FÜR DIE SICHERHEIT ALLER SORGEN
ALLE WAFFEN stets so behandeln, a ls ob sie GELADEN SIND .
Gähn. Luther machte sich nicht die Mühe, die restlichen » Gebote« zu lesen, sondern ging zu einer metallenen Tür neben der Theke.
» Komme ich hier zur Schießanlage?«, wollte Luther wissen.
Porter warf ihm einen Blick zu. » Ja, aber die hat gerade zugemacht.«
» Ich muss aufs Klo.«
» Auf dem Parkplatz stehen Tausende von Dixi-Klos…«
» Haben Sie die Schlangen gesehen?«
» Haben Sie nicht das Schild am Eingang gesehen?«
Luther schüttelte den Kopf.
» Toiletten nur für zahlende Kunden.«
Luther griff in die Tasche, holte seine Geldbörse hervor und legte eine Zehndollarnote auf die Theke.
» Wo ist das Klo?«
Porters Hand verschwand unter dem Tresen und drückte auf einen Knopf. Daraufhin ertönte ein Summen bei der Tür, und sie öffnete sich einen Spalt.
» Erster Gang rechts, dann zweite Tür links.«
Luther machte sich auf den Weg.
Die Schüsse wurden augenblicklich lauter.
Er ging einen schmalen Gang entlang, an dessen Wände Poster mit Mädchen in Bikinis hingen, die gigantische Waffen in den Händen hielten.
Der Geruch von Schießpulver wurde immer penetranter.
Er bog rechts ab, wie Porter es gesagt hatte, und ging dann durch die zweite Tür auf der linken Seite.
Endlich auf der Toilette.
Ihm gegenüber sah er die langersehnten Klos.
Aber nur zwei Pissoirs.
Scheiße.
Eins war von einem Latino besetzt. Er trug eine Designerlederjacke und hatte schulterlanges schwarzes Haar, das mit Pomade nach hinten gekämmt war. Luther roch einen Hauch von exotischem, teurem Eau de Cologne.
Luther stellte sich über dem zweiten Pissoir auf und öffnete den Hosenstall.
Himmlische Heerscharen.
Es schien ihm, als ob er zwanzig Minuten lang dastehen und pinkeln könnte.
Er warf ein Auge auf den Mann neben ihm, ihre Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde. Luther hatte dunkelbraune Augen erwartet. Stattdessen wurde er von klaren blauen Augen angestarrt. Die Farbe erinnerte ihn an einen See im Hochgebirge, ein reines Türkis.
Er konzentrierte sich wieder auf sein Geschäft, auf den roten Klostein, der immer mehr nach Kirschen duftete, je mehr er auf ihn pinkelte.
» Hast du etwa ein Problem, Perra?«
Luther wandte sich erneut seinem Klonachbarn zu.
» Wie bitte?«
» Ich mag nicht, wie du mich gerade angeschaut hast. Du hast mich mit deinen Augen beleidigt.«
Luther lächelte. » Ich habe nur geschaut. Bin halt neugierig, keine Beleidigung. Paranoid?«
Der Mann kniff die Augen zu Schlitzen zusammen und murmelte: » Yo cago en la leche de tu puta madre.«
Luther konnte nur wenige Worte Spanisch, war sich aber ziemlich sicher, dass der Typ ihm gerade kein Kompliment gemacht hatte.
» Ich spreche kein Spanisch, Amigo«, meinte er. » Wenn du mich beleidigen willst, dann versuch es mal auf Englisch.«
» Soll ich etwa übersetzen?«
» Ich bitte darum.«
» Ich habe gesagt, dass ich in die Milch deiner
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