Killers: Roman (German Edition)
lassen– keine Freier, keine Drogen. Sie war sogar aus der Stadt gezogen und hatte angefangen, in einem Bioladen zu arbeiten.
Raus aus dem Leben. Achtbar. Sauber.
Aber die scheißverdammten Albträume…
Sie schüttelt den Kopf, als ob das genug wäre, die fürchterlichen Erinnerungen loszuwerden.
Ist es aber nicht.
Sie hatte eine kostenlose Klinik probiert, über ihre Probleme mit einem völlig überarbeiteten Seelenklempner geredet, der im Sozialdienst hängen geblieben war. Und wurde von ihm unterrichtet, dass sie unter posttraumatischen Belastungsstörungen litt– genauso wie Soldaten.
Aber die Tatsache, dass man weiß, was einem fehlt, bedeutet noch längst keine Heilung. Genauso wenig wie die blöden Pillen, die er ihr verschrieben hatte.
Moni weiß, dass es nur eine Sache gibt– und nur die eine–, die den Horror aus ihrem Leben verbannen kann. Nur sie ist imstande, die lechzende Fratze des Freaks aus ihrem Kopf zu löschen.
Sie tritt auf Glasscherben. Die Schnürbänder ihrer Tennisschuhe hatten sich schon lange zuvor in Luft aufgelöst, die Sohlen sind beinahe durchgewetzt. Außer dem Gestank der Gasse kann sie noch etwas riechen– sich selbst.
Es ist seltsam, wenn man weiß, dass man sich gerade am tiefsten Punkt seines Lebens befindet– und in ihrem Fall soll das wirklich etwas heißen.
Aber immerhin habe ich keine Freier mehr.
Denn an Interessenten würde es nicht fehlen. Die Motivation war da. Es war so viel einfacher, einem Typen für fünf Minuten einen zu blasen und sich einen Zwanziger zu verdienen, als eine Handtasche zu stehlen. Wie die, die über ihrer Schulter baumelt. Die hatte einer achtzigjährigen Frau gehört. Moni hatte sie sich vor erst vier Stunden beschafft, indem sie der alten Lady die Tasche vom Arm gerissen hatte und dann davongelaufen war. Ein älterer Mann hatte die Verfolgung aufgenommen, war aber viel zu langsam gewesen. Si e ka nn noch immer die Anstrengung in den Waden spüren.
Und die Schande.
Das ist das letzte Mal. Das bläut sie sich immer wieder ein. Ihr ist klar, dass sie sich eigentlich etwas vormacht, aber diesmal fühlt es sich anders an.
Noch einmal high sein. Noch einmal drücken.
Und dann war’s das.
Sie sieht das Feuer in der alten Tonne vor sich, und ihr Herz beginnt schneller zu schlagen.
Es war immer nervenaufreibend, wenn man das erste Mal einen neuen Dealer traf. Und sie hätte sich sicherlich nicht diese urbane Geisterstadt ausgesucht, um es zu tun, aber Leute, die Drogen verticken, warten normalerweise nicht vor Gucci-Läden. Eine Hure, mit der sie die Nadel geteilt hatte, hatte ihr diesen Ort verraten und gemeint, dass man hier das beste Zeug bekäme.
Moni hat so ihre Zweifel. Diese Stadt, wie so viele andere in Michigan auch, war zusammen mit dem Niedergang der Autoindustrie gestorben. Sämtliche Häuser stehen leer. Die Geschäfte sind alle dicht. Die Bullen machen sich nicht einmal mehr die Mühe zu patrouillieren, weil es niemanden mehr gibt, dem sie Schutz oder Hilfe bieten könnten.
Während sie die Gasse hinunterschleicht und dem Feuer immer näher kommt, wird sie langsamer und überlegt, ihr Kommen anzumelden.
» Hey!«, ruft sie einem Schwarzen zu, der an der Wand neben der Tonne lehnt.
Er blickt von seinem Handy auf, blinzelt durch das Feuer und dem Rauch zu ihr.
» Hi, Baby. Brauchst du irgendwas?«
» Yeah, ich suche H. Kannst du mir helfen?«
» Logisch. Komm her, alles im grünen Bereich.«
Gott sei Dank!
Moni geht weiter auf ihn zu und erreicht endlich die Nähe des wärmenden Feuers.
Der Typ ist jung, vielleicht neunzehn Jahre alt, höchstens zwanzig, und trägt eine schwarze Daunenjacke.
» Brauch auch Werkzeug«, sagt Moni, denn sie hat ihre letzte Spritze der Hure gegeben, von der sie diese Adresse bekommen hat.
» Gibt Werkzeug im Überfluss, Baby.« Der Mann lächelt und präsentiert einen goldenen Zahn, aber das Lächeln gilt nicht Moni, sondern jemandem hinter ihr.
Sie dreht sich um, alle Sinne in höchster Alarmbereitschaft, und sieht zwei Typen auf sich zukommen. Schwarze Gesichter, schwarze Jacken und böse, schwarze Augen.
Sie hat solche Augen schon oft gesehen und weiß genau, was hier vor sich geht. Ihr wird übel.
» Äh, Jasmine hat mich geschickt.« Moni hofft, dass die Nutte tatsächlich Jasmine hieß, aber ihr dämmert, dass es keine Rolle spielt. Jasmine hatte Moni nicht hierhergeschickt, um Drogen zu kaufen– sie hatte Moni hierhergeschickt, damit man sie überfällt.
Was war nur
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