Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Killerspiel

Killerspiel

Titel: Killerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
Vom Netzwerk:
ich. Mir meinen USB -Stick zurückzuholen und damit den Beweis zu entfernen, dass ich in der Wohnung gewesen war, erschien mir überaus wichtig – nicht nur, um die Bilder wiederzubekommen –, um den Cops zu beweisen, dass merkwürdige Dinge im Gange waren. Ich würde hineingehen, keine Frage, doch ich ließ mir einen Moment Zeit.
    Dann drückte ich mit festem Griff die Klinke herunter, schob die Tür auf und trat zur Seite, sobald sie sich bewegte. Nichts geschah. Es kam niemand herausgerannt, es fielen keine Schüsse.
    Vorsichtig steckte ich den Kopf hinein. Die Tür hing offen im Rahmen, so dass ich den Flur dahinter sah, der im Licht, das durch die Glastür zum Balkon fiel, wie ausgeblichen wirkte.
    Ich betrat das Wohnzimmer. Bevor ich unweit der zwei Weingläser, mitten zwischen den Zigarettenstummeln der letzten Nacht stehen blieb, wurde mir klar, dass etwas anders war. Gerüche ignorieren wir häufig und sind eher ganz auf das fixiert, was wir sehen und hören können, doch ich hatte etwas wahrgenommen, bevor es mir Augen und Ohren bestätigten. Die Wohnung roch nicht mehr nach Cass.
    Ich blickte zur Badezimmertür. Sie war ein wenig bestoßen und hätte einen Anstrich vertragen – doch es war kein Wort mehr draufgeschmiert.
    Ich machte auf dem Absatz kehrt, indem ich darauf achtete, nicht über das nächste Glas zu stolpern, und ging behutsam zur Schlafzimmertür hinüber.
    Hier war das Verschwinden des Dufts am deutlichsten. Welches Parfüm auch immer Cassandra getragen hatte, wahrscheinlich irgendein günstiges, es war verflogen. Auch das Bett war frisch gemacht. Nicht übertrieben ordentlich, sondern genau so, wie es ein Mädchen tun würde, das in Eile war und noch ein bisschen Ordnung machte, bevor es zu ihrer Schicht eilte, zu der es ohnehin spät dran war. Ich zog die Decke zurück. Das Laken darunter war weiß, ein wenig zerwühlt. Es hätte nicht normaler aussehen können. Es war nicht blutgetränkt. Es war nicht verdächtig sauber.
    Derselbe Eindruck setzte sich nahtlos im Wohnzimmer fort. Ein billiges Apartment am Morgen, nachdem zwei Leute miteinander die Nacht durchgemacht hatten. Nur eine Sache war von den Ereignissen in dieser Wohnung getilgt – das, was Cass zugestoßen war.
    Ich war nicht blöd und zweifelte keine Sekunde an meinem Verstand. Ich wusste, was passiert war. Jemand hatte den Tatort gesäubert und alle Spuren beseitigt, die verraten hätten, dass hier ein Mord stattgefunden hatte – ein Mord, der eigens für mich mit Raffinesse in Szene gesetzt worden war.
    Plötzlich hatte ich Angst, dass die Säuberungsaktion weitergegangen sein könnte, und ging zum Schreibtisch. Mein USB -Stick steckte Gott sei Dank immer noch im seitlichen Anschluss des Laptops. Ich zog ihn heraus und steckte ihn in die Hosentasche.
    Ich machte ein paar Schritte und sackte auf das Sofa. So schrecklich das klingen mag, ich war erleichtert. Cass war trotzdem tot, doch ich war jetzt der einzige Mensch, der das wusste. Die Beweise waren getilgt. Was auch immer man mir noch anhängen wollte und wie sehr mich die Behörden in die Mangel nehmen würden, ein Tatort, an dem ein Mord stattgefunden hatte, gehörte nun nicht mehr dazu. Ich hatte Deputy Hallam gebeten, sich vor Ort mit mir zu treffen, doch jetzt gab es hier nichts mehr zu sehen.
    Ich überlegte einen Moment, ob das der Grund war, weshalb er nicht kam. Es war unvorstellbar, dass der Cop an dem, was hier vorging, beteiligt war, andererseits … wenn er nun doch andere Gründe dafür hatte, nicht zu kommen, als dringendere berufliche Verpflichtungen? Wenn er nun nicht gekommen war,
weil er schon wusste, dass es hier nichts zu sehen gab?
    Ich schüttelte den Kopf. Es ergab keinen Sinn. Zumindest war es pure Spekulation, und ich hielt mich besser an die naheliegenden, glaubhaften Dinge, um nicht völlig ins Trudeln zu geraten oder den Verstand zu verlieren.
    Mir wurde bewusst, dass zumindest
eine
weitere Person wusste, was hier stattgefunden hatte, und ich schätzte, die Zeit, von der sie gesprochen hatte, war gekommen. Ich griff zum Handy, fand ihre Nummer unter Posteingang.
    »Und?«, fragte Ms. X, als sie sich meldete. »Heißt das, Sie hören mir diesmal zu?«
     
    Ich wartete draußen auf dem Gang und sah, wie ihr Pick-up unten parkte. Es war kurz nach fünf, und die Hitze ließ nach. Für den Fall, dass Hallam doch noch auftauchte, hatte ich draußen Posten bezogen. Auch, um eine Zigarette zu rauchen. Und auch deshalb, weil ich mich elend und

Weitere Kostenlose Bücher