Killerspiel
Ordnung.
»Miststück«, murmelte ich.
Sie wusste nur zu gut, dass es nicht in Ordnung war. Warner war ein Mann, den ich vor ein paar Wochen in einer Bar auf dem Festland getroffen hatte. Er besaß ein Acht-Millionen-Dollar-Haus auf Longboat, etwa drei Meilen nördlich von The Breakers, und es war eigentlich meine Sache, das Haus zu verkaufen. Ich hatte bereits die Vorarbeit geleistet. Ich hatte mich mit dem Kerl getroffen und das Ganze ins Rollen gebracht.
»Bitte?«, fragte Janine.
»Hab mich nur geräuspert.«
Ich schickte Karren eine knappe E-Mail zurück und schrieb ihr,
wie schön,
dass sie da gewesen sei, um sich um Warners Anliegen zu kümmern, und wie
sehr
ich mich darauf freue, dies
gemeinsam
mit ihr abzuwickeln. Dann zögerte ich und formulierte sie ein bisschen um, so dass es freundlicher und weniger ironisch klang.
Wenn ich genauer darüber nachdachte, war mir David Warner auf Anhieb als ein pflegeintensiver Verkäufer erschienen. Der kräftige, muskelbepackte Typ mit dem zurückgekämmten, angegraut schwarzen Haar muss wohl, als der liebe Gott Selbstvertrauen verteilte, kräftig »hier« geschrien haben: Er stammte aus der hiesigen Gegend, hatte es geschafft, will sagen, zu Wohlstand gebracht und war davon überzeugt, dass er jedem anderen in jeglicher Hinsicht an Verstand und Erfahrung überlegen war – und folglich auch sein Haus selbst besser, schneller und lukrativer verkaufen könnte, wäre er nicht die ganze Zeit allzu sehr damit beschäftigt, so reich zu sein. Und je mehr Karren in den nächsten Wochen zu tun bekam, desto geringer die Gefahr, dass sie schnallte, was ich mit Tony Thompson abzog.
Zufrieden schickte ich die E-Mail ab. Ich bin ja absolut dafür, in der Gegenwart zu leben, doch manchmal muss man auch Weitblick beweisen. An Janines Stelle zum Beispiel würde ich nicht stupide akzeptieren, dass das Jonny Bo’s außer meiner Reichweite war, sondern Wochen und Monate sparen, um reinzukommen, und Steph hätte mitgemacht, hätte Hühnchen bestellt und Leitungswasser getrunken und sich das Dessert verkniffen.
Man kommt im Leben voran, indem man einen Fuß auf die nächste Leitersprosse setzt und dann nach und nach das übrige Körpergewicht hinterherschiebt.
Sonst hatte ich nicht viele E-Mails im Eingangskorb, um die ich mich kümmern musste. Ein paar notorische Neinsager – im Sinne von: Nein, ich habe nicht vor, meine Wohnung zu verkaufen – bei der miesen Marktlage, sind Sie nicht ganz
dicht?
–, der übliche Mist, ein paar Updates aus der Hauptniederlassung und schließlich eine Benachrichtigung von Amazon, dass eine Bestellung an mich unterwegs sei. Da ich mich nicht einmal erinnern konnte, worum es ging, riss mich die Neuigkeit nicht vom Hocker.
Ich trug Janine ein paar nutzlose Dinge auf und verließ das Büro zu einem Spaziergang durch die Wohnanlage. Seit es Handys, E-Mail und Push-Nachrichten gibt, ist es eher ein Zeichen von Trägheit als Fleiß, an seinem Schreibtisch zu kleben. Ich nahm ein Notepad mit und schrieb mir jeden kleinsten Defekt, Fehler und Makel auf, über den ich stolperte.
Zwei Stunden später saß ich mit einem Eiskaffee und einem Haufen mehr oder weniger unausgegorener Ideen im Kopf vor dem Supermarkt von The Breakers, als ich sah, wie Karrens Wagen den Circle entlangfuhr. Sie parkte, sah mich, zögerte und kam dann herüber.
»Danke, dass du das Treffen mit Warner übernommen hast«, sagte ich. »Bin froh, dass du die Zeit erübrigen konntest.«
Sie sah mit einem wütenden Blick auf mich herab, griff dann in ihr kleines Aktenköfferchen und holte einen Block heraus. Sie riss die obersten Blätter ab und warf sie auf den Tisch.
Ich beugte mich vor und überflog sie. Notizen zu einem Haus, in Karrens ordentlicher Handschrift.
»Er …« Sie biss sich auf die Lippe.
»Ja?«
»Er hat sich bei mir dafür bedankt, dass ich mir die Zeit genommen habe, rauszufahren«, sagte sie kalt. »Und meinte dann, er freue sich darauf, beim tatsächlichen Verkauf mit dir zusammenzuarbeiten.«
Ich lehnte mich zurück und achtete peinlich darauf, mir auch nicht den Hauch einer Regung anmerken zu lassen. »Das ist echt Scheiße«, sagte ich und griff nach meinem Handy. »Soll ich ihn anrufen? Ihm stecken, in welchem Jahrhundert wir leben?«
»Kannst mich mal«, sagte Karren und stürmte davon.
Es gelang mir, erst loszuprusten, als sie wieder im Büro war, doch es fiel mir schwer.
Verdammt, fiel mir das schwer.
Es war Feierabend, und ich war
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