Killerspiel
gerade in den Wagen gestiegen, als mein Handy klingelte.
»Mr. Bill Moore?«
Die Stimme war jung, weiblich, professionell.
»Am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich bin Melania, David Warners Assistentin.«
Melania? War das überhaupt ein richtiger Name? »Womit kann ich dienen, Melania?«
»Mr. Warner war ein wenig enttäuscht, dass Sie heute keine Zeit für ihn hatten.«
»Hey«, sagte ich. »Jetzt mal halblang. Nicht meine Schuld, okay? Er hat im Büro angerufen, obwohl ich ihm mitgeteilt hatte, dass er mich am besten per Handy erreicht; und er hat gesagt, er wolle umgehend einen Termin. Er hat sich einverstanden erklärt, dass meine Kollegin kommt. Die er verstimmt hat, und zwar nicht zu knapp, wenn Sie es wissen wollen.«
Es war mir scheißegal, ob Warner Karren ans Bein gepinkelt hatte – genauer gesagt, hatte ich mir das inzwischen schon mehrmals genüsslich ausgemalt –, aber man musste den Lakaien anderer Leute deutlich machen, dass man sich nicht auf ihre Stufe hinunterbegibt, geschweige denn von ihnen herumkommandieren lässt.
Es trat eine kurze Pause ein. »Ja, manchmal kann er so sein.«
»O ja, so sind sie nun mal«, bestätigte ich in etwas freundlicherem Ton, um deutlich zu machen, dass Männer – und Frauen – einer gewissen Altersgruppe und von einem gewissen Wohlstand zu glauben scheinen, ihr Reichtum wirke wie eine Zauberformel und ermächtige sie, andere ungestraft vor den Kopf zu stoßen.
Sie verstand, was ich meinte.
»Und wir lieben sie dafür.« Sie schien ebenfalls ein wenig aufzutauen. »Also, der springende Punkt ist, dass Mr. Warner in der Sache gerne weiterkommen möchte. Könnten Sie sich heute Abend um neun mit ihm treffen?«
»Neun? Das ist ein bisschen spät.«
»Ich weiß. Davor hat er eine Verabredung zum Abendessen. Aber er möchte wirklich den Stein ins Rollen bringen.«
Ich war müde und wurde den Kater nicht los, obwohl ich mir ein paar Handvoll Aspirin reingeworfen hatte. Steph würde vermutlich auch ein bisschen sauer sein, wenn ich ihr so spät Bescheid gab – eher der Form halber als um der Sache willen. Andererseits ist ein Acht-Millionen-Haus ein Acht-Millionen-Haus, so steht es, glaube ich, irgendwo in der Bibel.
»Kein Problem«, sagte ich und notierte mir die Adresse der Immobilie, die sie herunterspulte. Dann rief ich meine Frau an und gab ihr Bescheid, dass ich erst spät nach Hause kommen würde.
»Warum das?«
»Erinnerst du dich an den Mann, von dem ich dir erzählt habe, den ich vor zwei, drei Wochen bei Krank’s getroffen habe? Der möglicherweise ein Haus auf dem Key verkaufen will?«
»Nein«, sagte sie. »Muss mir entfallen sein.«
»Na ja, mir nicht. Und er will. Möchte es heute Abend besprechen. Ich hab zugesagt. Würde ich normalerweise nicht, aber es ist ein großes Haus. Könnte bis zu zehn Mille hochgehen.«
»Kann Karren das nicht übernehmen? Sie ist nicht verheiratet, oder? Dann kann sie doch bestimmt die Abendschicht übernehmen.«
»Nein, eher nicht«, sagte ich. »Es sei denn, ich will ihr auch die Provision überlassen.«
»Kommt sie mit? Zu dem Treffen?«
»Nein. Das hier ist ein Alleinflug.«
»Also, dann schnapp dir zwischendurch irgendwo was zu essen, der Kühlschrank ist nämlich leer, und bis du zurück bist, wird sich daran auch nichts ändern.«
»Mach ich.«
»Und sei brav, Tycoon-Boy.«
Sie legte auf, und ich durfte rätseln, was sie damit sagen wollte.
6
I ch kam kurz vor Mitternacht und – wäre ich nicht so müde gewesen – ziemlich sauer nach Hause.
Nachdem ich mit Steph geredet hatte, war ich zum Circle gefahren und hatte eine halbe Stunde mit Max verquatscht, dem Typ, der dort für viele der gewerblichen Immobilien zuständig ist. Er hatte keine neuen Verkaufsobjekte hereinbekommen und reagierte auf meine Frage mit einem milden Lächeln. Auf der Suche nach dem richtigen Büro für Bill Moore Immobilien war ich bereits seit über einem Jahr mit Max im Gespräch, um zuzuschlagen, wenn die Zeit dafür reif war. Anfänglich hatte er sich begeistert gezeigt – er makelte kein Wohneigentum, folglich würde es keine Interessenkonflikte geben. Doch diesmal klang es deutlich nach »Klar doch, Junge, klar doch«, als hätte sich bei ihm der Gedanke festgesetzt, dass mein Traum, mich selbständig zu machen – so wie er, nachdem er ebenfalls für Shore gearbeitet hatte –, mit jedem Monat unrealistischer würde. Ich wehrte mich dagegen mit Andeutungen, ich sei kurz davor, große
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