Killerspiel
log ich. »Im La Scala. Geschäftsessen.« Ich lallte den Namen des Restaurants, so dass das La mit dem zweiten Wort zu einer langgezogenen Silbe verschmolz.
»Hmhm. Haben Sie getrunken, Sir?«
»Geht Sie eigentlich nichts an, Deputy.«
»Es sei denn, Sie beabsichtigen, noch heimzufahren.«
»Ich nehm mir ein Taxi. Hören Sie, sparen Sie sich das Trunkenheit-am-Steuer-Seminar. Wieso tun Sie so, als würde Warner vermisst, wenn es gar nicht stimmt? Ich hab ihn
gesehen,
vor einer halben Stunde. Ich hab mit ihm
geredet.
Er ist in seinen Wagen gesprungen und davongerast.«
»Wo war das?«
»Felton Street. Ich hab versucht, mit ihm zu reden, ihm, ähm, zu sagen, dass man sich Sorgen um ihn macht, aber dann haben sich zwei Arschlöcher eingemischt, die gerade vorbeikamen, und er ist abgehauen.«
»Das klingt nach einer interessanten Begegnung. Ich freue mich darauf, mehr darüber zu hören. Der Sheriff will morgen definitiv noch mal mit Ihnen reden, Sir. Wäre es Ihnen lieber in Ihrem Büro oder bei Ihnen zu Hause?«
»Wieso hören Sie mir nicht zu?«
»Ich höre Ihnen zu. Und zwar gut genug, um zu wissen, dass Sie gelogen haben, was Ihren derzeitigen Aufenthaltsort betrifft, denn es ist völlig unmöglich, es in einer halben Stunde von der Innenstadt nach Saint Pete zu schaffen, besonders bei dem Verkehr, der im Moment auf dem Tamiami herrscht.«
»Deputy, Sie haben recht, tut mir leid. Ich bin nicht in Saint Petersburg, sondern noch in der Stadt, und ich weiß nicht mehr ein und aus. Ich kann meine Frau nicht finden, und ich schwöre bei Gott, dass ich eben Warner gesehen habe. Er wusste, wer ich bin, hat es aber geleugnet und ist weggerannt. Der ist kerngesund. Ich weiß nicht, auf wen in dem Haus geschossen wurde, jedenfalls nicht auf
ihn.
«
»Wie lange vermissen Sie Ihre Frau schon, Sir?«
»Nur einen Tag, und ich weiß, das ist nicht lange genug. Aber das sieht ihr absolut nicht ähnlich. Wir sind sonst eigentlich ständig in Kontakt. Wir haben uns gestern Abend gestritten, aber hier stimmt was nicht.«
»Worum ging es bei dem Streit?«
»Nichts Besonderes.«
»Also gut, normalerweise nehmen wir eine Vermisstenanzeige erst nach längerer Abwesenheit auf. Aber ich überprüfe mal die Meldungen, für alle Fälle. Wenn sie bis zu unserem Treffen morgen noch immer nicht aufgetaucht ist, können wir uns eingehender mit der Sache befassen.«
Ich wusste, dass ich mehr nicht erwarten konnte, dass es sogar recht nett von ihm war. »Danke. Ich geb Ihnen mal meine Handynummer.«
»Hab ich auf dem Display, Mr. Moore.«
»Ach so, klar.«
»Ich rate Ihnen, mit dem Trinken aufzuhören und sich nach Hause fahren zu lassen, Mr. Moore. Werden Sie das tun?«
»Ja.«
»Großartig. Eigentlich könnten Sie kurz bei mir durchrufen, wenn Sie dort ankommen. Dann weiß ich, dass ich Sie ganz schnell erreiche, falls ich was wegen Ihrer Frau höre.«
Ich versprach es ihm, war mir jedoch sicher, dass ziemlich bald ein Streifenwagen vorfahren würde, sollte ich jetzt nach Hause gehen.
Stattdessen bestellte ich noch ein Bier.
Nicht geplant. Einfach nur so.
22
A ls Warner diesmal aufwachte, wusste er sofort, dass einiges anders war.
Völlig
anders. Zunächst einmal schien sich die Schwerkraft geändert zu haben und ihn in eine andere Richtung zu ziehen. Auch war er nicht mehr so straff in einer Haltung gefesselt. Zusätzlich zu den schrecklich vertrauten Schmerzen in seinem Oberschenkel strahlten jetzt von seinem linken Arm und der Hand, seinem Hinterkopf und seinem Kreuz pochende Missempfindungen aus.
Dann fiel ihm wieder ein, woher das alles kommen könnte.
Er hatte sich, an einen schweren Stuhl gefesselt, rücklings drei bis vier Meter nach unten auf einen Betonboden gestürzt.
Erstaunlicherweise war er nicht tot.
Jedenfalls noch nicht.
Im letzten dämmrigen Abendlicht spähte er nach oben und hatte nun die Unterseite des halben Fußbodens vor Augen, auf dem er die letzten paar Tage zugebracht hatte.
Er drehte den Kopf nach rechts und dann wieder ganz nach links. Es tat sehr weh, war aber immerhin möglich. Er versuchte, die Arme zu bewegen. Sie waren beide noch gefesselt, doch er war in seiner Bewegungsfreiheit nicht mehr so eingeschränkt wie zuvor. Der Stuhl war zerbrochen.
Das war doch schon mal was.
Er nahm sich Zeit, drehte den rechten Arm leicht nach außen und versuchte anschließend, die Hand nach oben zu ziehen. Irgendetwas hielt sie unnachgiebig am Handgelenk fest, doch nach zehn Minuten
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