Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
gehört.
Und jetzt diese plötzliche Häufung von Anrufen, da musste etwas Außergewöhnliches passiert sein. Neugierig wie Palinski nun einmal war, zögerte er den Rückruf nicht weiter hinaus. Er tippte die angegebene Nummer ein und hatte den Hauptkommissar nach wenigen Sekunden am anderen Ende der Leitung.
Nach der anfänglich noch etwas steif wirkenden Herzlichkeit der Begrüßung fanden die beiden Gesprächspartner erfreulich rasch zu dem unverkrampften Ton zurück, den sie vergangenen Herbst in Singen gepflegt hatten. Nach ein, zwei Minuten amikaler Flachserei kam Wiegele aber rasch zur Sache.
»Ich habe hier einen Mord und einen Mordversuch mit schwerer Körperverletzung am Hals und beide Fälle haben wahrscheinlich miteinander zu tun«, stellte er fest. »Und da eines der Opfer mein Kollege Kommissar Vondermatten ist, bin ich von dieser Sache auch persönlich sehr berührt.« Kurz weihte er Palinski in einige signifikante Details ein. Dabei bemerkte er am immer rascher werdenden Atem seines Gesprächspartners dessen steigende Erregung.
»Bis auf den Schuss in den Tank kommt mir das verdammt bekannt vor«, unterbrach ihn der Wiener schließlich. »Man könnte fast zu dem Schluss gelangen, der oder die Mörder haben meinen zweiten Roman gelesen.« Palinski war hörbar schockiert.
»Genau das ist der Grund meines Anrufs.« Wiegeles Stimme war jetzt unüberhörbar kälter geworden. »Die beiden Taten sind vermutlich ziemlich genau so abgelaufen, wie du es in ›Spiele im Schatten‹ beschrieben hast.«
»Aber du wirst doch nicht annehmen, dass …«
»Natürlich nicht«, beruhigte Wiegele den Freund aus Wien mit wieder etwas sanfter wirkender Stimme. »Übrigens, ich habe die Story richtig gut gefunden«, merkte der Hauptkommissar an, wohl um den falschen Eindruck von vorhin wieder zu beseitigen. »Liest sich spannend. Bloß vom wirklichen Ablauf des Polizeialltags hast du so gut wie keine Ahnung.«
»Das stimmt schon«, räumte der ertappte Autor ein. »Aber ich versuche, alles so darzustellen, dass es nicht unlogisch klingt, also zumindest so sein könnte«, rechtfertigte er sich, wobei er das ›könnte‹ besonders betonte.
»In dem einen oder anderen Fall mag manches zutreffen«, erwiderte der Fachmann. »Aber ganz sicher nicht für unser Amt. Dienstvorschriften sind nun einmal nur bedingt logisch.«
»Aber zurück zum eigentlichen Anlass deines Anrufes.« Palinski war wieder ernst geworden, immerhin war Mord auch eine ernste Angelegenheit. »Also, ich weiß nicht, wie ich zu der Ehre komme, dass jemand meine erfundenen Morde in die Tat umsetzt«, meinte er bitter. »In diesem Sinne Vorbild zu sein, ist keine angenehme Vorstellung.«
»Was mich mehr interessieren würde«, unterbrach Wiegele die Reflexion Palinskis, die gerade wehleidig zu werden versprach, »ist, welche Personen alle das Manuskript kennen und daher die Möglichkeit gehabt hätten, sich die Fiktion zum Vorbild für die beiden Taten zu nehmen?«
Er zögerte einen Augenblick vor seiner nächsten Frage. »Oder ist ›Spiele im Schatten‹ auch schon erschienen?«
»Nein, ich habe zwar schon einen weiteren Vertrag, aber das Manuskript ist derzeit noch bei der Lektorin. Erscheinen wird das Buch erst im kommenden Frühjahr.«
»Dann lautet meine dienstliche Frage an dich präzise : Wer hat das Manuskript bisher gelesen und hätte daher prinzipiell Gelegenheit gehabt, bewusst oder auch nur unbewusst Details daraus weiterzugeben?« Wiegeles Stimme hatte wieder diesen gefährlich harten Klang angenommen. Für Palinski Zeichen dafür, dass der an sich nicht humorlose Hauptkommissar in diesem Punkt nicht einen Funken Verständnis für eine ironische oder sonst wie unernst klingende Antwort aufbringen würde. Palinski unterließ daher jeglichen Versuch dieser Art.
»Wieviel Zeit habe ich, darüber nachzudenken?«, wollte er stattdessen wissen.
»Bis morgen Nachmittag, denn um 16 Uhr werde ich dich in deinem ›Institut für Krimiwasweißich‹ in Wien aufsuchen.« Mit nunmehr wieder sanfter Stimme fügte er hinzu: »Natürlich nur, wenn es dir recht ist. Sonst erwarte ich die Antwort in einer Stunde. Alles klar?«
»Das ist ja wunderbar.« Palinski freute sich wirklich über diese Nachricht. »Da werden wir am Abend zum Heurigen gehen. Damit du siehst, wie man die Viertele bei uns trinkt und wie unser ›Weißherbst‹ schmeckt«, spielte er auf einen vergleichbaren ›Lokal-augenschein‹ damals in Singen an.
»Ich werde aber nicht
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