Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
ist kaum der Typ Frau, mit der sich der Konsul in seinen Kreisen offiziell gezeigt hätte.«
»Für den Fall, dass Herr Webernitz die Haushälterin nicht heiraten wollte, sie aber von seinen diesbezüglichen Absichten wusste, ergibt das ein astreines Motiv«, warf die Martens ein und bewies damit neuerlich Verstand und Kompetenz.
»Aber die Frau ist angeblich seit 14 Tagen im Urlaub in Süditalien«, wandte Bittner ein. »Ein besseres Alibi gibt es ja gar nicht. Oder?«
»Das stimmt schon«, meinte Wiegele, »aber wer sagt denn, dass sie im Zeitalter internationaler Arbeitsteilung nicht jemanden gefunden hat, der ihr den dreckigen Teil der Arbeit abnimmt? Immerhin winkte ihr genug Geld, um jemanden für einen solchen Job anzuheuern.«
»Vorausgesetzt, sie wusste, was in dem Testament steht«, warf die Martens jetzt schon ganz selbstbewusst ein.
»Ein Grund mehr, so rasch wie möglich mit der Frau zu sprechen und diese Frage zu klären«, konstatierte ihr derzeitiger Chef.
* * *
Im Büro erwarteten Wiegele ein Bericht der Gerichtsmedizin sowie die Nachricht einer geheimnisvollen Dame. »Sie hat ihren Namen nicht genannt, aber gemeint, Sie wüssten schon, um wen es sich handelt«, hatte Monika, seine Verwaltungsassistentin, notiert.
Das war Marianne, war sich Wiegele sicher. Mit ihren verständlichen, aber übertriebenen Bemühungen, ihre wieder entflammte Beziehung geheim zu halten, um die laufende Scheidung nicht zu gefährden, benahm sie sich so auffällig, dass es zwangsläufig zu Gerüchten kommen musste. Und tatsächlich, die ›geheimnisvolle Liebe des Hauptkommissars‹ war die Nummer eins auf der inoffiziellen Themenliste im Amt und gab immer wieder Anlass zu den wildesten Spekulationen.
Im Blut des Ermordeten hatte die Gerichtsmedizin eine enorm hohe Konzentration des Wirkstoffes Diazepam gefunden, besser bekannt unter der Markenbezeichnung ›Valium‹. Nach der fundierten Ansicht des Experten musste Webernitz im Zustand totaler Sedierung, also quasi im Tiefschlaf gewesen sein, als man ihn aufhängte. Dass dem Mörder ein derart grober Fehler unterlaufen sein sollte, nämlich diesen wegen seiner langen Halbwertszeit sehr gut nachweisbaren Wirkstoff verwendet zu haben, irritierte Wiegele nur kurz. Wäre der Tod des Konsuls als Suizid durchgegangen, hätte wohl niemand das Blut untersuchen lassen. Außerdem fehlte, Valium hin oder her, jeder konkrete Hinweis auf den Mörder. Obwohl der Hauptkommissar sicher war, dass dieses verdammte ›Narbengesicht‹ etwas damit zu tun hatte.
Den Ablauf der Tat sah Wiegele dagegen ziemlich genau vor sich. Webernitz war, wie auch immer, mit Valium vollgepumpt in die Schlinge gehoben und einfach hängen gelassen worden. Bei dem mindestens 80 Kilogramm schweren Opfer bedeutete das aber gleichzeitig, dass mit größter Wahrscheinlichkeit zumindest eine weitere Person beteiligt gewesen sein musste.
Oder war es doch etwas anders gewesen? Dunkel erinnerte sich der Kriminalbeamte daran, vor einiger Zeit irgendwo von einer Art Hinrichtung gelesen zu haben, bei der das bewusstlose Opfer auf einem wegschmelzenden Eisblock stehend langsam von der sich immer mehr zuziehenden Schlinge erwürgt worden war. Wenn er sich richtig erinnerte, hatte das Ganze auch in einem Badezimmer stattgefunden, damit alle Hinweise auf die unorthodoxe Methode auch ganz sicher im Abfluss verschwanden.
Verdammt, wo hatte er das bloß gelesen? Und das über den Laserpointer? Oder bildete er sich das eine oder das andere oder gar beides nur ein?
Plötzlich kam es Wiegele ungemein wichtig vor, sich an die Quelle dieses unbestimmten Wissens zu erinnern, sein schemenhaftes Ahnen als Faktum zu verifizieren oder andernfalls beiseite schieben zu können. Möglicherweise war das ja auch eine Spur. Wer konnte das schon wissen?
Seine Gedanken kehrten aus den grenzenlosen Tiefen seines Unterbewusstseins zurück ins Hier und Heute. Um sich dann sofort Marianne zuzuwenden, die er anrufen sollte. Und genau das würde er jetzt auch tun.
Marianne Kogler hatte offenbar auf Wiegeles Anruf gewartet, denn sie nahm das Gespräch sofort an.
»Hallo mein Liebling«, begrüßte sie ihn, merkte aber am Tonfall seines etwas knappen »Hallo, Marianne«, dass er nicht wirklich bei der Sache war. Man musste nicht wie sie Psychologie studiert und erfolgreich abgeschlossen haben, um zu bemerken, dass ihrem Geliebten etwas ganz gehörig auf der Seele brannte.
»Was ist denn los? Hast du ein Problem?«, wollte sie
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