Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
Gäste eben immer unverschämter würden, aber nach wie vor der Grundsatz gelte, dass der Gast König ist.
Dem hatte auch Balthasar Zickerle nichts entgegenzusetzen. Hoffentlich ließ sich der offensichtlich cholerische und damit für seinen Job ideal geeignete Mann zu nichts hinreißen, und sie fanden seine Leiche später nicht irgendwo verstümmelt in der schönen Natur, erhängt in einer Nasszelle oder sonst wie kunstfertig mundtot gemacht.
Der in Tengen wohnhafte zweite Direktor des ›Schlosshotels Gabensberg‹ bestätigte dann Zickerles Angaben. »Anfang Februar haben wir vom Immobilienbüro Dr. Wattscheider eine Anfrage erhalten, ob wir das komplette Haus vom zwölften bis zum 28. Oktober vermieten könnten. Dieses verlockende Angebot haben wir in der ›toten Saison‹ natürlich sofort angenommen.«
»Und wer ist als Mieter aufgetreten?«, wollte Helga noch wissen.
»Den Vertrag haben wir direkt mit dem Büro Dr. Wattscheider abgeschlossen«, teilte der Direktor mit. »Das ist zwar ungewöhnlich, aber nicht verboten«, fügte er ungefragt hinzu.
Dass da etwas ganz gewaltig stank, konnte Helga Martens bis zu ihrem Schreibtisch in Singen riechen. Also weiter.
Der Umstand, im Immobilienbüro in Tengen eine Frau als Gesprächspartner zu haben, ließ die Geheimwaffe ›Stimme‹ zunächst verpuffen. Nachdem sie aber auf auch vor Willkür nicht zurückschreckender Vertreterin der Staatsmacht umgeschaltet hatte, war es relativ einfach zu erfahren, was es zu erfahren gab:
Erstens, dass die beiden Nobelherbergen an eine ›Gesellschaft zur Förderung jugendlicher Filmschaffender‹ mit Sitz in Vaduz vermietet worden waren. Und zweitens, dass die noblen Förderer dafür nicht weniger als 40.000 Euro plus Mehrwertsteuer auf den Tisch geblättert hatten.
Wie viel würden diese Leute erst für die eigentlichen Förderungen ausspucken, überlegte die Martens. Dann suchte sie Wiegele in seinem Büro auf, um ihn zu informieren. Ihrer Meinung nach bestand dringender Handlungsbedarf.
* * *
So sehr sich Palinski über den Anruf seines Freundes Anselm gefreut hatte, so sehr bereitete ihm der Anlass dazu jetzt Kopfzerbrechen. Zunächst hatte sich sogar so etwas wie Unbehagen, ja ein schlechtes Gewissen aufgebaut. Natürlich schob er jede Verantwortung der geistigen Mittäterschaft weit von sich. Immerhin legte er in allen seinen Fantasieergüssen größten Wert darauf, die von ihm kreierten Verbrechen so überspitzt, mitunter sogar absurd darzustellen, dass eigentlich niemand auf die Idee kommen konnte, sie zu kopieren. Abgesehen davon hätte er nie zu hoffen gewagt, dass sich seine abstrusen Konstruktionen todbringender Aktivitäten, die zwar auf dem Papier durchaus plausibel klangen, auch tatsächlich realisieren ließen.
Allerdings war ›hoffen‹ in diesem Kontext zweifellos eine etwas unglückliche Wortwahl, musste sich Palinski eingestehen.
Aber bloß kein Selbstmitleid, sagte er sich. Dafür war jetzt keine Zeit. Er wollte noch schnell duschen und dann rasch in sein Büro gehen, damit er bis morgen Antworten auf Wiegeles Fragen fand. Zumindest auf die meisten.
Ehe er sich ins Bad begab, rief er noch Margit an und bat sie, eine Liste aller Personen vorzubereiten, denen sein Manuskript zum Probelesen übermittelt worden war.
* * *
Helga Martens wurde Wiegele immer unheimlicher. Die hübsche, auf angenehm unauffällige Art durchaus attraktive junge Frau war nicht nur gescheit, sie konnte sich auch gut durchsetzen. Dass sie dabei sehr flexibel agierte, gelegentlich sogar ungeniert mit den Waffen einer Frau kämpfte, ohne dabei die Grenzen des guten Geschmacks zu verletzen, sollte dem Hauptkommissar nur recht sein.
Die Art, wie sie ihm jetzt gerade die Ergebnisse ihrer Recherchen von heute Morgen servierte, Antworten auf Fragen lieferte, die er ihr gegenüber so dezidiert noch gar nicht gestellt hatte, war schlichtweg beeindruckend.
Die junge Kollegin war eine ausgesprochene Verstärkung, und er ertappte sich bei dem Wunsch, Helga über die drei Tage hinaus, ja vielleicht sogar auf Dauer in Singen behalten zu können. Diese Überlegungen mussten jetzt aber zurückstehen. Im Moment gab es Dringenderes zu tun.
»Obwohl ich mir von einem Verhör dieser Ricarda Montensin eigentlich nichts erwarte, werden wir einen Antrag auf internationale Amtshilfe an Zürich stellen«, teilte er Helga mit. »Ich fürchte nur, der Schweizer Leihwagen und die belgische Mieterin, die in ein Verbrechen bei uns
Weitere Kostenlose Bücher