Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
sprechen könnte?«
»Nein, ich habe keine Idee«, betonte der Russe ein wenig barsch. »Aber selbst wenn ich eine hätte, würde ich dir keinen Namen nennen. Ich habe mich heute ohnehin schon weit mehr aus dem Fenster gelehnt, als gesund für mich sein könnte. Ich bin nur ein einfacher ehrlicher Makler zwischen den beiden Welten. Also respektiere das und behandle unser Gespräch vertraulich.«
Palinskis fröhlicher Schwips war einer herben Ernüchterung gewichen. Sein unglückliches Gesicht veranlasste Malatschew aber immerhin noch zu einem kryptischen Nachsatz.
»Ich weiß allerdings, dass du jemanden kennst, der dir weitere Antworten geben kann. Ohne dass du deswegen nach Kanada fahren musst. Ein großer Mann aus deiner Vergangenheit, der dir noch einen Gefallen schuldet. Mit dem solltest du dich arrangieren, wenn es soweit ist.«
»Und wer sollte das sein?«, bohrte Palinski, doch der Russe winkte ab. »Da musst du schon selbst draufkommen, mein Freund. Und das wirst du auch. Du musst nur etwas abstrakter, weiträumiger denken. Aber auch wieder nicht zu weit.«
5
Samstag, 26. Oktober
Wiegele hatte früh aus den Federn müssen an diesem Morgen, um die Maschine von Stuttgart nach Wien um 8.25 Uhr zu erreichen.
Nach den Nackenschlägen der letzten Tage erschien ihm dieser auch wettermäßig wunderschöne Morgen als ein Versprechen für das gesamte Wochenende. Ein Wochenende mit Marianne, mit seiner Liebe in Wien.
Aber auch mit Palinski und einem ernsten Problem, das er lösen oder ihm zumindest auf die Spur kommen musste.
Komisch, wie sich die Dinge fügten. Er hatte Palinski vor einem Jahr kennen gelernt, als dieser mit Familie zu Besuch bei Dr. Bittner war. Bittners Sohn Guido, Assistent an der Universität in Wien, und Tina Bachler, Palinskis Tochter, waren ein Paar, und die gemeinsame Zukunft sollte damals sozusagen offiziell verkündet werden.
Palinski hatte den bis dahin gesellschaftlich eher muffigen Hauptkommissar auf den abendlichen Empfang bei den Bittners mitgenommen. Bei der Gelegenheit war Wiegele seiner großen Liebe Marianne wieder begegnet, derentwegen er aus Stuttgart in die ›Singener Wüste‹ geschickt worden war. Als sich dann noch herausgestellt hatte, dass seine Marianne die ältere Tochter des Anwalts war, mutierte der verliebte Hauptkommissar zum überzeugten Vertreter der Ansicht, dass alles im Leben vorbestimmt war. Seit damals waren die beiden wieder zusammen, allerdings immer nur unter Ausschluss jeglicher Öffentlichkeit.
Die letzte Nacht war nur kurz gewesen, denn Wiegele hatte noch eine Kopie des Videobandes mit dem ›Raub der Saladier‹ anfertigen lassen. Er wollte es über Palinski den Wiener Kollegen, für die dieser konkrete Fall ja einen ganz anderen Stellenwert hatte, inoffiziell zur Verfügung stellen. Bis die Dokumentation dieser bemerkenswert frechen Tat über die offiziellen Kanäle nach Wien kommen würde, würde nämlich noch viel Wasser die Donau hinabfließen.
Während Wiegele so seinen Gedanken nachhing, musste er wohl eingenickt sein. Denn das Nächste, das er wahrnahm, war die freundliche Stimme der Flugbegleiterin mit der Aufforderung, die Sitzgurte für die bevorstehende Landung wieder zu schließen. Eine knappe Viertelstunde später saß Wiegele bereits in einem Taxi Richtung Stadt.
* * *
Marianne Kogler hatte Wien bereits in der Nacht erreicht. Während ihr Anselm in Stuttgart das Flugzeug bestieg, saß sie im Hotel ›Wild‹ beim Frühstück. Ihr gegenüber knabberte ihr Bruder Guido an einer frischen Handsemmel und tunkte die Reste des Eigelbs seiner Frühstücksportion Ham and Eggs vom Teller. Für einen jungen Mann mit Liebeskummer hatte er einen erstaunlichen Appetit entwickelt. Ob er in Wien zum Frustfresser konvertiert war?, überlegte Marianne.
»Also, wie steht es jetzt zwischen dir und Tina?«, kam Marianne ohne Umschweife auf den Grund ihres Besuches zu sprechen.
»Schuld an dem ganzen Schlamassel ist nach wie vor diese eingebildete Schwangerschaft vom letzten Herbst«, begann Guido. »Damals hat sie sich so an den Gedanken gewöhnt, Mutter zu werden, dass sie total unglücklich war, als sich das Ganze als Fehlalarm herausgestellt hat. Seither will sie jede noch so vage Gelegenheit, schwanger zu werden, nutzen.« Er grinste etwas verlegen. »Dagegen habe ich ja im Prinzip nichts. Aber dieses Theater, wenn es dann wieder nicht geklappt hat. Auf diese Weise treibt sie mich noch in die Impotenz.«
»Aber sie ist doch noch
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