Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
Ausrutscher nicht auf einen Anfall von Quartalsauferei zurückzuführen war, sondern eine recherchebedingte Notwendigkeit. Oder zumindest zweckmäßig.
»Ich möchte gerne wissen, woher dieser seltsame Russe das alles weiß«, fragte sich Mario, nachdem er Wilma die Essenz des gestern Gehörten mitgeteilt hatte. »Es ist erschreckend und gleichzeitig faszinierend, sich vorzustellen, dass mir das wahrscheinlich ein ehemaliger KGB Mann erzählt hat. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann hat irgendjemand meine Mordideen aus ›Spiele im Schatten‹ nur abgekupfert, um bei dieser perversen Weltmeisterschaft besonders originell zu sein.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich das irgendwo lesen würde, würde ich sagen, der Autor ist durchgeknallt.«
»Andererseits klingt das alles zwar seltsam, aber irgendwie auch logisch«, fand Wilma. Das war erstaunlich, denn sie interessierte sich sonst kaum für diese Dinge, geschweige denn, dass sie eine Meinung dazu gehabt hätte. »Die Frage ist jetzt nur, von wem haben die bösen Buben deine Ideen bekommen?«, fügte sie hinzu.
»Ich werde nichts unversucht lassen, um auf diese Frage eine Antwort zu finden«, versprach sich Palinski selbst. »Und bis dahin rühre ich keinen Tropfen Alkohol mehr an. Ab morgen«, schränkte er ein.
Ihm war eben eingefallen, dass er für heute Abend eine lustige Runde zum ›Zimmermann‹ in der Armbrustergasse geladen hatte. Zu Ehren seines Freundes aus Singen und Mariannes. »Ich muss ja zumindest einmal mit Anselm anstoßen.«
»Na, ich werde schon drauf achten, dass du heute nicht wieder übertreibst«, kündigte Wilma an und gab ihm damit zu verstehen, dass sie sich entschlossen hatte, am Abend dabei zu sein.
Das war schön, fast wie in alten Zeiten.
* * *
Nach zwei Aufgüssen, ausgiebigem Schwitzen in der Sauna und einigen gekraulten Längen im Sportbecken des Hallenbads hatte Helga Martens Wiegeles SMS zur Kenntnis genommen. Sie genehmigte sich noch 30 Minuten im Ruheraum, ehe sie sich wieder ankleidete und direkt nach Singen fuhr.
Die Arbeit mit diesem Hauptkommissar sagte ihr zu und sie hoffte, dass seine Bemühungen um ihre Versetzung erfolgreich sein würden. In Konstanz war zwar alles größer, wichtiger, organisierter, aber im selben Verhältnis fühlte sie sich in der Polizeidirektion kleiner, unwichtiger, in der Bürokratie gefangen. Die zwei Tage in Singen hatten ihr gezeigt, wozu sie in der Lage war, wenn man sie nur ließ und welch süße Gefühle Erfolg und Anerkennung sein konnten. Auch wenn ihr durchaus bewusst war, dass sie nicht jeden Tag mit der unkonventionellen Beschaffung wichtigen Beweismaterials brillieren würde können, meinte sie doch, sich unter Wiegeles Fittichen besser entwickeln zu können. Zumindest so lange, bis sie selbst ausreichend flügge geworden war. Als Kriminalpolizistin natürlich.
Sie holte sich einen Kaffee und machte es sich vor dem Videorecorder bequem. Dann konzentrierte sie sich auf den etwas mehr als acht Minuten dauernden Beitrag, in dem die Identifizierung einer bereits in fortgeschrittener Verwesung befindlichen Leiche manipuliert worden war. Und zwar derart, dass man Haare und Hautreste des Toten bereits vor dessen Ermordung sichergestellt und im Badezimmer einer anderen, als verschollen gemeldeten Person deponiert hatte. So, dass der Eindruck entstehen musste, die DNS-fähigen Proben würden von dieser verschollenen Person stammen.
Auf Grund der logischerweise vorhandenen Übereinstimmung wurde die Leiche als der verschollene XY identifiziert, und die Versicherung zahlte endlich die gewaltige Lebensversicherungssumme aus. Zur großen Freude des Verschollenen, der unter einer anderen Identität darauf schon die ganze Zeit in Cancun gewartet hatte. Wo er 14 Tage später seine Frau und das Geld in die Arme schließen konnte.
Die Martens wirkte nachdenklich. Es war erschreckend, wie dieser Frederick Nebelei, er hatte die Startnummer 38 auf dem Rücken , technische und logische Mängel und die daraus für die Polizeiarbeit resultierenden Unzulänglichkeiten zu seinem und seiner Klienten Vorteil genutzt hatte. Wer sollte schon auf die Idee kommen, dass die auf der Bürste im Bad gefundenen Haare nicht vom angeblichen Opfer stammten, sondern von irgendeiner armen Sau, die an seiner Stelle hatte sterben müssen.
Helga rätselte, warum Wiegele das gerade jetzt so dringend wissen wollte. Dann rief sie ihren Chef an.
* * *
Zur gleichen Zeit trafen sich drei ältere Herren
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