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Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)

Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)

Titel: Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Mal in ihrem Leben würde sie jemand mitteilen müssen, dass ein Freund, ein Bekannter nicht mehr lebte. Ermordet worden war.
    So was sollte möglichst einfühlsam und taktvoll geschehen, hatte sie irgendwo gelesen. Aber davon, wie das in der Praxis zu bewerkstelligen war, hatte sie nicht die geringste Ahnung.
    »Wir sind sehr gute Freunde.« Die Leckmarein betonte das ›sehr‹ ganz ausdrücklich. »Man könnte sogar sagen, wir sind so etwas wie verlobt. Odr?«
    Man konnte auch sagen, dass das jemand war, mit dem Wiegele sicher gerne sprechen würde, schoss es Helga durch den Kopf. Also, ran an den Feind, und immer dem Instinkt vertrauen.
    »Ich fürchte, ich habe keine gute Nachricht für Sie«, begann sie vorsichtig. »Herr Konsul Webernitz ist vor fünf Tagen verstorben.«
    Die Martens hatte mit vielem gerechnet. Mit dem, was jetzt kam, aber nicht.
    »Lassen Sie mich nachrechnen«, meinte Frau Leckmarein ganz kühl. »Das muss dann am Montag gewesen sein, odr? Er wird sich doch nicht umgebracht haben?«
    Helga war sprachlos. »Wie kommen Sie denn auf diese Idee?«
    »Ach, am Sonntagabend hat mich Walter gebeten, seine Frau zu werden. Als ich ihn im Scherz gefragt habe, was er macht, falls ich seinen Antrag nicht annehme, hat er gelacht und gesagt: ›Dann bringe ich mich um‹. Ich habe das aber nicht ernst genommen.«
    »Herr Webernitz ist unter bisher noch nicht ganz geklärten Umständen verstorben«, legte Helga sich nicht fest.
    »Also so etwas«, grübelte die Frau. »Ich mache einen dummen Witz, und er geht hin und bringt sich um. Dass die Leute keinen Spaß mehr verstehen.« Mit der Frage »Wissen Sie vielleicht, ob er sein Testament vorher noch geändert hat?«, gewährte die Leckmarein der Kommissarsanwärterin einen weiteren tiefen Einblick in die Abgründe eines extrem seltsamen Gemütes.
    Na, wenigstens macht sie sich und uns nichts vor, konnte Helga der Situation sogar noch etwas Gutes abgewinnen. »Am Besten wäre es, Sie besuchen Rechtsanwalt Dr. Bittner am Montag. Bei ihm ist das Testament hinterlegt.«
    »Das werde ich auch machen«, stimmte die Anruferin zu. »Also, bis Montag. Und angenehmes Wochenende«, meinte sie noch, dann hatte sie schon wieder aufgelegt.
    Helga Martens nahm sich vor, unbedingt dabei zu sein, wenn Wiegele oder wer auch immer mit diesem seelischen Krüppel sprechen würde. So eine Chance, exzessive Herzlosigkeit live beobachten zu können, bot sich einem nicht oft.
    Lustlos wählte sie Wiegeles Rufnummer ein weiteres Mal.
    Oh, Wunder: Statt des befürchteten Sermons der automatischen Telefonstimme war endlich der normale Rufton zu hören. Und ganz plötzlich meldete sich auch Wiegele selbst. Hosianna!
     
    * * *
    Nach einer knappen Stunde freundlicher Konversation hatte Marianne Palinskis Büro verlassen und war zu Wilma in die Wohnung hinaufgegangen. Sie wollte die Gelegenheit nutzen, hatte sie angekündigt, mit Tinas Mutter die Möglichkeiten einer Südamerikareise zu ventilieren. Weder Wiegele noch Palinski hatten eine Ahnung, worum es dabei ging, aber das machte nichts. Falls es wichtig war, würden sie es noch früh genug erfahren.
    Jetzt stürzten sich die beiden Männer in die Arbeit. Tauschten die aktuellen Informationen aus, davon gab es ja mehr als genug, und diskutierten deren Auswirkungen auf die laufenden Ermittlungen.
    Mitten in Palinskis Kurzfassung von Juri Malatschews Vortrag über die unglaubliche Welt des organisierten Verbrechens platzte Helga Martens’ Anruf mit weiteren, verblüffenden Neuigkeiten.
    Etwas später, während der Beitrag ›Salatschüssel‹ über den Bildschirm flimmerte, hatte Palinski Mühe, einen aufsteigenden Lachkrampf unter Kontrolle zu halten.
    »Wenn diese Dokumentation öffentlich bekannt werden sollte«, vermutete er, »dann werden einige der beteiligten Personen wieder ganz schön alt aussehen.« Der Raub der ›Saladier‹ aus dem Kochhistorischen Museum, vor allem aber die besonderen Umstände, unter welchen dieses einmalige Kunstwerk die Besitzer gewechselt hatte, hatten in Österreich seit jener Nacht im April immer wieder für Diskussionen und sarkastische Kommentare in den Medien gesorgt. Genauso wie das unvermutete Wiederauftauchen des Kunstwerkes unter zumindest etwas widersprüchlichen Umständen mehr als zweieinhalb Jahre später.
    Mindestens ebenso interessant, mit Sicherheit aber von größerer, praktischer Bedeutung, war die von Helga Martens detailliert durchgegebene Methode, eine DNS-Analyse zu manipulieren.

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