Killerspiele: Palinskis fünfter Fall (German Edition)
Zentrum und legten dann noch einen kurzen Stopp bei der Polizeidienststelle ein. Dort übergab Palinski Wiegele den Umschlag mit dem Manuskript. »Da sollten interessante Fingerabdrücke drauf sein«, erklärte er dem neugierig blickenden Hauptkommissar. »Aber achte darauf, dass die Ergebnisse nicht von irgendjemand«, dabei verzog er sein Gesicht vielsagend, »im Amte verwechselt oder verlegt werden. Mehr kann ich im Moment nicht dazu sagen.«
Dann war es soweit. Die beiden Männer, deren Freundschaft sich unter dem Eindruck der Ereignisse der letzten Tage weiter vertieft hatte, verabschiedeten sich. »Danke«, flüsterte der Hauptkommissar. »Bis zum nächsten Mal. Übrigens, kann ich mit dir als Trauzeuge rechnen, falls ich es mit Marianne riskieren sollte?«
»Sehr gerne«, versicherte sein Wiener Freund, ohne lange nachzudenken, »es wird mir eine Ehre sein.«
Zehn Minuten später waren Wilma und Mario bereits unterwegs in Richtung ›Hochzeitssuite‹.
* * *
Helga Martens hatte das Unmögliche geschafft und Dank eines Schulkollegen bei der Telefongesellschaft in Rekordzeit das vollständige Protokoll der ein- und ausgehenden Telefonate der letzten beiden Wochen im ›Schlosshotel Gabensberg‹ beschafft. Und siehe da: Vom Landeskriminalamt war in diesem Zeitraum insgesamt dreimal angerufen worden, zweimal alleine am Freitag, dem 25. Oktober. Das war der Tag, an dem der nicht ganz geglückte Einsatz in Beuren stattgefunden hatte. Der Verdacht, dass eine Warnung vor dem bevorstehenden Besuch der Polizei direkt aus Stuttgart gekommen war, wurde damit immer mehr zur Gewissheit.
Kurz danach hatte sich eine aufgeregte Erika Vondermatten beim Chef ihres Mannes gemeldet. Ihrem Mann ginge es besser, für das Auge bestünden zwar nur geringe, aber immerhin doch Chancen und vor allem »lässt Ihnen mein Mann ausrichten, dass wir einen Safeschlüssel für die Credit Suisse in Basel erhalten haben. Falls stimmt, was in dem Begleitschreiben steht, befinden sich darin Papiere im ungefähren Wert von 184.000 Euro. Er möchte wissen, was er damit anfangen soll.«
Mein Gott, dachte Wiegele, jetzt hatte es den Armen auch noch am Kopf erwischt. »Sagen Sie Ihrem Mann, er soll mit niemandem darüber sprechen. Wir werden uns der Frage widmen, wenn ich ihn das nächste Mal besuche.«
Ehrlichkeit war ja eine schöne Sache, aber wo verlief die Grenze zur Dummheit?, dachte Wiegele. Sofort überkamen ihn aber Selbstzweifel. War er schon so versaut, dass er sich ernsthaft solche Fragen stellte? Nicht mehr wusste, was richtig war und was nicht? Oder war das bloße ›Zeitgeist-Flexibilität‹?
* * *
Dr. Erwin Kogler hatte seine Sachen gepackt und das Hotelzimmer geräumt. Er wollte nach der Geldübergabe keine Zeit mehr verlieren und sofort nach Stuttgart aufbrechen. Man sollte die Geduld seiner Gläubiger nicht über Gebühr strapazieren. Er wollte die ganze Angelegenheit nach Möglichkeit noch heute erledigen, um unbelastet in das Wochenende gehen zu können. Frei im Kopf für neue Taten.
Er lachte in sich hinein. So war das Leben eben. Einmal war man oben, dann wieder unten. Wichtig war nur, dass man immer wieder nach oben kam, und genau das hatte er vor.
Beim Bezahlen der Rechnung beschiss er wieder einmal das Hotel um ein Mineralwasser und einen Fruchtsaft. Nicht, dass es ihm auf die paar Euro angekommen wäre, obwohl die deutsche Hotellerie schon Traumpreise für ihr Minibar-Angebot nahm. Nein, es machte ihm einfach Spaß, den Idioten hinter dem Rezeptionstresen alt aussehen zu lassen. Und darüber hinaus: Warum sollte er eigentlich doppelt bezahlen? Diese Gauner hatten doch sicher einen bestimmten Prozentsatz Schwund in den Zimmerpreis eingerechnet. Überall das gleiche Pack.
Er wollte schon gehen, als ihm die Bitte seines Schwiegervaters wieder einfiel. Also nochmals zurück zur Rezeption und das Gewünschte abgeholt. Weiß der Teufel, was da drinnen war, dachte er und warf das Paket auf die Rückbank seines BMW. Besser, er brachte das Zeug mit, als wieder völlig überflüssige Diskussionen mit dem Alten zu riskieren. Für 500.000 Euro oder mehr konnte man ruhig ein wenig gefällig sein. Dem Alten noch ein letztes Mal einen Gefallen tun.
Auf der kurzen Fahrt zur Kanzlei Bittners prüfte Kogler seine Optionen für die heutige Abendgestaltung. Schließlich entschied er sich dafür, Liselotte festlich auszuführen. Langfristig gesehen versprach eine etwas festere Beziehung mit der vor kurzem
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