Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
entschlossenen Verfolger bot, aber er hatte keine andere Wahl. Draußen im Gang wären er und sein angeschossener Sohn auch nur lebende Zielscheiben gewesen.
Als er sich umdrehte, sah er, dass Jack vom Toilettensitz
gekippt war und nun mit geschlossenen Augen auf den nassen Fliesen lag. Entweder hatte er einen Schock oder der Blutverlust war bereits so groß, dass er das Bewusstsein verloren hatte. Ben rannte zu ihm, zog ihm den Gürtel aus der Hose und legte ihn oberhalb der hässlich aussehenden Wunde um Jacks linken Oberschenkel. Dann zog er den Gürtel so fest zu, wie er nur konnte. Das Blut, das aus der Wunde schoss, wurde deutlich weniger und verwandelte sich von einem scharfen Strahl in ein schwaches Rinnsal.
Ben schickte ein Dankgebet zum Himmel und schlug seinem Sohn mit der flachen Hand auf die Wangen. Jack so elend daliegen zu sehen, in diesem überschwemmten Behindertenklo, trieb ihm die Tränen in die Augen. Ob sie wohl beide hier sterben mussten, an diesem profanen Ort?
Ben hörte an der Decke des Raumes ein metallisches Klacken, und die Sprinkleranlage hörte schlagartig auf, sie mit Wasser zu bespritzen. Dafür sah er, wie jemand probeweise mehrmals hintereinander die Klinke der Tür herunter drückte. Ihr Verfolger hatte sie gefunden.
Jack schlug die Augen auf. »Dad?«, fragte er mit leiser Stimme, die so verträumt klang wie zu der Zeit, in der er als kleiner Junge aus einem Nickerchen erwacht war. Ben hätte ihn küssen können.
»Psst!«, sagte er. »Alles wird gut, Jack. Ich bringe dich hier raus, versprochen.«
Ein lauter Knall gellte durch den Raum, der von den Wänden gespenstisch widerhallte. Dem Schuss folgte ein zweiter, und dann ein dritter. Die Kugeln bohrten sich in die Wand gegenüber der Tür und ließen Keramiksplitter von den durchschlagenen Fliesen auf Ben herabregnen.
Er schießt das Schloss auf, dachte Ben, und im selben
Moment flog auch schon die Tür auf und knallte mit Wucht gegen den im Boden eingelassenen Gummistopper.
Vor Ben stand ein Mann in einem tropfnassen eleganten Anzug, den Ben sofort als den Samariter erkannte.
Er richtete die Pistole direkt auf Bens Brust, während hinter ihm die Tür von ihrem pneumatischen Arm langsam wieder geschlossen wurde.
»Wen haben wir denn da?«, fragte der Samariter und zog einen Mundwinkel hoch. »Dr. Benjamin Maxwell, auferstanden von den Toten.« Die schwarzen Haare klebten in nassen Strähnen am Kopf des Samariters, was seinem hageren Gesicht ein fratzenhaftes, totenkopfähnliches Aussehen verlieh.
»Ich frage mich, wie Sie das gemacht haben, Herr Wissenschaftler«, zischte die eiskalte Stimme. »Und glauben Sie mir, ich werde es herausfinden.« Ohne Vorwarnung richtete er die Waffe auf Jack und drückte ab. Die Kugel verfehlte Jacks gesundes Bein nur um wenige Zentimeter.
»Dieses Mal werde ich keine Gnade walten lassen. Dieses Mal wird euch der Zorn des Herrn in all seiner unerbittlichen Härte treffen.«
»Ich sage Ihnen alles, aber verschonen Sie meinen Sohn«, flehte Ben verzweifelt. »Er hat noch sein ganzes Leben vor sich.«
»Dieses Leben könnte kürzer sein, als du glaubst, Herr Wissenschaftler«, sagte der Samariter und machte einen Schritt auf Jack zu.
»Rühren Sie ihn nicht an!«, schrie Ben und ballte die Fäuste, bereit, sich trotz der Waffe auf den Samariter zu stürzen.
»An dem brauche ich mir nicht mehr die Hände schmutzig
zu machen!«, sagte der Samariter verächtlich. »Selbst wenn ich ihn jetzt laufenließe, wäre er dem Tod geweiht, denn da draußen findet gerade ein Gottesgericht statt, wie die Welt es seit der Spanischen Grippe und dem Schwarzen Tod nicht mehr erlebt hat. Der Zorn des Herrn ist über dieses Land gekommen und wird auch diesen Jungen hinwegfegen, wenn er nicht zu den Gerechten gehört.«
Der Samariter war wieder in seinen dozierenden Singsang verfallen, was Ben als Zeichen dafür deutete, dass er nun zu allem fähig war.
»Du kannst ihn nicht vor dem Tod retten, Wissenschaftler, aber du kannst ihm Schmerzen ersparen, schlimme Schmerzen, die ich ihm zufügen werde, wenn du mir nicht auf der Stelle sagst, warum du noch nicht tot bist.«
Ben wusste, dass ihm keine andere Wahl blieb. Und was änderte es schon, wenn der Samariter wusste, dass das bei AMT manipulierte Herzpflaster der einzige Schutz vor dem von ihm auf die Menschheit losgelassenen Virus war? Vielleicht gelang es ihm ja, dem Fanatiker Wasser in seinen Wein zu gießen, indem er ihm deutlich machte, dass eben nicht
Weitere Kostenlose Bücher