Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
rekrutiert?«
»Wollen Sie mich für dumm verkaufen?«, zischte der Samariter mit eiskalter Stimme. »Für den Orden des Hippokrates, wofür denn sonst?«
»Aber ich kenne gar keinen solchen Orden.«
»Tatsächlich? Und warum sind Sie dann zur FDA gegangen?«
»Weil man mir dort einen Job angeboten hat«, rechtfertigte sich Ben. »Ich bin Wissenschaftler …«
Der Samariter packte Bens Kopf von hinten und zielte mit der Spitze der Nadel auf sein rechtes Auge.
»Erzählen Sie mir nichts von der Wissenschaft, Herr Doktor. Wissenschaftler versündigen sich am Willen Gottes, indem sie sich anmaßen, in seiner Schöpfung herumzupfuschen. Haben Sie überhaupt eine Ahnung davon, was Sie mit Ihrer Wissenschaft anrichten? Sie bauen Bomben, Sie töten ungeborene Babys, Sie greifen in den göttlichen Bauplan des Lebens ein. Gott wird das nicht zulassen. Er wird Sie strafen, so wie er Ihren Meister Martin Larrick für sein gottloses Tun gestraft hat. Ihr habt die Pestilenz des Unglaubens über die Erde gebracht, und eine Pestilenz wird euch alle vernichten. Ein Sühnegericht Gottes, auf dass wieder Gerechte wandeln auf Erden.«
»Welcher Religion Sie auch immer angehören mögen, einen Menschen zu töten ist eine Sünde«, sagte Ben ruhig.
»Ungeziefer wie Sie auszurotten ist keine Sünde!«, schnauzte der Mann. » Sie sind die lebende Sünde!«
Ben hörte das Geifern des Monsters, das sich selbst Samariter nannte und kam zu dem Schluss, dass der Mann vollkommen verrückt sein musste. Auf einmal hörte er auf zu zittern, seine Hände wurden ruhig, und sein Atem ging deutlich langsamer. Er hatte in der vergangenen Nacht
bereits zweimal dem Tod ins Auge gesehen - um ein Haar wäre er bei der Explosion von AMT ums Leben gekommen und ein paar Stunden später wäre er in den schwarzen Fluten des Potomac ertrunken, wenn sein Sohn ihn nicht gerettet hätte. Wie oft konnte man innerhalb von vierundzwanzig Stunden dem Sensenmann ein Schnippchen schlagen? Wenn dieser Wahnsinnige ihn jetzt töten würde, dann sollte es wohl so sein. Er konnte ihn nicht mehr daran hindern, mit ihm dasselbe zu tun wie mit der armen Schwester, deren Blut an den Wänden des Zimmers klebte. Aber wenn er schon sterben musste, dann wenigstens mit Anstand und Würde und nicht schlotternd vor Angst und auch nicht um sein Leben bettelnd.
»Sie sind ja krank«, sagte er zu dem Mann. »Suchen Sie sich Hilfe. Keine Religion der Welt kann einen Mord rechtfertigen.«
Der Samariter bewegte sein Gesicht so nahe an Bens Ohr, dass dieser seinen warmen Atem spürte. »Rechtfertigen?«, flüsterte er heiser. »Das, was ich tue, muss niemand rechtfertigen. Sie sind der Wissenschaftler, und Sie werden bald vor Gottes Gericht stehen und die gerechte Strafe für Ihre Schandtaten erhalten.«
»Und Sie werden niemals erfahren, was ich bei AMT gemacht habe! Sie werden niemals erfahren was mir Vitek kurz vor seinem Tod gesagt hat …«, antwortete Ben.
Der Kopf des Mannes schoss nach vorn, damit er Ben von der Seite ansehen konnte. Die Spitze der Nadel näherte sich bis auf wenige Millimeter Bens Augapfel. »Also waren Sie dort!«
»Ja! Und ich weiß alles über Sie und dieses CardioPatch. Aber Sie werden es leider nie erfahren.«
Der Samariter sagte nichts, und für eine ganze Weile hörte Ben nur das leise Pfeifen seines Atems und ein tiefes Summen, das wohl von irgendeiner Apparatur kommen musste. Und dann tat der Samariter etwas, womit Ben am allerwenigsten gerechnet hatte: Er fing lauthals an zu lachen.
»Netter Versuch!«, sagte er, als er sich wieder beruhigt hatte. »Sie glauben wohl, wenn Sie ein Wissen vortäuschen, das Sie nicht haben, verschone ich Ihr erbärmliches Leben.« Er lachte wieder los. »Aber da haben Sie sich geirrt. Ihr Wissen interessiert mich nicht, Herr Wissenschaftler, damit können Sie mich nicht kaufen. Ich werde die Erde von Ungeziefer wie Ihnen befreien, und das sehr bald und ein für alle Mal.«
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9:49 UHR
WASHINGTON HOSPITAL CENTER, WASHINGTON, DC
Drei Stockwerke unter Bens Zimmer traten Angie und Jack gerade in den Aufzug. Über dem Knopf für den vierten Stock klebte ein handgeschriebener Zettel mit der Aufschrift »Baustelle, Betreten verboten«, aber Angie drückte ihn trotzdem, und der Aufzug fuhr hinauf zu der neu eingerichteten und eigentlich noch nicht freigegebenen Herzstation. Der Korridor oben roch nach frischer Farbe und war menschenleer. Angie führte Jack um eine Ecke und blieb einen Meter vor der Tür zu Zimmer 4c
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