Killervirus - Gerber, R: Killervirus - Heartstopper
Arzt entriegelte mit dem Fuß die Fahrrollen des Bettes und fing an zu schieben, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und eine rundliche, olivhäutige Schwester mit entschlossenen Schritten in den Raum stürmte.
»Was geht hier vor?«, fragte Janice Robinson und baute sich mit in die Hüften gestemmten Armen vor dem Krankenbett auf.
»Gut dass Sie da sind, Schwester«, erwiderte der Arzt. »Ich brauche Ihre Hilfe. Der Patient muss auf eine andere Station verlegt werden. Er will …«
»Davon weiß ich ja gar nichts«, unterbrach ihn Janice mit resoluter Stimme. »Und wer sind Sie überhaupt? Ich habe Sie hier noch nie gesehen.«
»Das ist Dr. Patterson«, sagte Ben. »Er hat mich operiert.«
»Wie bitte?«, fragte Janice und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. »Sie wollen Dr. Patterson sein?«
Sie trat auf den Mann zu und tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust.
»Ich kenne Dr. Patterson, und ich kann Ihnen versichern, dass er ganz anders aussieht als Sie. Also wer sind Sie, verdammt nochmal?«
Der Mann sagte nichts und kramte verlegen in den Taschen seines Kittels herum.
»So, das wird mir jetzt zu bunt«, sagte Janice Robinson in ihrem strengsten Kommandoton, der ihre Hilfsschwestern regelmäßig vor Angst erstarren ließ. »Sie lassen jetzt sofort den Patienten in Ruhe und kommen mit mir ins Schwesternzimmer. Dort finden wir dann schon heraus, wer Sie wirklich sind.«
Der Arzt machte ein resigniertes Gesicht und zuckte mit den Schultern, als wolle er sich der Anordnung des Feldwebels in Weiß widerstandslos fügen, aber dann schoss auf einmal seine rechte Hand aus der Tasche des Kittels nach oben. Im trüben Licht des Regentags sah Ben etwas aufblitzen, das zu schmal und zu lang für ein Messer oder ein Skalpell war. Erst als es sich so tief in den Hals der überraschten Oberschwester bohrte, dass es auf der anderen Seite wieder herauskam, erkannte er, was es war: eine überdimensionale Nähnadel, etwa fünfundzwanzig Zentimeter lang und einen halben Millimeter dick. Die Nadel hatte offenbar Janice Robinsons Luftröhre durchstochen, denn ihr erstaunter Aufschrei wurde zu einem leisen Röcheln, begleitet von rötlich gefärbtem Schaum, der ihr aus dem Mund quoll. Der Mann zog die Nadel aus ihrem Hals und stach noch einmal hinein. Dieses Mal musste er die Halsschlagader getroffen haben, denn ein kräftiger Strahl Blut spritzte wie ein plötzlich aufgedrehter Springbrunnen auf
Boden und Wände des Krankenzimmers und die weißen Laken von Bens Bett. Die Schwester ruderte mit den Armen und wollte weglaufen, aber der Mann packte sie mit der rechten Hand am Kinn und mit der linken am Hinterkopf und brach ihr mit einer raschen, ruckartigen Bewegung das Genick. Dann ließ er sie los, und sie polterte wie ein umfallender Kartoffelsack zu Boden.
Ben versuchte zu schreien, aber er fand seine Stimme nicht. Verzweifelt suchte er nach dem roten Notknopf, der an der Wand neben seinem Bett gewesen war, aber er konnte ihn nicht mehr erreichen, weil der falsche Arzt das Bett bereits in die Mitte des Zimmers geschoben hatte.
»Sie waren das«, keuchte er. »Sie haben Martin Larrick getötet!«
Der Mann wischte sich die blutigen Hände an seinem Kittel ab und verriegelte die Tür.
»Wer sind Sie?«, fragte Ben, der immer noch nicht fähig war, sich zu bewegen.
»Mein Freund, ich bin der Barmherzige Samariter.«
45
9:45 UHR
WASHINGTON HOSPITAL CENTER, WASHINGTON, DC
»Wenn Sie schreien, sind Sie der Nächste«, zischte der Mann im weißen Kittel.
»Was wollen Sie von mir?«, fragte Ben, während er vor Angst am ganzen Körper Gänsehaut bekam und sich ein eiskaltes Gefühl in seinen Eingeweiden breitmachte.
Der Mann kam näher, und Ben besah sich sein Gesicht. Gebräunter Teint, glatte Haut, sorgfältig geschnittenes, dunkelbraunes Haar. Er strömte eine gepflegte Professionalität aus und hätte gut und gerne tatsächlich ein Arzt sein können, wären da nicht die fanatischen Augen gewesen, in denen eine nur mühsam in Zaum gehaltene Wut zu lodern schien.
»Seit wann arbeiten Sie für Larrick?«, presste er zwischen seinen schmalen Lippen hervor. »Und spielen Sie keine Spielchen mit mir, Dr. Maxwell, ich weiß genau, wer Sie sind.«
»Seit fünf Jahren«, antwortete Ben mit leiser Stimme. »Seit ich den Job bei der FDA angenommen habe.«
Der Mann schnaubte verächtlich. »Ich meine nicht, wie lange Sie schon bei dieser Behörde arbeiten, sondern wann Larrick Sie rekrutiert hat.«
»Wofür
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