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Killerwelle

Titel: Killerwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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dass mit Schlaf nicht zu rechnen war. Er stellte fest, dass er am bequemsten lag, wenn er sich flach auf dem Rücken ausstreckte und die schmerzenden Arme auf der Brust verschränkte.
    Er rief sich das Feuergefecht im Dschungel in Erinnerung und ließ jede Aktion vor seinem geistigen Auge ablaufen, wie er es auch schon mit dem Terroranschlag in Singapur getan hatte. Er sah Linda auf einem Knie hinter dem Steinpfeiler kauern, wobei ihr zierlicher Körper bei jedem Schuss, den sie aus ihrem Gewehr abfeuerte, erzitterte. Er sah MacDs Rücken, während er vor ihm herrannte, und erinnerte sich, dass Lawless’ Fuß einmal beinahe vom Hauptseil abgerutscht war. Dann sah er noch Smith, wie er die andere Seite der Schlucht erreichte und sich hinter dem zweiten Steinpfeiler in Deckung warf. Juan entsann sich, wieder auf seine eigenen Füße gestarrt und sich bemüht zu haben, nicht auf den tobenden Fluss hinabzublicken, der sich mehr als dreißig Meter unter ihm befand.
    Dann schaute er hoch und sah, wie Smith das Feuer eröffnete und sich das Seil vor MacD auflöste. Cabrillo ließ die Szene wieder und wieder vor seinem geistigen Auge ablaufen, wie ein Polizist, der sich mehrmals ein Überwachungsvideo ansieht. Er konzentrierte sich auf Smiths Gewehr, das auf Dauerfeuer geschaltet war. Er zielte über den Fluss auf die Soldaten, die sie verfolgten. Juan war sich dessen ganz sicher.
    Aber wer hatte dann auf die Brücke geschossen? Es konnte niemand gewesen sein, der sich hinter ihm zwischen den Felsen versteckt hatte. Sie waren alle weit genug von der Felskante entfernt in Deckung gegangen, so dass sie unmöglich das durchhängende Seil hatten treffen können. Die beiden Soldaten, die in die Schlucht gestürzt waren, als das Seil riss, konnten es nicht gewesen sein.
    Er sah deutlich, wie Linda auf ihre Verfolger feuerte, aber Smiths Konturen blieben in seiner Erinnerung irgendwie verschwommen.
    Juan machte seine Kopfschmerzen dafür verantwortlich. Gewöhnlich konnte er sich an jedes Detail und jede Nuance erinnern, aber nicht jetzt. Außerdem sickerte Kälte aus dem Beton und drang in seine Knochen. Er stand auf und war für einen kurzen Moment so benommen, dass er sich mit der Hand gegen die Wand stützen musste. Ohne seine Beinprothese konnte er wirklich nichts tun. Er wartete, bis sich der Zustand der Benommenheit verflüchtigte, hatte aber noch nicht genug Vertrauen zu seinem Gleichgewichtssinn, um durch die Zelle zu hüpfen. Nur zum Zeitvertreib maß er sie mit Hilfe seiner Körpergröße von eins achtzig aus. Ihre Grundfläche war vier mal vier Meter groß. Er rechnete im Kopf aus, dass ihre Diagonale dann also knapp über fünfeinhalb Meter betragen musste. Er überprüfte seine Berechnung, da er wusste, dass sein Stiefel genau zweiunddreißigeinhalb Zentimeter lang war. Das von ihm errechnete Ergebnis stimmte genau.
    »Das Gehirn funktioniert also noch«, sagte er zu der Kakerlake, die zwischen den verstreuten Strohhalmen herumkrabbelte. »Okay, denk nach! Was zur Hölle stört mich da?«
    Irgendetwas war an dem verwüsteten Lager seltsam gewesen. Er erinnerte sich an ein Gefühl der Verwirrtheit, dass etwas an dem Bild nicht stimme, dass irgendetwas nicht dorthin gehörte. Nein! Es war nicht so, dass irgendetwas nicht dorthin gehörte. Etwas fehlte! Es gab bestimmte Dinge, die eine Frau, die mehr als einen Monat draußen campierte, mitnahm, und es gab Dinge, die Männer niemals stehlen würden. Soleils Rucksack hatte in ihrem Zelt gelegen und war leer gewesen. Keine Spur von einer Gesichtscreme oder von Lippenbalsam oder sonst irgendwelchen typisch weiblichen Produkten.
    War das, was er dort beinahe geborgen hätte, überhaupt der Körper einer Frau gewesen? Er hatte ihr Gesicht nicht gesehen, aber Statur und Haarfarbe hatten zu Soleil gepasst. Sie musste es gewesen sein. Und was auch immer sie an weiblichen Luxusgütern nach Myanmar mitgenommen hatte, es musste sich in dem Rucksack befunden haben, den er geborgen und an Smith weitergegeben hatte. Er war durchnässt gewesen, daher hatte Juan sein wahres Gewicht nicht feststellen und demnach auch keine Vermutungen über seinen Inhalt anstellen können. Aber das musste es sein. Sie und ihr Gefährte, eh, Paul Bissonette – hey, so schlecht war sein Gedächtnis doch gar nicht! –, mussten die Armeepatrouille gehört oder gesehen haben. Sie hatten sich ihre persönlichsten Dinge geschnappt, und zusammen waren sie in den Dschungel und weiter bis zu der Tempelruine

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