Killerwelle

die REC7 quer auf ihre Knie gebettet. Nun legte sie sie behutsam vor sich auf den Waldboden. Smith drückte den Lauf seiner Pistole weiterhin gegen ihren Hinterkopf, während er über sie hinweggriff und das Gewehr aus ihrer Reichweite schob.
    »Und jetzt holen Sie Ihre Pistole hervor. Aber nur mit zwei Fingern.«
    Wie ein Automat öffnete Linda ihr Holster und fischte mit Daumen und Zeigefinger ihre geliebte Glock 19 aus dem Futteral. In dem Augenblick, als sich ihre Finger öffneten, zog sie den Kopf ein, wirbelte herum und stieß einen Arm nach oben, um Smiths Pistole in die Luft zu schleudern. Sie stach mit ausgestreckten Fingern zu und erwischte Smith am Hals dicht über der Stelle, wo sich die Schlüsselbeine trafen. Dann traf sie ihn mit der linken Faust seitlich am Kopf. Es war zwar nicht ihre beste Aktion, weil sie einander fast bis auf Tuchfühlung nahe waren, aber da er nach dem Treffer am Hals in Atemschwierigkeiten geriet, war der Ex-Legionär für einen kurzen Moment benommen.
    Linda sprang auf und holte aus, um Smith gegen den Kopf zu treten. Schnell wie eine Natter schoss seine Hand vor, fing ihren Fuß in der Luft ab und drehte ihn ruckartig herum, so dass Linda nichts anderes tun konnte, als sich fallen zu lassen. Er sprang mit beiden Knien auf ihren Rücken, presste sämtliche Luft aus ihren Lungen und verhinderte durch sein Gewicht, dass sie gleich wieder einatmete. Dann rammte er die Pistolenmündung gegen ihren Nacken.
    »Versuchen Sie so etwas noch einmal, und Sie sind tot. Verstanden?« Als Linda nicht antwortete, wiederholte er die Frage und drückte den Lauf tiefer in ihr Fleisch.
    »Ja«, brachte sie krächzend hervor.
    Smith hatte ein Stück Draht in der Tasche bereitgehalten. Er bog Linda die Arme auf den Rücken, mit einer Hand schlang er den Draht um ihre Handgelenke und drehte die beiden Enden zusammen. Dabei schob er den Draht um ihre Oberarme so weit nach oben, dass sie ihn mit den Fingern nicht erreichen konnte. Ein zweiter Draht fesselte ihre Arme an die Gürtelschnalle ihres Tarnanzugs. Innerhalb weniger Sekunden war Linda zusammengeschnürt wie eine Weihnachtsgans. Erst jetzt befreite er sie von seinem Gewicht. Linda hustete krampfhaft, als sich ihre Lungen wieder mit Luft füllten. Ihr Gesicht war gerötet, und in ihren Augen loderte eine hilflose Wut.
    »Warum tun Sie das?«
    Smith ignorierte sie. Er holte sein Satellitentelefon aus der Tasche und schaltete es ein.
    »Antworten Sie, verdammt noch mal!«
    Er nahm ihr die Baseballmütze vom Kopf und stopfte sie in ihren Mund. Bei so viel Dschungel über ihren Köpfen konnte er kein deutliches Signal empfangen. Er packte Linda am Arm und zog sie etwa fünfzig Meter weit hinter sich her bis zu einer Lichtung. Hier stieß er sie ins Gras und ließ sich ihr gegenüber auf den Boden sinken. Er blickte auf sein Telefon und stellte fest, dass er bereits am frühen Morgen eine E-Mail erhalten hatte.
     
    Eine Planänderung, mein Freund. Wie Sie wissen, wollte ich für unsere Suche die amtlichen Kanäle nutzen. Die Corporation zu engagieren, war eine riskante Entscheidung. Meine Verhandlungen haben sich schließlich ausgezahlt. Ich habe mit einem hohen Beamten Myanmars ein ziemlich teures Arrangement getroffen, dass ein Trupp Soldaten zum Kloster geschickt wird. Sie wissen, wer Sie sind. Gemeinsam sollten Sie eigentlich in der Lage sein, das Team der Corporation auszuschalten und die Mission abzuschließen.
     
    Smith kratzte sich an seinem unrasierten Kinn. Das änderte allerdings alles und erklärte auch, weshalb der Hubschrauber zum genau richtigen Zeitpunkt erschienen war. Es bedeutete weiterhin, dass das erste Team, das in den Dschungel geschickt worden war, wahrscheinlich von Schmugglern und nicht von der Armee angegriffen wurde. Sie hatten also einfach nur Pech gehabt.
    Smith schrieb seine Antwort:
     
    Ich wünschte, ich hätte Ihre E-Mail eher gelesen. Ich bin während der vergangenen Nacht vor der Patrouille geflüchtet. Nichts passiert. Übrigens habe ich sie. Cabrillo und ein anderer wurden gefangen genommen. Ich habe ihre Frau. Gefesselt und geknebelt. Instruktionen?
     
    Eine knappe Minute verstrich, ehe die Antwort auf dem Display erschien:
     
    Ich wusste, Sie schaffen es! Und drei Angehörige der Corporation gleichzeitig aus dem Verkehr gezogen. Interessant. Offenbar hält das Orakel sie für besser, als sie sind. Offenbar sind sie nicht mehr gefährlich. Was ist mit dem anderen Team, das ich losgeschickt habe?