Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
geheimen Projekt, bei dem es um die Aufstellung einer aus kolumbianischen Soldaten bestehenden Söldnerarmee für die Regierung der VAE ging – eine Armee, die sie zur Niederschlagung von Unruhen im Inland und möglicherweise sogar zur Abschreckung iranischer Angriffe einsetzen könnte – , betrieb Prince zusammen mit einer Gruppe südafrikanischer Söldner den Aufbau einer Antipiraten-Einheit im nördlichen Somalia.
Die Piraten, die am Horn von Afrika Schiffe auf dem Weg aus dem und in den Persischen Golf kaperten, bereiteten den VAE zunehmend Sorgen, und so entwickelten Regierungsbeamte der Emirate gemeinsam mit Prince eine neue Strategie zu ihrer Bekämpfung: Statt die Piraten auf hoher See herauszufordern, könnte man, so die Idee, doch eine neue Miliz aufstellen, um die Piraten direkt in ihren Schlupfwinkeln an Land anzugreifen. Prince, der vor keiner Herausforderung zurückschreckte, traf sich mit Vertretern einer privaten südafrikanischen Sicherheitsfirma namens Saracen International, deren Boss Lafras Luitingh zu Zeiten der Apartheid für das berüchtigte Civil Cooperation Bureau ( CCB ) gearbeitet hatte. Das zu den südafrikanischen Special Forces gehörende CCB war auf die Ermordung und Einschüchterung schwarzer Apartheidgegner spezialisiert gewesen, und nach dem Sturz des Regimes fanden viele ehemalige CCB -Agenten in den zahlreichen afrikanischen Bürgerkriegen ein neues und lukratives Betätigungsfeld. Die nun anvisierte Antipiraterie-Operation war für Luitingh und seine südafrikanischen Söldner nur eines von vielen verdeckten Projekten in einem Teil der Welt, der international nach wie vor weitgehend ignoriert wurde.
Außer in privaten Sicherheitsfirmen befasste man sich inzwischen auch im Joint Special Operations Command des US -Militärs intensiver mit dem Gedanken an einen Geheimkrieg gegen die militanten Islamisten in Somalia. In Washington diskutierte JSOC -Kommandeur Admiral William McRaven mit Politikern und Beamten über die Möglichkeit, eine offizielle Task Force der Spezialeinsatzkräfte für Somalia einzurichten, eine Maßnahme, die er auch schon für den Jemen angeregt hatte. Die neue Truppe sollte sich am Vorbild der Task Force im Irak orientieren, die die dortige Qaida-Zelle mit so durchschlagendem Erfolg bekämpft hatte: »Snatch-and-grab«-Operationen der Navy SEAL s in von al-Shabaab gehaltenen Territorien mit anschließenden Verhören der Gefangenen, um der Gruppe auf diese Weise das Genick zu brechen.
Im Vergleich zum Jemen oder Pakistan war Somalia ein sowohl einfacheres wie auch schwierigeres Umfeld für einen verdeckten Krieg. Anders als im Jemen und in Pakistan gab es in Somalia keine Zentralregierung, mit der die Amerikaner hätten zusammenarbeiten und auch keinen lokalen Geheimdienst, der al-Shabaab hätte infiltrieren können. Aus demselben Grund aber blieben der USA in Somalia die üblichen Scherereien wegen irgendwelcher offizieller Genehmigungen erspart, bevor man eine gezielte Tötungsoperation durchführen konnte. Hier gab es keinen Ali Abdullah Saleh oder Pervez Musharraf, die man hofieren musste, und ebensowenig musste man geheime Bargeldzahlungen für das Recht leisten, in einem anderen Land Krieg führen zu dürfen. Somalia war, wie es ein an den Planungen von Aktionen am Horn von Afrika beteiligter hochrangiger Militäroffizier formulierte, »eine einzige große ›Feuer frei‹-Zone.«
Doch die JSOC -Vorschläge stießen in Washington auf wenig Gegenliebe. Die tragische Black-Hawk-Down-Episode lastete immer noch schwer auf jeder Diskussion um Antiterroreinsätze in Somalia, und schlussendlich wies das Weiße Haus McRavens ehrgeizige Pläne zurück und beharrte darauf, dass jede militärische Operation in Somalia von Präsident Obama persönlich abgesegnet werden müsse. Die Anwälte der Regierung stellten sogar infrage, ob al-Shabaab, eine Gruppe, die bislang keine Terrorakte gegen die Vereinigten Staaten ausgeführt hatte, überhaupt ein legitimes Ziel sei. Stellten die Kämpfer eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA dar, oder waren sie nicht doch nur eine lokale Miliz, die Washington getrost ignorieren konnte?
In der Tat fiel es einem gelegentlich schwer, die Gruppe ernst zu nehmen. Während al-Shabaab einerseits Mogadischu unter die Knute eines strikten Scharia-Rechts zwang und Dieben die Hände abhacken und Ehebrecherinnen steinigen ließ, machte sie andererseits durch launige und zum Teil regelrecht absurde Aktionen auf sich aufmerksam.
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