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Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)

Titel: Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Mazzetti
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ein enges Verhältnis zu dem inzwischen zum Armeechef aufgestiegenen ehemaligen ISI -Direktor aufgebaut. Die beiden Männer unterhielten sich oft bis spät in die Nacht hinein über die prekäre Sicherheitslage Pakistans in einer von Indien, China und Russland dominierten Region, wobei der Kettenraucher Kayani die Pausen zwischen den einzelnen Gängen dazu nutzte, seinem Laster zu frönen. Auf den Flügen nach Islamabad hatte Mullen sich die Zeit mit der Lektüre von Gandhi: Um Mitternacht die Freiheit vertrieben, dem 1975 erschienen Klassiker über den Unabhängigkeitskampf Indiens gegen das Britische Empire und die Abspaltung Pakistans. Ein Mitglied von Mullens Entourage meinte sogar, dass die beiden Männer von hinten betrachtet sich zum Verwechseln ähnlich sahen – in etwa dieselbe Größe, dieselbe Haarfarbe, die gleiche zerknitterte Khaki-Uniform, dieselbe etwas schwerfällige Gangart – , sie unterschieden sich nur durch den Zigarettenrauch, der von dem pakistanischen General aufstieg.
    Von einem Telefon außerhalb des Situation Room rief Mullen Kayani an und setzte ihn von den Ereignissen der letzten Stunden in Kenntnis.
    In groben Zügen wusste Kayani bereits Bescheid. Eine gute Stunde nach Mitternacht hatte ihn der Leiter des Militärgeheimdiensts angerufen und über den Absturz eines Hubschraubers in Abbottabad informiert. Daraufhin hatte Kayani, der im ersten Moment an einen indischen Angriff auf Pakistan dachte, seinem Luftwaffenchef unverzüglich befohlen, den pakistanischen Luftraum zu sperren, und kurze Zeit später stiegen zwei pakistanische F-16-Kampfflugzeuge in den Nachthimmel auf, um Jagd auf die Eindringlinge zu machen.
    In dem in angespannter Atmosphäre geführten Gespräch berichtete Mullen, dass amerikanische Soldaten in ein privates Anwesen in Abbottabad eingedrungen waren und Bin Laden getötet hatten. Bei der Aktion, fuhr er fort, sei ein US -Hubschrauber abgestürzt. Anschließend sprach Mullen einen Punkt an, der im Weißen Haus debattiert wurde, seit man die Bestätigung von Bin Ladens Tod erhalten hatte: Sollte Präsident Obama noch in dieser Nacht eine öffentliche Erklärung zu der Aktion abgeben oder damit bis zum nächsten Tag warten? In Islamabad dämmerte es bereits, und Kayani sagte zu Mullen, Präsident Obama sollte so schnell wie möglich an die Öffentlichkeit gehen, und sei es nur, um zu erklären, warum am Rand einer kleinen Stadt mitten in Pakistan ein abgestürzter US -Hubschrauber lag, aus dem Flammen schlugen. Nach ein paar Minuten war das Gespräch vorüber, und Mullen kehrte in den Situation Room zurück.
    Kayani, als Oberkommandierender des pakistanischen Militärs faktisch der mächtigste Mann des Landes, stand vor der schlimmsten Krise in seiner langen Laufbahn. In den nächsten Tagen würden die führenden Generäle des Landes über ihn herfallen, weil er den USA erlaubt hatte, die pakistanische Souveränität zu verletzten. Im Gespräch mit Mullen hatte Kayani dennoch einen versöhnlichen Tonfall angeschlagen, schließlich war Bin Laden gerade einmal einen guten Kilometer von der führenden pakistanischen Militärakademie entfernt getötet worden. Sollte er Mullen jetzt attackieren, so seine Überlegung, könnte das die Amerikaner nur in ihrem Verdacht bestätigen, dass die pakistanische Regierung Terroristen Unterschlupf gewährte, und so einen dauerhaften Bruch zwischen den beiden Ländern provozieren. Der General, ein stolzer Mann auf dem Gipfel seiner militärischen Karriere, sah sich vor die wenig angenehme Wahl zwischen zwei Übeln gestellt: Entweder er setzte sich dem Verdacht aus, Osama Bin Laden geholfen zu haben, oder aber er riskierte, als inkompetent abqualifiziert zu werden, weil er nicht hatte verhindern können, dass der meistgesuchte Mann der Welt sich praktisch direkt unter seiner Nase mitten in Pakistan verkrochen hatte. Am Ende entschied er sich für Letzteres.
    Tatsächlich hatte sich zum Zeitpunkt von Bin Ladens Tod so gut wie alles, was von den einstmals produktiven Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Pakistan noch übrig geblieben war, in Luft aufgelöst. Die Raymond-Davis-Affäre hatte das Verhältnis zwischen Panetta und General Pasha, dem ISI -Direktor, nachhaltig vergiftet, und in Washington ging die Zahl derjenigen in der Obama-Administration, die auf bessere Beziehungen zu Islamabad drängten, gegen null. Cameron Munter von der US -Botschaft in Islamabad schickte praktisch täglich neue Berichte über die negativen

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