Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
einen Schlag zu töten. Obwohl die US -Geheimdienste nicht ermitteln konnten, wo genau die beiden Lastwagen sich befanden, war Generalsstabschef Mullen überzeugt, dass es dem ISI mit seinen historisch guten Kontakten zu den Haqqanis ein Leichtes sei, den Terroristen, sollten sie tatsächlich einen Anschlag planen, das Handwerk zu legen. Spätestens am 9. September brachen die Lastwagen in Richtung afghanische Grenze auf, und bei einer Visite in Islamabad forderte US -General John Allen, Kommandeur der ISAF -Truppen in Afghanistan, Kayani auf, sie aufzuhalten. Kayani erwiderte, er werde umgehend »einen Anruf tätigen«, um einen eventuell geplanten Angriff zu verhindern, ein Angebot, das bei Allen ziemliches Stirnrunzeln auslöste, deutete es doch auf enge Verbindungen zwischen den Haqqanis und dem pakistanischen Sicherheitsapparat hin.
Dann, am Vorabend des zehnten Jahrestags der Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon, fuhr einer der beiden Lastwagen vor der Außenmauer einer US -Militärbasis in der ostafghanischen Provinz Wardak vor, und der Fahrer zündete den in dem Lkw versteckten Sprengsatz. Die Explosion sprengte eine breite Lücke in die Mauer und verwundete über siebzig auf der Basis stationierte US -Marines, und noch eine halbe Meile entfernt wurde ein achtjähriges Mädchen von einem in die Luft geschleuderten Metallsplitter getötet.
Der Angriff versetzte Mullen in höchste Rage und brachte ihn endgültig zu der Überzeugung, dass es General Kayani nicht ernst mit seiner Zusicherung war, die Verbindungen des pakistanischen Militärs zu militanten Gruppen wie dem Haqqani-Netzwerk einzuschränken. Das sahen andere hochrangige US -Beamten zwar schon seit Jahren so, doch Mullen hatte geglaubt, Kayani sei ein pakistanischer General von einem anderen Schlag, einer, der die engen Beziehungen des ISI zu den Taliban, zum Haqqani-Netzwerk und zur Lashkar- e-T aiba für nichts Geringeres als einen Selbstmordpakt hielt. Der Anschlag in Wardak jedoch war auch für Mullen der Beweis, dass Pakistan ein falsches und überdies tödliches Spiel trieb.
Nur Tage nach dem Selbstmordattentat – und unmittelbar nachdem das Haqqani-Netzwerk einen weiteren schweren Anschlag verübt hatte, dieses Mal auf die amerikanische Botschaft in Kabul – begab sich Admiral Mullen auf den Capitol Hill, um vor dem Kongress seine abschließende Aussage als Vorsitzender der Vereinigten Stabschefs abzugeben. Ungeachtet der Bemühungen von Vertretern des Außenministeriums, Mullen in den Stunden vor seinem Auftritt vor dem Streitkräfteausschuss des Senats zur Zurückhaltung zu bewegen, nahm der Admiral kein Blatt vor den Mund.
Der Aufstand in Afghanistan, erklärte er vor dem Ausschuss, werde von pakistanischen Agenten gesteuert, an deren Händen das Blut der vielen ermordeten amerikanischen Soldaten und afghanischen Zivilisten klebte. »Das Haqqani-Netzwerk«, sagte Mullen, »agiert als ein verlängerter Arm des pakistanischen Geheimdiensts Inter-Services Intelligence.«
Zu keinem Zeitpunkt der wechselhaften Beziehungen zwischen Amerika und Pakistan seit den Anschlägen vom 11. September 2001 hatte ein amerikanischer Spitzenbeamter öffentlich derart direkte Anschuldigungen erhoben. Dass diese gerade von Admiral Michael Mullen kamen, der in pakistanischen Militär- und Regierungskreisen als einer der wenigen in Washington noch verbliebenen Freunde Pakistans galt, verlieh der Aussage noch mehr Gewicht. Mullens Äußerungen trafen die Generale in Pakistan schwer, und ganz besonders seinen alten Freund, General Ashfaq Parvez Kayani.
Ihre Freundschaft war Geschichte; seit Mullens Aussage vor dem Kongress haben die beiden Männer nicht mehr miteinander gesprochen. Jeder fühlte sich vom anderen verraten.
Einige Tage nach Osama Bin Ladens Tod erhielt Doktor Shakil Afridi einen dringenden Anruf von Sue, seiner CIA -Agentenführerin. Pakistan wurde immer noch von den Nachbeben der amerikanischen Kommandoaktion erschüttert, und seit die Navy SEAL s das Haus in Abbottabad gestürmt hatten, hatte Afridi nichts mehr von der CIA gehört. Nachdem immer mehr Einzelheiten der Operation an die Öffentlichkeit gesickert waren, war Afridi aufgegangen, warum die CIA ihn nach Abbottabad geschickt hatte, warum er sich bei seiner Arbeit auf Bilal Town hatte konzentrieren sollen und warum sie so sehr an dem Haus an der Pathan-Straße interessiert gewesen war. Sue wies Afridi an, sofort nach Islamabad zu kommen und sich an einer ihrer
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