Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Pakistan, die nur einen Monat nach der Vorlage von Helgersons Bericht erfolgte, erblickte die CIA ihre neue Zukunft: eine Zukunft, in der sie nicht mehr den Gefängniswärter der Staatsfeinde geben, sondern eine militärische Organisation sein würde, die sie ausmerzen könnte.
Jose Rodriguez versuchte 2004 sogar, ein vom CTC in den ersten Monaten nach den Anschlägen vom 11. September in Angriff genommenes, dann aber doch nicht weiterverfolgtes Tötungsprogramm zu reaktivieren, das vorsah, paramilitärische Eingreifteams aufzubauen, die rund um die Welt, von Europa über den Nahen Osten bis nach Südasien, Terrorverdächtige töten sollten. Als Rodriguez und sein CTC -Kollege Enrique Prado im Dezember 2001 den Plan im Weißen Haus vorstellten, hatte Vizepräsident Dick Cheney ihnen grünes Licht erteilt. Im Gegensatz zu dem, was die Leute in den Kinos zu sehen bekamen, unterhielt die CIA kein eigenes Killer-Kader, und das von Rodriguez und Prado angeregte Programm hätte die Agency ein gutes Stück näher an ihre aufgemotzte Hollywood-Version gebracht. Aber George Tenet hatte keine einzige Freigabe für eine Mission erteilt und das Programm war vorerst auf Eis gelegt worden.
Wie Rodriguez war Prado ein Veteran aus der Lateinamerikaabteilung der CIA und hatte er eine führende Rolle im Krieg der Contras gegen das sandinistische Nicaragua in den 1980er-Jahren gespielt. Prado, der 1996 zum Counterterrorist Center gestoßen war, hatte in den Monaten nach den Anschlägen vom 11. September als eine Art Tutor Rodriguez in die Qaida-Materie eingearbeitet. Nach dem Meeting mit Cheney im Dezember 2001 war Prado die Verantwortung übertragen worden, CIA -Agenten zum Training für die Tötungsmissionen zu rekrutieren.
Zu dem Zeitpunkt, da Rodriguez 2004 entschied, das Programm wiederzubeleben, hatte sein enger Freund Prado die Agency bereits verlassen und bei Blackwater USA angeheuert, einer privaten Militärfirma, die sich gerade – ausgestattet mit vielen Millionen Dollar vom State Department, dem Pentagon und der CIA – inmitten einer dramatischen Expansion befand. Und so verfiel Rodriguez auf eine erstaunliche Lösung: Er beschloss, das Tötungsprogramm an Blackwater auszulagern.
Blackwater-Gründer Erik Prince, der sowieso schon zu den speziellen Lieblingen der Bush-Regierung zählte, war darauf aus, noch tiefer in das amerikanische Geheimdienstestablishment vorzustoßen. Prince hatte die Bühne zum bestmöglichen Zeitpunkt betreten. Der CIA fehlte es an ausreichend Personal für den Betrieb ihrer großen Geheimstationen in Kabul und Bagdad, und so heuerte die Agency die privaten Blackwater-Sicherheitsleute für geheime Missionen an – vom Schutz von CIA -Beamten über Informationsbeschaffung bis hin zu »Snatch-and-grab«-Operationen, also der Entführung von Zielpersonen, die bislang voll ausgebildeten CIA -Agenten vorbehalten gewesen waren. Irgendwann ließ die CIA in Pakistan sogar Predator- und Reaper-Drohnen von Blackwater-Leuten mit Bomben und Raketen beladen.
Prince lud regelmäßig Spitzenbeamte der CIA zum Kentucky Derby ein oder hinunter in das Blackwater-Hauptquartier im Great Dismal Swamp im Osten von North Carolina, wo sie auf dem weitläufigen Ausbildungsgelände der Firma einen Tag lang nach Herzenslust herumschießen durften. Und mit dicken Gehaltsschecks warb er der CIA mehrere Topleute ab, darunter Cofer Black, den ehemaligen Leiter des Counterterrorist Center, und eben Prado – der jetzt als Blackwater-Mitarbeiter die Möglichkeit hatte, an die Regierung Programme zu verkaufen, die er noch in seiner Zeit bei der CIA entwickelt hatte.
Für Prince war die Auslagerung – das Outsourcing – des Kriegs nichts neues, sondern lediglich die Weiterentwicklung eines jahrhundertealten Phänomens. Bei einem Besuch in Langley stellte er hochrangigen CIA -Beamten Blackwaters neue »Schnelle Eingreiftruppe« vor, eine Kampfeinheit, die die CIA zur Durchführung paramilitärischer Aufgaben in den entlegeneren Teilen der Welt heranziehen konnte. Prince eröffnete die Präsentation mit einer vollmundigen Feststellung: »Von den ersten Tagen der amerikanischen Republik an«, verkündete er, »hat unsere Nation Söldner zu ihrer Verteidigung eingesetzt«, doch am Ende lehnte die CIA den Plan ab.
Der Ruf für rücksichtloses Vorgehen, der Blackwater anhaftete und durch einen Vorfall im September 2007 noch weiter zementiert wurde, als Blackwater-Leute an einem Verkehrskontrollpunkt in Bagdad siebzehn Iraker
Weitere Kostenlose Bücher