Killing God
denn die ganze Fragerei …ich meine, verdammt, wieso fragen die mich so nach meinem Dad aus? Was treiben die mit mir?
(i think you’re crawling up my spine)
Ich seh Mel an
(want you to stay)
und dann Taylor
(don’t want you to stay)
und Taylor sagt: »Hatte er irgendwas vor?«
»Was vor?«
»Ja«, sagt sie grinsend und tippt sich an die Nase. »Du weißt schon … was
vor
?«
»Was denn vor?«
»Sag du’s mir.«
Ich starr sie an und bin sie endgültig leid, alles an ihr: ihr langes Gesicht, ihre blondie-blonden Haare, ihre dämlichen roten Lippen, ihre zu blauen Wimperklimper-Augen. Auch ihre Stimme geht mir total auf die Nerven. Sie redet wie ein Seevogel mit schwerer Bronchitis –
ack ack yackack ack.
»Was haste?«, fragt sie mich jetzt.
(Wackacka?)
»Haste ’n Problem oder was?«
(Ackacka packa ackackack?)
»Ja«, sag ich, während ich sie noch immer anstarr. »Ich hab ein Problem.«
»Ja?«
Wahrscheinlich will ich gerade noch mal »Ja« sagen, aber eh ich die Chance hab, stößt Mel sie leicht mit dem Ellenbogen in die Seite und sagt: »Lass gut sein, Taylor.«
»Ich will doch nur –«, fängt Taylor an.
»Ja, ich weiß«, sagt Mel dazwischen und schneidet ihr das Wort ab.
Taylor wirkt einen Augenblick sauer, aber dann zuckt sie bloß mit den Schultern und wirft Mel die Schachtel Zigaretten zu. Mel fängt sie, nimmt eine raus und zündet sie an.
»Ich muss mal pinkeln«, sagt Taylor zu mir und steht auf. »Wo ist denn bei euch das Klo?«
»Unten, am Ende vom Flur, auf der rechten Seite.«
Sie geht aus dem Zimmer und richtet beim Rausgehen mit dem Daumen den Träger von ihrem BH. Ein paar Sekunden später springen Jesus und Mary vom Bett und rennen ihr nach, die Treppe runter. Ich überleg, ob ich ihr hinterherrufen soll: Mach dir keine Gedanken wegen den Hunden, Taylor, sie verfolgen dich nicht, die müssen nur raus, Gassi. Braucht dich gar nicht zu kümmern, die gehen einfach durch die Hundeklappe in den Garten. Doch bis ich es mir überlegt hab, ist Taylor schon unten und die Hunde kümmern sie wahrscheinlich sowieso einen Dreck.
Und auf einmal bin ich mit Mel allein
(i think you’re crawling up my spine)
und ein paar Sekunden herrscht ein merkwürdig peinliches Schweigen zwischen uns. Es ist so ein Schweigen, das entsteht, wenn man plötzlich mit jemandem allein ist, der einemdas Gefühl gibt, idiotisch schüchtern zu sein. Wir sitzen beide nur da (ich an meinem Schreibtisch, Mel auf dem Bett) und wissen nicht recht, was wir tun sollen (obwohl wahrscheinlich nur ich nicht weiß, was ich tun soll). Und das Schweigen wird immer größer …
Bis Mel schließlich an ihrer Zigarette zieht und sagt: »Mach dir keine Gedanken wegen Taylor. Sie meint’s nicht so. Die muss einfach nur …«
»Einfach nur was?«
Mel lächelt. »Raushängen lassen, dass sie Taylor ist.«
Ich bin mir nicht ganz sicher, was das heißt, aber ich lächle und nicke, als ob ich es wüsste.
Mel lehnt sich zurück und reibt sich den Nacken. »Und«, fragt sie, »das Projekt, was du machst, das mit den Bibeln … worum geht’s da?«
Projekt?
, denk ich einen Moment.
Was denn für ein Projekt?
Aber dann kapier ich, was sie meint, und muss mir schnell eine Antwort überlegen. »Ach so, das Projekt. Ja … also, das ist eigentlich nichts, geht nur um Gott, weißt du … Altes Testament und so. Hab noch gar nicht richtig mit angefangen.«
Mel nickt. »Und was denkst du darüber? Ich mein, über das Ganze mit der Religion … über Gott, über Jesus, über Priester und Pfaffen und so?«
Ich seh sie an und begreif plötzlich, dass ich in meinem Zimmer sitz und mit Mel Monroe über Gott rede.
Frage:
Wie unwahrscheinlich ist das?
Antwort:
Sehr.
»Mein Bruder …«, sagt Mel sehr leise.
»Was?«
Sie schüttelt den Kopf. »Nichts.«
»Ich wusste gar nicht, dass du einen Bruder hast.«
»Hab ich auch nicht.«
Ich seh sie an und kapier nicht, was da gerade läuft. Sie sagt eine Weile nichts, sondern sitzt nur da, starrt blind auf den Boden, als ob sie völlig allein wär … und dann, ganz plötzlich, zittert sie irgendwie – so ein kurzes, vorübergehendes Zittern am ganzen Körper – und das scheint sie wieder rauszubringen (aus was auch immer). Sie nimmt einen tiefen Zug von der Zigarette und stößt dann seufzend den Rauch wieder aus.
»Egal«, sagt sie und ihre Stimme klingt plötzlich kalt. »Kannst du jetzt mal die Musik abstellen? Die geht mir langsam echt auf die Titten.«
Ich zuck mit
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