Killing time
bis halb sieben abends doch wenigstens unter dreißig Grad sinken. Aber selbst wenn es zur Nacht kühler wurde, sorgte die hohe Luftfeuchtigkeit immer noch dafür, dass sich die Luft wie ein Dampfbad anfühlte.
Robyn blieb auf dem Gehweg stehen, um ein kleines Steinchen aus ihrer linken Sandale zu holen, den sie sich auf dem Kiesweg im Hinterhof eingefangen haben musste, da sah sie Scotty Joe Walters vorbeifahren. Er hob die Hand und winkte ihr zu. Sie winkte zurück. Na, wenn das kein Prachthengst
ist.
Früher oder später musste sie ihn mal probereiten, aber zurzeit jonglierte sie schon mit zwei Affären parallel – Paul und Brandon. Die Geschichte mit Brandon neigte sich allerdings dem Ende zu. Dieser Tage trafen sie sich immer seltener, was beiden ganz recht zu sein schien. Außerdem hatten sie beide nicht vor, sich auf ausschließlich eine Affäre zu beschränken. Paul hingegen klammerte für Robyns Geschmack ein wenig zu stark. Dabei gab sie der Liaison keine zwei Monate mehr. Auch wenn Paul reich und gutaussehend war – also gleich zwei der Eigenschaften aufwies, die sie an einem Mann schätzte –, im Bett gab er nicht allzu viel her. Ihm lag weit mehr daran, dass er auf seine Kosten kam, als dass sie befriedigt war. Und zu allem Überfluss wollte er dauernd von ihr hören, wie großartig er war. Was für ein anstrengender Langweiler!
Wenn sie ehrlich sein sollte, müsste sie zugeben, dass sie Ron Hensley vermisste. Er war ihr bester Liebhaber gewesen, seit sie wieder in Adams Landing lebte. Nur liebte er die Abwechslung ebenso wie sie. Es gingen Gerüchte um, dass er etwas mit einer verheirateten Frau hatte. Und gleich mehrere Namen waren gefallen, einschließlich Amber Claunch, die Frau des Leichenbeschauers, und Abby Miller, die den Schönheitssalon Kut and Kurl betrieb. Robyn kannte beide Frauen gut genug, um zu wissen, dass keine von ihnen eine treue Ehefrau war.
Als Robyn sich der Buchhandlung näherte, beschloss sie, hineinzugehen, sich einen Eiskaffee zu bestellen und im neuesten
Glamour
-Magazin zu blättern. Sobald sie durch die Tür getreten war, umfing sie angenehm kühle Luft, und sie seufzte genüsslich. Ein paar Schritte vor dem abgetrennten Café blieb sie jedoch stehen, denn sie hatte Reverend Matthew Donaldson entdeckt, der an einem der kleinen Tische am Fenster saß. Leider hatte er sie auch gesehen, bevor sie sich umdrehen und in den hinteren Ladenteil eilen konnte, und winkte ihr lächelnd zu.
»Guten Abend, Robyn«, begrüßte er sie und stand auf.
O Gott, sie wollte keine einzige Minute in der Gesellschaft dieses enervierend langweiligen Mannes verbringen! Auf der Kanzel war er wortgewandt, feurig und brillant. Und wenn man ihn ansah – lockiges, dunkles Haar, sexy blaugraue Augen und ein Körper zum Dahinschmelzen –, würde man niemals darauf kommen, wie unbeholfen und fade er privat sein konnte.
Sie lächelte und winkte ihm zaghaft zu.
»Möchten Sie sich nicht zu mir setzen?«, fragte Matthew.
Jesses, wie lehnte man in der Öffentlichkeit die Einladung eines Pfarrers ab? Auf einmal entdeckte Robyn ihre Rettung. Gott sei Dank. An einem der hinteren Tische saß ihr Retter bei einer Tasse Kaffee, vollkommen vertieft in ein Buch. Er war die Antwort auf ihre Gebete. Raymond Long.
Robyn ging ein paar Schritte auf Matthew zu. »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Reverend Donaldson. Ich würde mich gern zu Ihnen setzen, aber leider kann ich nicht. Ich bin schon mit jemandem verabredet.«
Sie zeigte auf den Tisch im hinteren Ladenteil. Raymond schien gar nicht zu bemerken, dass sie da war, aber davon ließ sie sich nicht abhalten. Sie rauschte zielstrebig an Matthew vorbei auf Raymond zu. Als sie an seinem Tisch ankam, blieb sie stehen. Er las weiter.
»Raymond, Liebster, tut mir leid, dass ich zu spät bin.« Robyn legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte sie. »Bestell mir einen Eiskaffee, ja? Mir ist heiß und ich sterbe vor Durst.« Als hätte er sie tatsächlich erwartet, klappte Raymond sein Buch zu, legte es auf den Tisch, nahm die goldgerahmte Brille ab und winkte nach dem Kellner.
Dann fasste er ihre Hand, hob sie an seinen Mund und küsste sie.
»Auf dich zu warten macht mir nie etwas aus«, sagte er.
Robyn setzte sich auf den Stuhl neben ihm, schmiegte sich an seine Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: »Tausend Dank. Ich schulde dir was.«
Raymond zuckte mit den Schultern. »Ein bestimmtes Aroma?«
»Wie?«
»In deinem Eiskaffee.« Er nickte dem
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