Killing time
Todesangst.«
»Wir sollten Bernie und Jim in Ruhe essen lassen, Mom.« Robyn hakte Brenda unter und führte sie aus der Küche.
Raymond stand auf. »Ich sehe mal nach, ob Robyn meine Hilfe braucht.«
Als sie allein in der Küche waren, sahen Bernie und Jim sich an, doch keiner von ihnen sagte etwas. Was konnten sie auch sagen? Schweigend saßen sie da und aßen. Obwohl Bernie gewöhnlich alles liebte, was Brenda kochte, besonders das frische Sommergemüse, das niemand so zubereiten konnte wie Brenda Granger, musste sie sich heute Abend zwingen, davon zu essen. Wie ihre Mutter, konnte auch Bernie nichts dagegen tun, dass ihre Gedanken immer wieder auf ein gefährliches Terrain abschweiften: Sie malte sich das Schlimmste aus. Wo war Abby Miller gerade? Und was geschah mit ihr?
Bernie stöhnte leise, als Bilder von Abbys nackter Leiche in ihrem Kopf erschienen. Ein Halbmond aus getrocknetem Blut verlief quer über ihren Hals, und leuchtend rotes Blut tropfte von ihren Brüsten.
»Hör auf«, sagte Jim heiser. »Hör sofort auf damit. Hast du mich verstanden?«
»Er wird sie vergewaltigen, sie foltern und sie dann umbringen«, sagte Bernie. »Und wir können nichts, rein gar nichts tun, um ihn davon abzuhalten.«
Jim schob seinen Stuhl zurück, stand auf und ging um den Tisch herum zu Bernie. Dann hockte er sich vor sie hin und zog sie in seine Arme. Sie sank bereitwillig an seine Brust und lehnte den Kopf an seine Schulter. Es kostete sie alle ihr noch verbliebene Kraft, nicht hemmungslos zu schluchzen. Mit ihr in seinen Armen stand Jim auf.
Sein Kinn ruhte an ihrer Schläfe. »Du brauchst dringend etwas Schlaf.« Ohne Vorwarnung hob er sie hoch und trug sie aus der Küche.
Nachdem sie den ersten Schrecken überwunden hatte, schlang Bernie die Arme um Jims Hals. Für einen Moment überlegte sie, ihm zu sagen, er solle sie sofort herunterlassen, er müsste sich ihrer nicht annehmen und sie wäre sehr wohl imstande, zu ihrem alten Zimmer im ersten Stock zu gehen. Aber dazu war sie viel zu müde und zu geschwächt. Außerdem fühlte es sich entschieden zu gut an, in Jims Armen zu liegen, als dass sie sich dem widersetzen wollte.
Als Jim am Wohnzimmer vorbei zur Treppe ging, richteten sich Brendas, Robyns und Raymonds Augen interessiert auf sie.
»Was ist mit Bernie?«, rief Brenda.
»Sie ist müde«, antwortete Jim. »Deshalb bringe ich sie nach oben ins Bett.«
»Aha.« Brenda lächelte.
Während Jim sie die Treppe hinauftrug, schloss Bernie die Augen und blendete alles und jeden aus. Dieser Moment musste genossen und vollständig ausgekostet werden.
»Welches Zimmer?«, fragte er.
»Das zweite rechts. Es ist inzwischen das Gästezimmer.«
Jim schob die Tür auf, trug Bernie zum Bett und legte sie behutsam auf die hintere Hälfte der großen Matratze. Dann zog er ihr die Schuhe und die Strümpfe aus und legte sie neben das Bett. Bernie hatte immer noch die Augen geschlossen und seufzte erschöpft. Wenige Minuten später fühlte sie, wie die Matratze neben ihr nachgab. Verwundert öffnete sie die Augen und sah, dass Jim neben ihr lag.
»Schlaf jetzt, Kleines«, sagte er. »Ich wecke dich in ein paar Stunden.«
»Bleibst du hier bei mir?«
»Ja, wenn es dir nichts ausmacht.«
»Es macht mir nichts aus.«
Nun fielen ihm die Augen zu. Ohne zu sprechen oder sich zu berühren und leise atmend, lagen sie beide da. Dann, nach einer kurzen Weile, drehte Jim sich auf die Seite und legte seinen Arm über Bernies Taille.
Abby hatte keine Ahnung, wo sie war, wie spät es sein mochte oder warum er sie hier in diesem dunklen, modrigen, unterirdischen Raum allein gelassen hatte.
Hier hatte er Stephanie Preston gefangen gehalten, bevor er sie umbrachte. Und Thomasina Hardy war wahrscheinlich an genau dieses Bett gefesselt gewesen.
O Gott, steh mir bei!
Hatte Stephanie Gott um Gnade angefleht? Hatte Thomasina um ihr Leben gebettelt?
Zur Hölle mit ihm! Ich werde nicht zulassen, dass er mich ermordet. Ich wehre mich. Ich kratze ihn, schlage ihn und …
Ron, wo bist du? Warum hast du mich nicht gefunden? Du hast mir versprochen, dass ich in Sicherheit bin. Du hast gesagt, ich soll dir vertrauen.
Das war nicht Rons Schuld. Er konnte ja nicht wissen, wer der Mörder war.
Niemand würde
ihn
jemals verdächtigen. Er war der letzte Mensch auf der Welt, den sie für einen sadistischen Killer halten würden. Sie hatte ihm vertraut und war sicher, dass auch Stephanie und Thomasina ihm vertraut hatten. Jeder in
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