Killing time
Adams Landing tat es.
Abby zerrte an den Fußketten, mit denen sie gefesselt war, dass das Metall in ihre Haut schnitt. Der Schmerz schoss aus ihrem Knöchel durch ihren ganzen Körper. Sie biss die Zähne zusammen und ertrug es, während sie immer hartnäckiger versuchte, sich zu befreien.
Doch irgendwann war sie erschöpft. Ihre Knöchel bluteten, und sie fand sich mit der Tatsache ab, dass sie nicht entkommen und sich nicht weiter als einen knappen Meter vom Bett wegbewegen konnte, gerade weit genug, um an das Waschbecken zu gelangen, aber nicht bis zur Toilette oder zur Dusche. Sie musste hier liegen wie ein gefangenes Tier und warten, bis ihr Entführer zurückkam. Sie war hungrig und musste dringend zur Toilette. Schon wieder. Zweimal hatte sie sich bereits eingenässt, und der durchdringende Gestank von Urin überwog den metallenen Geruch ihres Bluts.
Auch wenn du in einem entsetzlichen Zustand bist, sei dankbar. Wenn er erst wiederkommt, weißt du nicht, was er dir noch antun wird. Mach dich darauf gefasst, alles auszuhalten, was passiert, egal wie schrecklich es wird. Überleben ist alles, was zählt.
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24
A bby Millers nackte Leiche wurde fünfzehn Tage nach ihrem Verschwinden in der Nähe eines Campingplatzes am Adams County Park von Wanderern gefunden. Wie die anderen Opfer des
Heimlichen Bewunderers,
war auch sie mehrfach vergewaltigt und gefoltert worden, bevor ihr Entführer ihr die Kehle aufschlitzte. Und er hatte wahrscheinlich dasselbe Messer benutzt wie bei den neun anderen Morden. Jim war nun überzeugter denn je, dass Abby das zehnte Opfer des Wahnsinnigen war, dessen Mordserie vor beinahe sieben Jahren mit Heather Stevens begonnen hatte.
Heute Morgen hatte Jim mit Bernie gesprochen, kurz bevor sie zu Abbys Trauerfeier gefahren war. Die ganze Stadt war in Trauer. Und der gesamte Bezirk stand unter Schock und war außer sich angesichts des dritten Mordes innerhalb kürzester Zeit, der das ruhige, friedliche und sichere Leben aller erschütterte. Jim wünschte, er könnte an zwei Orten gleichzeitig sein, damit er Bernie bei der Trauerfeier beistehen konnte. Sie brauchte jede moralische Unterstützung, die sie bekommen konnte. Sie war nicht nur durch ihr großes Verantwortungsgefühl gegenüber den Bürgern in Hochspannung, sondern ihr setzten auch noch die Gerüchte zu, in denen es hieß, dass der Mörder längst hinter Gittern säße, wäre R. B. noch der Sheriff. Aber sosehr Bernie ihn heute auch gebraucht hätte, war Jim doch sicher, dass er langfristig mehr zur Lösung des bisher unlösbaren Falles beitragen würde, indem er nicht bei ihr war.
Er parkte seinen Mietwagen am Straßenrand vor Hilary Etheridges Haus in Greenville, South Carolina, und dachte an das kurze Telefongespräch mit seiner Vorgesetzten. Vor zwei Monaten noch hatte ihm davor gegraut, Memphis zu verlassen und in Adams Landing zu leben und zu arbeiten. Jetzt aber wurde ihm klar, dass gerade dieser Wechsel womöglich das Beste war, was er in seinem Leben zustande gebracht hatte. Kevin und er bauten eine echte Vater-Sohn-Beziehung auf, und mit Bernie verband ihn eine Freundschaft, die ihm mehr bedeutete, als er sich eingestehen mochte.
»Ich habe Ron für einen Monat freigegeben«, hatte Bernie gesagt. »Er wollte eigentlich nicht, aber …«
»Nein, diese Entscheidung durftest du ihm nicht überlassen. Er ist nicht in der Verfassung, um zu arbeiten. Du hast das Richtige getan. Er braucht dringend Zeit, damit er trauern und wieder einen klaren Kopf bekommen kann.«
»Ich weiß. Ich mache mir nur Sorgen, dass ich ihn irgendwann einsperren muss, damit er sich aus dem Fall heraushält. Er hat geschworen, weiter nach Abbys Mörder zu suchen, unabhängig davon, ob er offiziell an dem Fall arbeitet oder nicht.«
»Lass R. B. mit ihm reden. Und wenn das nicht hilft, sperr ihn einfach für ein paar Tage ein.«
»Ron ist nicht unser einziges Problem.«
»Willst du damit sagen, dass alles den Bach runtergeht, seit ich weg bin? Kleines, ich bin noch keine vierundzwanzig Stunden fort.«
Sie hatte nicht reagiert, und dennoch sah er im Geiste, wie sie lächelte. »Ich habe dir ja gesagt, dass du hier gebraucht wirst.«
»Was ist denn sonst noch?«
»Brandon Kelley hat sich einen Anwalt genommen. Er meint, er wäre es endgültig leid, dass wir ihn jedes Mal belästigen, wenn wir eine Leiche finden.«
»Damit war zu rechnen«, hatte Jim ihr gesagt. »Wäre ich mit allen drei Opfern so gut bekannt gewesen wie
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