Killing time
fiel auf das Bett zurück.
Nachdem sie mehrmals tief durchgeatmet hatte und während sie sich mühte, nicht hoffnungslos hysterisch zu werden, blickte sie sich um.
Du bist nicht lebendig begraben. Gott sei Dank.
Sobald ihr Verstand diese Information verarbeitet hatte, entspannte sie sich ein wenig, gerade genug, um etwas klarer zu denken. Sie musste sich zunächst in Erinnerung rufen, was zuletzt geschehen war, ehe sie ihre gegenwärtige Situation einschätzen konnte.
Mein Gott, nein! Nein, nein, das war nicht möglich.
Er
hatte geschossen –
er
hatte getötet – Blut. So viel Blut. Er war voller Blut gewesen … und sie. Überall auf ihr war Blut gewesen. Sie blickte auf ihr Trikot. Aber das war weg, wie auch das Blut. Sie war nackt.
Sie hatte versucht, sich gegen ihn zu wehren, doch er überwältigte sie mit einer Leichtigkeit, als wäre sie ein hilfloses Kind. Er hatte sie einfach in seine Arme gerissen und ihr einen übel stinkenden Lappen ins Gesicht gedrückt. Danach war alles schwarz.
Was hatte er mit ihr angestellt, woran sie sich nicht erinnerte? Was war als Nächstes passiert? Hatte er sie vergewaltigt, während sie bewusstlos war?
Was er getan hat, ist unwichtig. Du lebst, und nur darauf kommt es an.
Sie erinnerte sich vage daran, wie ihr klar wurde, dass
er
der Mörder war, der sich als
heimlicher Bewunderer
ausgab, und wie sie ihn ungläubig angestarrt und gesagt hatte: »Sie? Nein, Sie doch nicht.«
Neben ihrem Vater, Raymond und Jim war er der letzte Mann auf der Welt, den sie je verdächtigt hätte. War es da ein Wunder, dass niemand in der Lage gewesen war, seine Identität zu lüften? Er war beliebt. Die Leute vertrauten ihm und bewunderten ihn sogar. Er war ein vorbildlicher Mann, ein leuchtendes Beispiel für alle.
Doch welchen Sinn machte es, darüber nachzugrübeln, wie er es geschafft hatte, so viele Menschen über so lange Zeit zu täuschen? Er hatte es fertiggebracht, sie zu entführen, trotz all des sogenannten Schutzes. Jetzt musste sie sich darauf konzentrieren, irgendwie hier herauszukommen – wo immer sich dieses verdammte »Hier« auch befand.
Als sie es erneut versuchte, gelang es ihr, sich aufzusetzen. Sie drehte sich vorsichtig um und nahm die Beine vom Bett. In diesem Augenblick bemerkte sie, dass etwas an ihrem Knöchel befestigt war, und sie hörte das Klirren von Metall, das auf dem Betonboden aufschlug. Sie blickte auf ihre Füße und erkannte einen Metallring, der um ihren einen Knöchel lag und mit einer langen Kette verbunden war, deren anderes Ende unter dem Bett verschwand.
Robyn stand mit Mühe auf und probierte, ein paar Schritte zu gehen. Ein Schritt, zwei, drei, vier, fünf, sechs … autsch! Weiter reichte die Kette nicht, die, wie sie jetzt sah, am Stahlrohr-Bettgestell befestigt war. Ohne das Bett mit sich zu ziehen, kam sie genau bis dahin, wo sie jetzt stand, gleich neben einem schmutzigen, alten WC -Becken.
Der Raum hatte weder ein Fenster noch eine Tür. Keine Fluchtmöglichkeit. Sie saß in der Falle.
Aber er hat mich nicht nur zum Sterben hier eingesperrt. Er wird wiederkommen, um mich zu vergewaltigen, zu foltern und erst dann zu töten, fiel ihr plötzlich mit unermesslichem Grauen ein.
Robyn fiel vor der Toilette auf die Knie, würgte einige Male und übergab sich schließlich, bis ihr Magen vollkommen leer war.
Als das Telefon läutete, nahm Jim das Gespräch auf Leitung eins in der Hoffnung an, es möge der Anruf sein, auf den er schon den ganzen Vormittag wartete. Auf Bernies Anweisung hin benutzte er vorübergehend ihr Büro. Bis ihre Schwester gefunden war, nahm sie unbezahlten Urlaub, um bei ihren Eltern zu sein. Jim wusste, dass es sie eine enorme Überwindung gekostet hatte, sich aus dem Fall zurückzuziehen. Aber sie war eben auch viel zu klug, als dass ihr nicht klar gewesen wäre, wie hinderlich ihre emotionelle Verstrickung bei der Ermittlungsarbeit war. Desgleichen galt für ihren Vater. Bernie hatte Jim mit der Leitung betraut, weil er jahrelange Erfahrung vorweisen konnte und sie wusste, dass er Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, um ihre Schwester zu retten.
Charlie Patterson war draußen und koordinierte die Suche nach Robyn und Scotty Joe. Sie waren sicher, dass Robyn noch am Leben und irgendwo versteckt war, genau wie Abby, Thomasina und Stephanie. Bei Scotty Joe waren sie sich weniger sicher. Alle gingen davon aus, dass der junge Deputy wahrscheinlich tot war. Nur wo war dann seine Leiche?
»Captain
Weitere Kostenlose Bücher