Killing time
die Koffer und einen Laptop auszuladen. Für einen kurzen Moment erwartete Jim beinahe, Kevin würde als Nächstes sein Crossbike aus dem Kofferraum ziehen.
»Ist das alles?«, fragte Jim. »Braucht ihr Hilfe?«
Allen gab Jim einen der Koffer. »Er sollte genug für ein paar Wochen dabeihaben«, sagte Allen. »Falls nicht, kaufen Sie ihm bitte, was er braucht, und schicken Sie mir die Rechnung.«
Jim knurrte etwas, ehe er leise sagte: »Ich kann es mir leisten, meinem Sohn zu kaufen, was er braucht.«
Allen wurde tiefrot. »Entschuldigung. Das hatte ich nicht gemeint. Es ist nur … na ja, nichts für ungut.« Er wandte sich zu Kevin um, der zu ihnen kam und zwischen seinem Vater und seinem Stiefvater stehen blieb. Allen lächelte Kevin zu. »Ich rufe dich morgen an, sobald deine Mom aus dem OP ist. Und sie meldet sich bei dir, sowie sie kann.«
Kevin nickte.
»Sie wird ganz bestimmt wieder gesund.« Allens Lächeln erstarb. »Und du bist wieder bei uns, bevor die Schule anfängt.«
»Ja, klar.« Kevin zuckte mit den Schultern.
»Falls du irgendetwas brauchst …« Allen beendete den Satz nicht.
»Ich komme zurecht«, erwiderte Kevin. »Kümmere du dich um Mom, und mach dir keine Sorgen um mich.«
Jim und Kevin standen auf der Veranda, jeder einen Koffer in der Hand, und sahen Allen Clark nach, als er aus der Einfahrt und die Straße hinunterfuhr.
»Komm rein, dann zeig ich dir erst mal dein Zimmer.« Jim öffnete die Tür und wartete, dass Kevin zuerst hineinging. Er wollte seinen Sohn am liebsten in die Arme nehmen und ihm sagen, wie sehr er sich freute, dass sie zusammenleben würden, zumindest für einige Zeit – und das zum ersten Mal, seit Kevin sechs Jahre alt war. Aber ein Junge von zwölf Jahren wollte wahrscheinlich nicht von seinem Vater in den Arm genommen werden.
Kevin hievte seinen Koffer und seinen Laptop aufs Bett und blickte sich in seinem Zimmer um. Jim stellte den anderen Koffer neben den Schrank und versuchte, das Zimmer mit den Augen seines Sohnes zu sehen.
»Es ist sicher nicht halb so toll wie dein Zimmer in Huntsville«, sagte Jim.
»Es ist okay, Dad, ehrlich.«
»Na, wenigstens hast du ein eigenes Zimmer. In meiner winzigen Wohnung in Memphis musstest du mit mir in einem Raum schlafen.«
»Ja, so ist es besser.«
»Hör mal, Kevin, ich weiß, dass das nicht leicht für dich wird. Du wirst mehrere Wochen mit mir zusammenleben müssen, dabei haben wir nie mehr als ein paar Tage miteinander verbracht, seit du klein warst. Und ich weiß auch, dass du Angst um deine Mom hast. Ich mache mir auch Sorgen um sie. Aber wenn es einen Menschen gibt, der den Krebs erfolgreich in die Flucht schlagen kann, dann ist es Mary Lee. Sie ist eine echte Kämpferin, das war sie immer. Diesen Zug habe ich an ihr immer … gemocht.«
»Es ist nicht fair.«
Kevin sah aus, als trüge er das Gewicht der Welt auf seinen schmalen Schultern, und Jim gäbe alles, wenn er ihm diese Last nur abnehmen und sie für ihn schultern könnte.
»Ich weiß«, sagte er.
»Sie ist wirklich glücklich mit Allen. Und sie hat sich verändert, weißt du? Sie bleibt öfter zu Hause und lacht mehr und …« Kevin schluchzte.
»Deine Mutter wird die Operation überstehen und wieder gesund.«
»Aber es ist Krebs. Krebs! Sie kann die Operation überstehen und trotzdem sterben.«
»Das wird nicht passieren.«
»Wie kannst du so sicher sein? Außerdem weiß ich doch, dass du Mom hasst. Wieso interessiert es dich, ob sie lebt oder stirbt?«
Jim streckte die Arme aus, fasste Kevins Schultern und sah ihm ins Gesicht. »Ich hasse deine Mutter nicht.« Er sah keinen Sinn darin, seinem Sohn zu gestehen, dass er Mary Lee jahrelang gehasst hatte. »Und ich sorge mich um sie, weil sie deine Mutter ist und einmal meine Frau war …«
Tränen glänzten in Kevins blauen Augen. Er hatte Norton-Augen, dieselbe Farbe wie die von Jim und Jims Vater.
Jim drückte ihm liebevoll die Schultern und tat sein Bestes, um seinen Sohn zu trösten. »Du kannst sie jeden Tag anrufen und mit ihr reden. Sie wird von dir hören wollen und wissen wollen, ob es dir gutgeht.«
Kevin schluckte heftig. »Ich kann selbst auspacken und alles wegräumen.«
»Na klar.« Jim verstand, dass sein Sohn eine Weile allein sein und weinen wollte, ohne dass sein Vater ihm dabei zusah. »Pack du aus und richte dich ein, während ich ein paar Anrufe erledige. Anschließend gehen wir zusammen essen. Wie klingt das für dich?«
»Gut.«
Jim nickte, warf Kevin
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