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Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Titel: Kim Novak badete nie im See von Genezareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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pafften, teilten eine Zigarette nach der anderen und warfen uns die leeren Apfelsaftflaschen zu. Mir fiel auf, dass wir uns fast wie ein altes Paar verhielten, das sein ganzes Leben lang zusammen verbracht hat und keinen Grund mehr sieht, sich etwas zu sagen.
    Zumindest keinen besonderen Grund.
    Das war genau betrachtet ein ganz schönes Gefühl.
    ***
    »Denkst du eigentlich öfter über dein Leben nach?«, fragte Edmund plötzlich, als wir mehrere Minuten lang schweigend nebeneinander gelegen und Young World zugehört hatten.
    Einfach die Augen geschlossen, die Musik genossen und die Wellen an die Unterschenkel schwappen gespürt. Young World war fraglos erste Sahne, fast zu vergleichen mit Cotton Fields, der Meinung waren wir beide.
    »Über mein Leben?«, fragte ich. »Wie meinst du das?«
    »Nun ja, wie es nun mal so ist«, meinte Edmund. »Zum Beispiel, wenn man es mit dem anderer vergleicht.«
    »Nein«, erklärte ich. »Darüber denke ich nicht nach.«
    »Oder ob es irgendwie auch anders sein könnte«, fuhr Edmund fort.
    Ich überlegte eine Weile, dann sagte ich:
    »Man hat ja nur ein Leben. Das, das man eben hat. Wozu sollte das gut sein, wenn man sich ein anderes herbeifantasiert?«
    Edmund trank etwas Apfelsaft und kratzte sich auf dem Nasenrücken, was er fast immer tat, wenn er keine Brille aufhatte.
    »Wenn man andere Eltern hätte, oder so.«
    Ich ging nicht darauf ein.
    »Wie geht's eigentlich deiner Mutter?«
    »Sie hat Krebs«, sagte ich nach einer Weile. »Das ist nun mal so.«
    »Wird sie dran sterben?«, fragte Edmund.
    »Das weiß man nicht«, sagte ich.
    »Wir und unsere Mütter«, lachte Edmund.
    »Was meinst du damit?«, hakte ich nach.
    »Irgendwie sind sie gleich«, sagte Edmund. »Deine hat Krebs und meine hat den Schnaps.«
    »Sie sind ganz und gar nicht gleich«, widersprach ich. »Sie sind verdammt verschieden.«
    Ich spürte, wie verunsichert ich war, und Edmund begriff das auch, denn als er weitersprach, klang seine Stimme anders: »Meine Mutter ist in diesem Sommer auf Entzug.«
    Ich wusste nur vage, was das bedeutete.
    »Entzug?«
    »In Vissingsberg«, erklärte Edmund. »Den ganzen Sommer lang. Sie soll lernen, ohne Schnaps zu leben, das hat sie schon ein paar Mal versucht. Deshalb passt es ja so gut, dass ich mit dir hier rausfahren konnte. Wusstest du das nicht?«
    »Nein«, sagte ich. »Und ich weiß auch nicht, was das für eine Rolle spielen soll. Wenn wir uns unterhalten wollen, finde ich, dann sollten wir über etwas anderes reden.«
    »Okay«, sagte Edmund.
    Mir war klar, dass er lieber weiter über seine Alkoholikermutter geredet hätte, aber ich hatte keine Lust dazu.
    Stattdessen lagen wir einfach da und hörten weiter der Sommerhitparade zu. Rauchten die letzte Lucky auf, dann ruderten wir zurück nach Genezareth, um Wurst mit Püree zu
    futtern und uns für den Abend herauszuputzen.
     
    ***
     
    Wir rechneten uns aus, dass wir, wenn wir uns daheim in Genezareth den Magen vollschlugen, zumindest kein kostbares Geld für Würstchen im Lackapark ausgeben müssten. Also verdrückten wir ein ganzes Fünfzehnerpack an Würsten, Edmund aß acht, ich sieben. Sechs Portionen Kartoffelpüree. Hinterher war mir etwas übel, während Edmund behauptete, er sei in Topform. Wir nahmen von der Bootskante aus ein schnelles Bad - der Pontonsteg war damals noch nicht fertig, und vom Ufer aus ins Wasser zu gehen, war ziemlich modrig -, schmierten uns etwas Pomade ins Haar, zogen uns saubere
    Nylonhemden an und machten uns auf unseren Rädern auf den Weg durch den Wald.
    Es waren nicht mehr als fünf Kilometer den Kiesweg entlang von Genezareth bis zum Lackapark, aber wir verfuhren uns ein paar Mal, und so brauchten wir eine Stunde, bis wir endlich da waren.
    Der Frühsommerabend war wie alle Frühsommerabende zu dieser Zeit. Voller Versprechungen und voller Düfte. Flieder, Jasmin und Selbstgebrannter in ausgewogener Mischung. Zumindest um den Lackapark herum. Wir waren uns einig, dass es dumm wäre, drei Kronen für den Eintritt auszugeben, und stellten unsere Räder deshalb ein Stück weiter im Wald ab. Schlossen sie sogar mit einer Kette zusammen, es wäre ja zu blöd, wenn so ein Besoffener sich ein Rad klauen würde und wir dann mitten in der Nacht zu Fuß nach Hause gehen müssten. Man konnte nie wissen.
     
    ***
     
    Vor dem Eingang trafen wir Lasse Schiefmaul, seine Eltern hatten ein Ferienhaus in Sjölycke. Schiefmaul war etwas älter als wir, er hatte die Stavaschule schon vor

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