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Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Titel: Kim Novak badete nie im See von Genezareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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kurzgeschlossenen Makkaronis oben in meinem Kopf -, aber ich blieb sitzen, wo ich war, und zwar ziemlich lange. Erst als Edmund an die Tür klopfte und wissen wollte, ob ich Scheiß-Thrombose hätte eine seltene Krankheit aus dem inneren Medelpad -, zog ich die Badehose hoch und gab auf. Öffnete die Tür und trat wieder in die Welt.
    »Hick«, sagte Edmund und versuchte wie Paul Drake zu lächeln. »Was hältst du von der Lage? Berra Albertsson und so weiter und so weiter.«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte ich.
    »Einen Wahnsinnsbruder hast du«, meinte Edmund, aber es war deutlich zu hören, dass er besorgter war, als er zeigen wollte.
    »Er ist nicht ganz richtig im Kopf«, sagte ich.
    »Hick«, sagte Edmund. »Das riecht nach Ärger.«
    Krebs-Treblinka. fing ich an zu denken, aber ich hatte schon vergessen, wo ich Edmunds Vater zwischengeschoben hatte.
    »Das Beste ist jetzt wohl eine Abkühlung, oder?«, schlug ich vor.
    »Dann man los«, stimmte Edmund zu.
    Wir badeten, bis die Sonne ganz und gar untergegangen war und die Mücken aggressiv am Seeufer summten. Ewa Kaludis und Henry kamen auf den Ponton und probierten ihn aus, und Ewa meinte, dass es eine solide Arbeit zu sein schien.
    Solide Arbeit. Ich lag auf dem Rücken im Wasser und wurde am ganzen Körper rot. Dachte plötzlich daran, wie es wohl heute Nacht werden würde.
    »Genau«, stimmte Edmund zu und spie Wasser wie ein bekloppter Seehund. »Für die Ewigkeit gebaut, hick. Nicht mehr und nicht weniger.«
    Ewa Kaludis lachte.
    »Du bist ein witziger Kerl, Edmund«, sagte sie.
    Dann schob sie ihren Arm unter Henrys, und die beiden gingen wieder ins Haus. Henry, mein Bruder, und Ewa Kaludis. Sie badete nicht, obwohl es ein so heißer Tag war. Vielleicht hatte sie ja keinen Badeanzug dabei.
    Aber den Steg hatte sie angesehen und ausprobiert. Solide Arbeit.
    Bevor meine Mutter an Krebs erkrankte, sagte sie eine Menge sonderbarer Dinge. Genau in den Wochen, bevor sie den Bescheid bekam, vielleicht fühlte sie sich ja damals unglücklich und wollte uns unbedingt ein paar Weisheiten zukommen lassen. Uns ein paar Worte mit auf den Weg geben, bevor es zu spät war.
    Ja, wahrscheinlich war es so.
    »Du bist eine Taube, Erik«, konnte sie einfach so sagen und mich dabei mit ihren sanften, wässrigen Augen ansehen. »Henry ist der Adler, er kommt immer klar. Aber auf dich müssen wir aufpassen, und auch du selbst musst vorsichtig sein.«
    Genau diese Worte fielen mir ein, als es Edmund und mir klar wurde, dass Henry ein Verhältnis mit Ewa Kaludis hatte. Dass er tatsächlich mit ihr zusammen war. Ich dachte über das mit der Taube und dem Adler nach und kam zu dem Schluss, dass es, wenn man Berra Albertsson mit in Betracht zog, sicher von Vorteil war, dass Henry ein Raubvogel war. Denn wenn Berra von dem Verhältnis zwischen seiner Ewa und meinem Bruder Wind bekam, dann würde sicher so manches geschehen. Davon ging ich zumindest aus, aber mir war natürlich auch vollkommen klar, welch blutiger Amateur ich war, wenn es um die Labyrinthe der Liebe ging.
    Und Edmund war zweifellos keinen Deut besser. Nicht einen Deut.
    Die Liebe ist wie ein Zug, hatte ich Bennys Mutter mal sagen hören. Sie kommt und geht. Ich dachte darüber nach. Vielleicht war ja etwas Wahres dran, man konnte das nicht so einfach abtun, andererseits war Bennys Mutter aber auch nicht gerade ein Profi in Sachen Liebe.
    Eigentlich machte ich mir jedoch gar nicht so viele Gedanken darüber, irgendwie war es gar nicht richtig in Worte zu fassen. Mein Bruder und Ewa Kaludis. Kim Novak auf dem roten Puch. Ihre Brust an meiner Schulter in der Klasse. Berra Albertsson und der rotwangige Mulle im Lackapark.
    Das war ganz einfach zu viel. Alles zusammen genommen. Viel zu viel.
    Wie auch immer, in der Nacht hörten wir nicht besonders viel. Nichts, was daraufhin deutete, dass die beiden es miteinander trieben. Das Tonband lief leise vor sich hin, und ab und zu lachte Ewa. Irgendwie fast girrend. Ihr helles Gelächter drang zwar ein paar Mal durch die Dachbodenplanken hindurch, aber mehr war nicht. Vielleicht unterhielten sie sich ja nur, was weiß ich. Vielleicht war das manchmal so, dachte ich. Wenn nichts anderes anstand.
    Dennoch lagen wir im Dunkeln wach, Edmund und ich. Wir lagen ganz still in unseren Betten und taten so, als schliefen wir, bis wir hörten, wie Ewa und Henry sich draußen auf der Wiese voneinander verabschiedeten. Es verging eine Minute, dann startete der Puch auf dem Parkplatz. Edmund

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