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Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Kim Novak badete nie im See von Genezareth

Titel: Kim Novak badete nie im See von Genezareth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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Stunden lang ununterbrochen gedonnert und geblitzt. Da kann man es wirklich mit der Angst kriegen.«
    »Was macht die Entzündung?«, fragte ich, da ich keine Lust hatte, noch mehr von Gewittern zu hören. Es war so schon schlimm genug, wie ich fand.
    »Etwas besser, glaube ich«, stellte Edmund nach einigem Probeschlucken fest. »Morgen bin ich sicher wiederhergestellt.«
    Zehn Minuten später schlief er wie ein Stein. Ich löschte das Licht und lag eine Weile da, lauschte dem Regen, der auf das Dach fiel, und dem Grummeln. Die Blitze leuchteten durchgehend fünfzehn bis dreißig Sekunden vor dem Donner
    auf, also stimmte es wohl, was Edmund gesagt hatte.
    Dass es uns sozusagen umkreiste. Das Gewitter.
    Und dass man sich dabei ziemlich klein fühlte.
    Danach muss ich eingeschlafen sein, denn kurz nach zwölf Uhr wachte ich auf. Der Regen hatte aufgehört, aber es wehte ein kräftiger Wind. Ich hörte, wie Henry unten das Tonbandgerät anstellte, und ich glaube, er sprach mit jemandem.
    Edmunds Bett war leer.

 
    Es war Lasse Schiefmaul, der die Leiche fand, und es war Lasse Schiefmaul, der es zwei Tage hintereinander auf die erste Seite des Kurren brachte. Seine Eltern hatten eine kleine Hütte in Sjölycke, und dort verbrachte auch Schiefmaul größere Teile des Sommers. Es war allgemein bekannt, dass er davon träumte, ein Radrennfahrer zu werden. So einer wie Harry Snell. Oder wie Ove Adamsson. Auf Grund seines Aussehens konnte er ja schlecht Filmschauspieler oder Trompeter werden, aber es gab natürlich nichts, was ihn daran hinderte, ein Mordskerl auf dem Rennrad zu werden.
    Er gehörte schon seit mehreren Saisons zur Juniormannschaft der Stadt, und es war sicher geplant, dass er in ein oder zwei Jahren zur richtigen Mannschaft dazustoßen sollte. Ein viel versprechendes Nachwuchstalent, wie man im Sport so sagte. Schiefmaul hatte die besten Voraussetzungen, darin waren sich alle, die etwas vom Radrennsport verstanden, einig, und irgendwie kam es dabei ja nicht auf sein Gesicht an.
    Ehrgeizig, wie er war, versuchte Schiefmaul, die Sommertage möglichst intensiv für sein Training zu nutzen. Jeden Morgen holte er sein Rennrad noch vor acht Uhr aus dem Schuppen in Sjölycke hervor, um sich dann an sein Pensum von fünfzig, sechzig Kilometern zu machen. Oder sogar achtzig, hundert, wenn er gut in Form war, und das heute war so ein Tag. Es gehörte eigentlich nicht zu seinen Gewohnheiten, die holprigen Kieswege durch den Wald zu nehmen. Das Risiko, ins Schleudern zu kommen oder sich einen Platten einzuhandeln, war zu groß.
    Aber an diesem Morgen tat er es doch. Wahrscheinlich nur mal so zur Abwechslung, auch wenn es zu dieser Zeit noch den einen oder anderen Wettkampf auf Kies gab. Anfang der Sechziger.
    Er nahm den Weg gen Osten durch den Wald, also zur Levihütte hin, und es wurde schließlich eine ungewöhnlich kurze Tour.
    Kurz - und verdammt schockierend, wie er es später dem Kurren-Reporter gegenüber ausdrückte. Nach nur wenigen Kilometern Strampeln kommt er also auf dem kurvigen Weg an dem Parkplatz vorbei, den wir uns mit den Lundins teilen. In voller Fahrt. Tief über den Lenker gebeugt. Er registriert, dass zwei Fahrzeuge da stehen. Ein schwarzer VW und ein roter Volvo PV 1800.
    Und letzteres Auto lässt ihn so auf die Bremse steigen, dass er fast mit den Ohren im Schotter landet.
    Oder vielmehr das, was neben dem Wagen liegt.
    Die linke Vordertür steht offen, und direkt daneben auf dem Boden liegt ein Mensch auf dem Bauch. Es ist ein Mann mit dünnen, schwarzen Schuhen, einer hellen Terylenhose und einem weißen, kurzärmligen Hemd. Dieser Anblick bietet sich Schiefmaul, nachdem er das Fahrrad gedreht hat und die kleine Steigung hinaufgefahren ist. Auf dem Fahrersitz sieht er eine gestreifte Jacke. Der Mann liegt zwar auf dem Bauch, aber irgendwie verdreht und mit ausgestreckten Armen. Gerade Letzteres, das betont Schiefmaul gegenüber den Reportern und Fotografen mehrere Male, machte ihm klar, was da passiert war.
    Es war ihm klar, dass da etwas nicht stimmte. Ein lebendiger Mann liegt nicht so da. Das sieht man sofort, jedenfalls wenn man Augen im Kopf hat, und die hat Schiefmaul zu dieser frühen Morgenstunde. Die Uhr zeigt erst kurz nach sechs, und er schiebt sein Rennrad unter größtmöglicher Vorsicht und mit äußerster Sorgfalt zu dem Unerhörten.
    Sieht, was er doch schon weiß.
    Sieht, dass im Kopf des Kerls, der da liegt, ein großes Loch klafft, und dass es voll Blut ist, die Haare

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