Kim Schneyder
Gelegenheit gleich wieder zu kullern beginnen.
»Mein armes Schätzchen«, sagt Sepia und drückt mich fest an sich. »Aber ich weiß, was wir jetzt machen«, setzt sie dann nach.
Ich löse mich aus ihrer Umarmung und blinzle sie hoffnungsvoll an. »Ja? Was denn?«
»Pfannkuchen mit Nutella«, verkündet sie mit gewichtiger Miene. »Das hilft immer.«
Pfannkuchen? Als ob ich jetzt auch nur einen Bissen hinunterkriegen könnte!
Andererseits, in einem Punkt hat sie schon recht: Gerade in Extremsituationen muss man dem Körper ausreichend Nährstoffe zuführen, um die eigene Belastbarkeit zu erhöhen, das habe ich vor nicht allzu langer Zeit irgendwo gelesen.
Mit dem fertigen Teig aus der Flasche dauert es keine fünf Minuten, dann können wir uns über die dampfenden Köstlichkeiten hermachen.
»Wie bist du denn überhaupt auf die Idee gekommen, ihm hinterherzufahren?«, fragt Sonja, während sie ihren Pfannkuchen sorgfältig unter einer wahren Nutellalawine begräbt.
»Das war reiner Zufall.« Ich erzähle die Geschichte von den vertauschten Handys.
Sonja hört mir mit großen Augen zu, dann meint sie: »Eigentlich solltest du froh sein, dass du es jetzt schon erfährst. Noch bist du jung genug, um dir einen Neuen zu suchen.«
»Aber darum geht es doch gar nicht«, widerspreche ich aufgebracht. »Ich dachte, Gerhard liebt mich, und dass wir irgendwann heiraten und Kinder kriegen und gemeinsam alt werden, versteht ihr?«
»Tja, das klingt alles in der Tat wunderbar romantisch, aber da ist noch etwas«, meldet sich Sepia wieder zu Wort, und sie druckst merkwürdig dabei herum. »Ich habe heute den Nummernspeicher von Gerhards Handy gecheckt, und ich fürchte, es gibt da noch ein paar Sachen, von denen du nichts weißt.«
Ich hatte sie am Vorabend gebeten, die Daten von Gerhards Handy auszulesen und auf ihrem Computer zu speichern, bevor ich es ihm zurückgab. Sepia kennt sich im Gegensatz zu mir mit solchen Dingen aus, sie hatte das binnen weniger Minuten erledigt. Nur gestern Abend hatte ich keine Zeit mehr, um mir die Liste anzusehen.
»Was meinst du damit?« In meinem Magen beginnt es augenblicklich zu rumoren.
»Also, dein Gerhard scheint da ein System zu haben …«, beginnt sie vorsichtig.
»Was denn für ein System?«
»Sieh’s dir selber an!« Sie greift auf den Beistelltisch und reicht mir einen Computerausdruck. Namen stehen darauf. Und die dazugehörigen Telefonnummern. Die Liste umfasst mehrere Seiten, wie ich sehe.
»Und was ist damit?« Auf den ersten Blick kann ich nichts Verdächtiges erkennen.
»Na, die Namen. Die meisten sind vollständig ausgeschrieben, fein säuberlich mit Vor- und Nachnamen, wie du siehst.«
»Ja, und?« Ich habe keine Ahnung, worauf sie hinauswill.
»Wie ich schon sagte: Die meisten von ihnen. Einige aber auch nicht. Der da zum Beispiel«, sie deutet mit ihrem nutellaverschmierten Zeigefinger auf einen Namen. »Da steht bloß Anton K.«
»Ja, und wenn schon«, sage ich. »Das ist vielleicht ein guter Bekannter, bei dem Gerhard es nicht der Mühe wert fand, den Familiennamen auszuschreiben.« Ich verstehe ehrlich gesagt immer noch nicht, was sie meint.
Doch Sepia schüttelt mitleidig den Kopf. »Das dachte ich anfangs auch, es ist aber leider nicht so. Und es gibt noch weitere Namen, da verhält es sich genauso: nur der Vorname und eine Abkürzung mit einem Buchstaben. Das kam mir verdächtig vor, also habe ich bei denen angerufen.«
»Wie, angerufen?«
»Na, die Nummern. Um zu sehen, wer rangeht.«
»Ja, und?«, frage ich angespannt.
Sepia zögert, als müsste sie überlegen, ob sie mir ihre Entdeckung zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt zumuten kann. Ich fühle, wie sich mein Herz verkrampft.
»Ach, was soll’s, irgendwann wirst du es ja doch erfahren«, sagt sie schließlich mit einer resignierten Geste. »Also: Unter der Nummer von diesem Anton K. meldete sich eine Frau, und die heißt in Wirklichkeit Astrid Körner.« Sie schaut mich bedeutungsvoll an.
»Und weiter?«, stoße ich hervor. Ich will es einfach nicht verstehen.
Wieder ein forschender Blick von Sepia, dann deutet sie erneut auf die Telefonliste, die allmählich zwischen meinen Fingern zu glühen beginnt.
»Auf der nächsten Seite findest du einen gewissen Christian M.«
»Okay …?«
»Die Nummer gehört zu einer Frau namens Christine Müller.«
Mein Verstand droht stillzustehen.
»Du meinst …?«, hauche ich fassungslos.
Sepia nickt grimmig. »Ja, genau. Ich fürchte,
Weitere Kostenlose Bücher