Kim Schneyder
was zu sehen kriegen.«
Okay, wenn sie meint. Als Bertrand mit den Schwimmwesten und Helmen zurückkommt, grinst er noch unverschämter als vorhin, und jetzt ist mir auch klar, dass er die paar Liter Benzin nur dafür opfert, dass wir vor ihm einen Striptease hinlegen.
»So, wer von euch fährt am besten?«, übersetzt Bodo dann eine Frage von ihm.
»Heidi«, antworten Sonja und Sepia wie aus einem Mund.
»Wozu will er das wissen?«, frage ich mit leichtem Unbehagen.
»Dann kannst du den Roten nehmen, das ist der Schnellste«, kommt es als Erklärung.
Der Schnellste? Mir wird sofort mulmig. Andererseits, niemand sagt, dass ich Vollgas geben muss, nicht wahr?
Schließlich hocken wir auf den Jetskis, und zu meiner Beruhigung liegen diese Gefährte recht stabil im Wasser. Bertrand hat jeder von uns einen Anhänger mit einer Art Zündschlüssel um das rechte Handgelenk gebunden, dann erklärt er uns gestenreich, wie man diese Dinger startet. Vorsichtig drücke ich den Startknopf, und mit einem drohenden Schütteln erwacht die Maschine unter mir zum Leben. Bertrand löst die Halteleinen hinter uns.
»Die Hafeneinfahrt seht ihr ja«, ruft Bodo zur Erklärung. »Ihr müsst nur um die eine Pier herumfahren, dann kommt ihr geradewegs dorthin. Und im Hafen nicht zu viel Gas geben, das sieht der Hafenmeister nicht gern! Ach ja, und Heidi …«
»Ja?« Ich drehe mich um.
»Bertrand sagt, du sollst es besser vorsichtig angehen, dein Ding geht nämlich höllisch ab!«
Vorsichtig angehen?
Worauf er wetten kann!
»Alles klar!«
Ich drücke mit einem Heidenrespekt ganz sachte aufs Gas, der Motor kommt auf Drehzahl, und plötzlich – setzt sich der Jetski in Bewegung.
Ich werd verrückt. Das funktioniert ja wirklich. Ich fahre!
Okay, mal sehen. Wie steuert man denn nun dieses Ding? Vorsichtig drehe ich den Lenker einen Tick nach rechts, und der Jetski fährt nach rechts. Ich gebe einen Millimeter mehr Gas, und er beschleunigt, und zwar ganz gemächlich, genau so, wie ich es mir wünsche. Dann lenke ich nach links, und ich fahre nach links, einfach so.
Das ist ja kinderleicht!
Und ich naives Lieschen habe immer einen Riesenrespekt vor den wilden Kerlen gehabt, die damit übermütig auf dem Wasser herumtobten – dabei kann das doch jeder!
Die Erkenntnis lässt mich gleich ein bisschen lockerer werden. Ich lege noch ein bisschen an Tempo zu und steuere die Wasserdurchfahrt zwischen den Jachten an. Zufrieden registriere ich die bewundernden Blicke der Menschen auf den Booten, was auch kein Wunder ist, sehen wir in unseren schwarzen Schwimmwesten und den Helmen samt Sonnenbrillen doch aus wie schwarze Ritter, und unsere Kehrseiten in den Bikinihöschen, die man unweigerlich rausstrecken muss, wenn man auf einem Jetski sitzt, bilden dazu sicher einen reizvollen Kontrast. Ich fahre als Erste, und als ich mich umdrehe, sehe ich Sonja und Sepia, die mir gehorsam folgen.
Ha! Das finde ich jetzt gleich noch besser. Ich komme mir vor wie der Staffelführer eines Düsenjetgeschwaders, schade nur, dass wir keine Funkverbindung haben wie in diesen coolen Fliegerfilmen.
»Foxtrott an Leader, Foxtrott an Leader! Wo fahren wir überhaupt hin?«, würde es dann von den anderen kommen, und ich könnte antworten: »Leader an Foxtrott! Leader an Foxtrott! Klappe halten, Foxtrott, sonst fällt Leader noch auf die Schnauze!«, denn ein bisschen konzentrieren muss ich mich natürlich schon noch am Anfang, habe ich doch das heißeste Gerät von uns dreien unter mir.
Nachdem wir den Anlegebereich der Jachten hinter uns gelassen haben, kommen wir zur breiten Hafenausfahrt, vorbei an der Stelle, wo die großen Passagierschiffe anlegen. Die Touristen an Bord machen natürlich sofort große Augen, als wir an ihnen vorbeiziehen, und zücken sensationslüstern ihre Kameras, um Fotos von den vermeintlichen Society-Tussis zu schießen, die auf ihren Jetskis durch fürstliche Hoheitsgewässer pflügen.
Dann endlich das offene Meer. Die plötzliche Weite macht mir ein bisschen Angst, andererseits ist es aber auch eine gute Gelegenheit, um ein bisschen Dampf zu machen. Ich drücke wieder leicht am Gashebel, und ohne Vorwarnung macht mein Jetski einen Satz und schießt vorwärts. Es ist wie ein Schock. Bertrand hat kein bisschen übertrieben mit seiner Warnung, das ist wahrhaftig ein Höllengefährt. Meine Geschwindigkeit ist jetzt so hoch, dass ich bei jeder noch so kleinen Welle abhebe, und erschrocken nehme ich das Gas wieder zurück, um mich
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