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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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erste in seiner Familie gewesen, der die Todsünde des Selbstmords begangen hatte. Gerüchte dieser Art waren natürlich im Umlauf gewesen, sie waren Vater Devlin als jungem Priester kurz nach seiner Ankunft in St. Albans zu Ohren gekommen, aber er hatte ihnen keinen Glauben geschenkt und in seinen Predigten immer wieder gegen Klatsch aller Art gewettert. Erst jetzt, nachdem er Lorettas Eintragung in die Bibel gelesen hatte, begriff er, daß es sich doch nicht nur um bösartige Gerüchte gehandelt hatte, daß das Grauen, das George und Cora Conway erlebt hatten, irgendwie in der Vergangenheit lag. »Ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifriger Gott«, zitierte er leise Exodus, Kapitel 20, Vers 5, »der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied.«
    Aber wie mochte das alles begonnen haben?
    Er wollte mit zittrigen Fingern umblättern, konnte sich aber nicht dazu überwinden. Wollte er wirklich die Wahrheit wissen? Loretta Conway war vor hundert Jahren gestorben, und er konnte nichts für sie tun. Selbst wenn er für ihr Seelenheil betete, würde es nichts nützen, denn durch den Selbstmord hatte Loretta – ebenso wie George Conway – sich der ewigen Verdammnis ausgesetzt.
    Die Hand des fast neunzigjährigen Priesters sank kraftlos auf seinen Schoß.
    Irgendwann …
    An irgendeinem der nächsten Tage würde er diese Angelegenheit vielleicht weiter ergründen. Jetzt fühlte er sich völlig ausgelaugt und sein Bett übte eine magische Anziehungskraft auf ihn aus. Er legte Coras Bibel beiseite und fand gnädiges Vergessen im Schlaf.

7. Kapitel

    »Zieht ihr wirklich hier ein?«
    Jared fuhr vor Schreck über die Stimme hinter seinem Rücken zusammen und ließ die Matratze los, die er zusammen mit seiner Schwester gerade aus dem gemieteten Umzugswagen hievte. Während Kim fluchend versuchte, den schweren, sperrigen Gegenstand allein festzuhalten, warf sie dem Jungen, der die Störung verursacht hatte, einen wütenden Blick zu. Er mußte in ihrem Alter sein, war aber um mehrere Zentimeter kleiner als Jared und sehr drahtig, fast schon mager. Eine Strähne hellbrauner Haare fiel ihm in die Stirn, und er trug zerrissene Jeans und ein Sweatshirt mit abgeschnittenen Ärmeln. Grinsend packte er eine Ecke der Matratze. »Ich bin Luke Roberts«, stellte er sich vor. »Soll ich euch helfen, dieses Ding auf die Veranda zu tragen?«
    »Nicht auf die Veranda – in mein Zimmer hinauf«, erwiderte Jared. Ihm entging nicht, daß Luke das Haus mit sichtlichem Unbehagen betrachtete. »Was ist los? Du fürchtest dich doch nicht etwa?«
    »Natürlich nicht«, antwortete der Junge ein bißchen zu schnell.
    »Bist du jemals drin gewesen?«
    Ohne das riesige viktorianische Gebäude aus den Augen zu lassen, schüttelte Luke den Kopf. »Aber ich habe einen Onkel, der behauptet, einmal drin gewesen zu sein.«
    »Möchtest du’s sehen?« forderte Jared ihn heraus.
    Um nicht als Feigling dazustehen, versicherte Luke hastig: »Na klar!«
    Zu dritt schleppten die Teenager die Matratze in den ersten Stock und ließen sie erleichtert auf das Bettgestell fallen, das Jared und Kim schon hochgetragen hatten.
    »Wieviel Zimmer gibt es hier?« wollte Luke wissen.
    Jared zuckte die Achseln. »Keine Ahnung – zwanzig oder mehr, schätze ich mal. Wir wollen ein Hotel daraus machen.«
    Luke spähte von der Galerie in die Eingangshalle hinab. »Wer wird sich hier schon einquartieren wollen?«
    »Na ja, wenn alles renoviert ist, wird es ganz anders aussehen«, verteidigte Kim das Projekt. »Dad meint, daß das mindestens sechs Monate in Anspruch nehmen wird.«
    »Ich wette, daß ihr auch dann keine Gäste haben werdet«, sagte Luke. »Nicht nach all dem, was hier passiert ist.«
    Jared und Kim tauschten einen unbehaglichen Blick und hatten wie so oft denselben Gedanken: Wollen wir das wirklich hören?
    Luke war jedoch nicht mehr zu bremsen. »Manchmal kann man ein Baby weinen hören. Und sehr viele Leute haben den Kerl gesehen, der sich hier erhängt hat.«
    »Das war der Onkel meines Vaters.«
    Luke ignorierte Jareds warnenden Unterton und fuhr unverdrossen fort: »Man sagt, er sei immer noch hier und suche nach dem Baby.«
    Kim und Jared sahen einander wieder an. Beide erinnerten sich an die Unterhaltung, die sie auf dem Friedhof mit angehört hatten. »Vater MacNeill sagt, daß niemand weiß, ob Dads Tante überhaupt schwanger war.«
    Luke Roberts verdrehte ironisch die Augen. »Vater Mack würde nicht einmal zugeben,

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