Kind der Hölle
Kim gewesen, die ihn schließlich gerettet hatte, sondern sein Vater.
Ha, ausgerechnet sein Vater! So etwas war wirklich nur im Traum möglich. Sollte er jemals in Schwierigkeiten geraten, würde sein Vater höchstwahrscheinlich viel zu betrunken sein, um auch nur einen Finger für ihn rühren zu können!
Jared dachte an den letzten Streit seiner Eltern, den er spät abends unfreiwillig mit angehört hatte. Er fragte sich, ob seine Mutter es diesmal ernst meinte. Vermutlich nicht, sie hatte das alles schon so oft gesagt. Jared wälzte sich auf die andere Seite, und Scout legte ihm wieder eine Pfote auf den Arm. »Was ist denn los, Junge? Leg dich hin und schlaf!«
Anstatt zu gehorchen, lief der große Hund zum Fenster und kratzte am Fliegengitter. Seufzend stand Jared auf, kauerte sich neben das Tier und tätschelte es. »Was hast du denn, Scout? Was gibt’s dort draußen?«
Der Hund rannte zur Tür und kratzte jaulend daran. »Also gut, wenn’s unbedingt sein muß!« brummte Jared, während er Jeans und ein T-Shirt anzog und in seine Turnschuhe schlüpfte.
Sobald er die Tür geöffnet hatte, raste Scout die Treppe hinab und durchs Eßzimmer in die Küche. Jared folgte langsamer und blieb auf dem Treppenabsatz lauschend stehen. Vermutlich hatte sein Vater schon vor Stunden einen Blackout gehabt, aber so genau konnte man das bei ihm nie wissen. Jared wollte um jeden Preis eine Auseinandersetzung mit dem Betrunkenen vermeiden.
Als er schließlich in die Küche kam, winselte Scout schon ungeduldig an der Hintertür. Jared schaute aus dem Fenster, weil er sich die Aufregung seines Hundes nicht erklären konnte, aber er sah nichts Auffälliges.
Er war drauf und dran, die Tür zu öffnen, als ihm plötzlich Muffins Schicksal einfiel. Kim hatte erzählt, daß die Katze aus dem Fenster gesprungen und spurlos verschwunden war.
Wahrscheinlich hatte ein Waschbär oder ein Luchs sie erwischt.
Dumme Katze!
Trotzdem, wenn draußen irgendein Tier herumschlich, und Scout vom Jagdfieber gepackt wurde …
Seufzend wühlte Jared in den Schränken herum, bis er eine alte Wäscheleine fand. Nachdem er sich durch kräftigendes Zerren vergewissert hatte, daß sie stabil war, band er ein Ende an Scouts Halsband fest, bevor er die Hintertür öffnete. Er hoffte, daß der Hund sein Bein am ersten Baum haben und zurückkommen würde, doch der große Retriever lief so schnell in Richtung der Garage, daß die Wäscheleine schmerzhaft durch Jareds Hand glitt. Er schlang sie sich rasch mehrere Male um das Handgelenk, aber Scout zerrte so heftig, daß er ihm notgedrungen in den Garten nacheilte. Der Hund führte ihn auf die Rückseite der Garage, wo er sich auf die Hinterbeine stellte und die Mauer ankläffte.
Im Mondlicht bot sich Jared ein grausiger Anblick.
Muffin hing mit dem Kopf nach unten und heraushängender Zunge an der Wand.
Jedenfalls das, was von der Katze noch übrig war.
Ihr Fell war sorgfältig angenagelt worden, mit gespreizten Pfoten und gebogenem Schwanz, so daß es so aussah, als wollte sie von der Mauer klettern.
Scout sprang immer wieder hoch, um an ihren Kopf heranzukommen, konnte ihn aber nicht erreichen.
Jared starrte die angenagelte Katze lange an, bevor er sie losriß. Er wollte sie in eine Mülltonne werfen, dachte aber noch rechtzeitig daran, daß Kim sie dort finden könnte, wenn sie am Morgen den Abfall wegbrachte. Nach kurzem Überlegen versteckte er das Fell statt dessen in einem der leeren Umzugskartons, die er in der Garage aufgestapelt hatte. Als er zurückkam, fand er den jaulenden Scout immer noch am selben Platz. »Okay, alter Junge«, sagte Jared leise, aber mit stahlharter Stimme. »Wer hat das gemacht? Zeig mir, wer das verbrochen hat, Scout! Such den Kerl!«
Der Hund begann willig herumzuschnuppern, dann witterte er etwas und lief auf das dichte Unterholz am Rand des Grundstücks zu. Jared hielt die Leine vorsichtshalber ziemlich kurz und blieb unschlüssig stehen, als sie den Wald erreichten. Vielleicht sollte er zurückgehen und eine Taschenlampe holen? Aber er hatte keine Ahnung, in welchem der noch nicht ausgepackten Kartons er danach suchen sollte. Außerdem war es eine sternenklare Nacht, und der Mond stand noch hoch am Himmel. Und Scout konnte ja sowieso auch im Dunkeln ausgezeichnet sehen.
»Okay, Junge«, entschied er. »Gehen wir weiter.«
Er verkürzte die Leine auf knapp zwei Meter und folgte seinem Hund auf einen Waldpfad. Die Nase dicht am Boden, hatte Scout es sehr
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