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Kind der Hölle

Kind der Hölle

Titel: Kind der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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ersten winzigen Riß in ihrem Schutzwall, und sie kämpfte gegen diese Schwäche an. »Und welche Konsequenzen hast du aus dieser Erkenntnis gezogen, die dir im Vollrausch dämmerte?« fragte sie sarkastisch.
    Ted zuckte zusammen, geriet aber auch jetzt nicht in Wut. »Ich bin in den Keller gegangen und habe den ganzen verfluchten Alkohol ausgekotzt.« Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Du mußt zugeben, daß ich in dieser Hinsicht alles andere als ein Neuling bin«, versuchte er zu scherzen, wurde aber sofort wieder ernst, als er Janets eisige Miene sah. »Schau mich an«, bat er. »Schau mir in die Augen.«
    Tu’s nicht, warnte sie sich, konnte der Versuchung aber doch nicht widerstehen.
    Etwas hatte sich verändert.
    Teds Augen glichen klaren Bergseen, was nach seinem Vollrausch der letzten Nacht erstaunlich war. Aber wenn er sich wirklich übergeben hatte …
    Er schien ihre Gedanken gelesen zu haben. »Ein Säufer wie ich muß schon jede Menge intus haben, um einen Kater zu bekommen!«
    Janet erwiderte nichts darauf, schaute ihm aber weiterhin in die Augen, was vage Erinnerungen in ihr wachrief.
    Sie waren ihr seltsam vertraut, und plötzlich wußte sie, daß das die Augen des jungen Mannes waren, in den sie sich vor langer Zeit verliebt hatte. Damals waren diese strahlend blauen Augen der Spiegel seiner Seele gewesen, und sie las in ihnen soviel Zärtlichkeit, Liebe und Leidenschaft, daß sie glaubte, zu ihrem Glück nichts anderes als Ted zu brauchen.
    »Komm mit«, bat er jetzt, nahm ihr Molly ab und setzte die Kleine behutsam in den Laufstall. Dann nahm er Janet bei der Hand und führte sie durch die Halle und das Wohnzimmer in den kleinen Raum, wo sie ihn am Vorabend gefunden hatte.
    Eine leere Wodkaflasche lag noch auf dem Sofa, und der Karton mit vollen Flaschen stand auf dem Boden. Als Ted einer herausnahm und öffnete, spürte Janet eine kalte Leere im Magen. Wollte er ihr beweisen, daß er sich verändert hatte, indem er demonstrativ einen Drink zu sich nahm? Doch anstatt die Rasche an seine Lippen zu führen, leerte er sie über dem Spülbecken der kleinen Bar aus.
    Gurgelnd verschwand der Wodka im Abfluß.
    Er griff nach einer zweiten Flasche und schüttete auch sie aus, dann eine dritte und vierte, bis alle Flaschen im Karton leer waren. »Habe ich das je zuvor getan?« fragte er.
    Im Geist hörte Janet das Echo seiner unzähligen Versprechungen und Beteuerungen.
    Ich muß nicht trinken, es macht mir einfach Spaß.
    Daß Alkohol im Haus ist, bedeutet noch lange nicht, daß ich ihn auch trinken werde.
    Ich werde keinen Tropfen anrühren, aber wir müssen unerwarteten Gästen doch etwas anbieten können.
    Wie oft hatte sie das gehört, in den verschiedensten Variationen? Und wenn sie in seltenen Fällen den Alkohol wegschüttete, sorgte er unverzüglich für Nachschub, und auch dafür hatte er eine Begründung zur Hand: Wenn ich mir ausnahmsweise einen Drink genehmige – ist es dir dann nicht lieber, wenn ich ihn zu Hause trinke?
    Nein, hätte sie dann schreien mögen, ich will, daß du überhaupt nicht mehr trinkst!
    Doch alle Vorhaltungen und Bitten waren sinnlos gewesen. Wie knapp bei Kasse sie auch sein mochten – Alkohol war immer im Haus! Und auch jetzt fiel Janet der volle Anhänger ein, in dem Ted einen neuen Vorrat versteckt haben könnte.
    Wieder schien er ihre Gedanken zu lesen. »Ich habe keine einzige Flasche mehr gekauft.« Draußen blitzte und donnerte es plötzlich, und die ersten Regentropfen fielen. »O Gott, ich muß das ganze Zeug vom Anhänger in Sicherheit bringen, bevor es durchweicht wird!« rief Ted und rannte durchs Haus und zur Hintertür hinaus. Als Janet ihn einholte, wühlte er in seinen Einkäufen herum. »Ich hab’ hier irgendwo ein paar Plastikplanen … Ah, da sind sie ja!« Er zog eine große Tüte hervor, riß sie auf und breitete eine der Planen mit Janets Hilfe innerhalb von Minuten über dem Anhänger aus, wobei der Wind allerdings sofort so heftig daran zerrte, daß sie davonzufliegen drohte. »Steig in den Wagen«, entschied Ted, als es stärker zu regnen begann. »Ich öffne das Garagentor, und du fährst rückwärts rein.«
    »Die Garage ist nicht groß genug«, wandte Janet ein.
    »Der Anhänger paßt mühelos hinein«, widersprach Ted, »und ich werde dich dirigieren.«
    Inzwischen goß es in Strömen.
    »Du wirst patschnaß!« rief Janet, aber Ted zog schon die beiden Torflügel auf, und so setzte sie sich seufzend ans Steuer und legte

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