Kind der Hölle
zurückkehren, wo sie hergekommen waren. Und wer das Katzenfell an die Garagenmauer genagelt hatte, würde keiner herausfinden.
Nein, zur Nervosität bestand nicht der geringste Grund!
Auf dem See entspannte er sich zum erstenmal, seit er die Truhe seiner Mutter geöffnet hatte. Gemütlich im Boot ausgestreckt, die Füße auf der Ruderbank, die Angelrute locker in der rechten Hand, zog er seinen Strohhut rief ins Gesicht und schloß die Augen.
Und dann begannen die Hunde zu bellen.
Jake setzte sich abrupt auf. Er wußte sofort, daß es seine Hunde waren – sogar über eine Entfernung von ein, zwei Meilen hinweg erkannte er mühelos ihre Stimmen. Und jetzt führten sie sich genauso auf wie letzte Nacht. Wenn sie nur ein Kaninchen oder irgendeine andere Beute gewittert hätten, würden sie aufgeregt bellen, aber nicht total verrückt spielen.
Es hörte sich so an, als wollten sie jemanden regelrecht zerfleischen – so wie letzte Nacht!
Jake holte hastig seine Angelrute ein und ruderte auf das Ufer zu. Während er döste, hatte er das Boot einfach treiben lassen, und nun war seine Hütte fast eine Meile entfernt, auch wenn der Schall hier auf dem Wasser so gut trug, daß das Bellen aus nächster Nähe zu kommen schien.
Es brach ab, während Jake noch weit draußen auf dem See war, und er hielt im Rudern inne und lauschte angestrengt.
Nichts, nur das Platschen eines flüchtigen Fisches und das Surren eines Moskitos, der sich auf seinem Nacken niederließ. Jake wollte danach schlagen, hielt aber mitten in der Bewegung inne.
Er hörte einen kurzen hohen Schmerzensschrei und begriff sofort, was geschehen war.
Einer seiner Hunde war gestorben.
Er vergaß den Moskito, statt dessen legte er sich tüchtig in die Riemen, und das Boot schoß auf das Ufer zu.
Zweimal hielt er für einen Augenblick inne, um erneut zu lauschen. Aber erst als er das Ufer fast erreicht hatte, hörte er wieder ein Geräusch. Ein Hund, Jake war fast sicher, daß es Lucky war, winselte leise.
Sobald er das Boot ans Ufer gebracht hatte, sprang Jake heraus. Ohne sein Angelzubehör mitzunehmen, hastete er zur Hütte.
Er sah sofort seinen Verdacht bestätigt. Winselnd beschnupperte Lucky den Boden, auf dem nur eine Kette lag.
Red war verschwunden.
Jake kniete vor dem Hund nieder. »Was ist passiert, Lucky?« fragte er. »Was war hier los, während ich fort war?«
Lucky ließ sich bereitwillig streicheln, beschnupperte aber gleich darauf wieder den Boden. Mit gerunzelter Stirn griff Jake nach Reds Kette und betrachtete die Schnalle, die am Halsband befestigt gewesen war.
Sie ist nicht beschädigt.
Trotzdem fehlte das Halsband.
»Wo ist er, Lucky? Wo ist Red?«
Er löste die Kettenschnalle an Luckys Halsband und stand auf. »Such Red«, befahl er sanft. »Zeig mir, wo er ist.«
Der Hund rannte zur Hüttentür und kratzte daran.
Kopfschüttelnd betrat Jake die morsche Veranda.
Warum sollte Red in der Hütte sein? Wenn etwas ihn umgebracht hatte …
Und dann begriff er: nicht etwas hatte Red getötet, sondern jemand. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, während er die Tür öffnete.
Und da sah er Red.
Er lag auf dem Tisch, mit aufgeschlitztem Bauch, so daß das Gedärm fast bis zum Boden herabhing.
Lucky jaulte leise und preßte sich dicht an seine Beine.
»O Gott«, flüsterte Jake. »O mein Gott, wer hat das gemacht?« Gegen Übelkeit ankämpfend, trat er näher und legte eine Hand auf den Kopf des toten Hundes, so als wollte er ihn trösten. Dann fiel sein Blick auf das rechte Vorderbein. Es endete in einem blutigen Stumpf, und die Pfote fehlte. Sie war säuberlich abgeschnitten worden.
Zu spät, dachte Jake.
Es ist schon zu spät.
19. Kapitel
Janet warf einen ängstlichen Blick auf ihre Uhr, so wie sie es in den letzten Minuten mindestens ein dutzendmal getan hatte. Viertel vor sechs.
Noch eine Viertelstunde.
Wenn Jared dann immer noch nicht zu Hause war, würde sie…
Was sollte sie tun? Bei der Polizei anrufen? Im Krankenhaus anrufen?
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, hatte Ted ihr vor einer Stunde versichert. »Der Junge ist fast sechzehn.« Er grinste, so als hätte er ihre besorgten Gedanken erraten – aber es war nicht die höhnische Grimasse, die sein Gesicht in angetrunkenem Zustand so oft verzerrt hatte, sondern es war ein freundschaftliches Grinsen. Auch seine Stimme klang nicht sarkastisch, als er sagte: »He, Jan, unser Sohn ist nicht wie ich! Er betrinkt sich bestimmt nicht, sondern
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