Kind der Nacht
nicht. Du warst doch blöd genug, sie entkommen zu lassen!«
»Mag sein, aber was du jetzt tust, macht alles nur schlimmer. Komm wieder ein bisschen runter. Warte einfach, bis wir wieder zurück sind und mit Chloe gesprochen haben, okay?«
Carol wurde auf die Füße gezerrt. Sie konnte es nicht fassen. Sie war etwas wackelig auf den Beinen und nahm alles um sich herum nur noch verschwommen wahr. Doch sie sah sein Gesicht. Es befand sich direkt vor dem ihren, so finster, dass es ihr durch und durch ging. Er packte sie bei der Kehle und stieß sie gegen
die Wand.
»Du hörst mir jetzt besser zu, du Schlampe, du hast nämlich sowieso keine Chance mehr, außerdem reißt mir gleich der Geduldsfaden. Wir drei gehen jetzt, und du hältst deinen Mund dabei. Denke noch nicht einmal daran, abzuhauen! Wenn du auch nur den kleinsten Mucks von dir gibst, kannst du erst Zusehen, was ich mit jedem anstelle, der dir zu Hilfe eilt, und dann wirst du aus erster Hand erfahren, was ich mit dir machen werde. Und, glaub mir, es wird langsam und schmerzhaft sein, und du wirst darum betteln, dass ich dich töte.«
Er schubste sie zur Tür.
»Noch eine Sekunde«, sagte Gerlinde. »Lass mich der Kleinen das Blut vom Mund wischen.« Sie nahm dazu ihren Finger und leckte ihn ab.
Seite an Seite, Carol sicher in ihrer Mitte untergehakt, liefen sie durch den Flughafen. Sie war wie benommen, unfähig zu verstehen, wie sie ihm schon wieder in die Falle tappen konnte. Sie überlegte hin und her, was sie wohl falsch gemacht hatte und was sie besser anders gemacht hätte.
André erstand drei Tickets, und sie bekamen noch einen Spätflug nach Merignac. Kurz vor Mitternacht kamen sie in Bordeaux an.
Draußen vor dem Flughafen nieselte es. Die silberne Limousine fuhr vor und hielt vor dem Eingang. Gerlinde stieg ein, danach Carol und zuletzt André. Kaum hatte sich die Tür hinter ihnen geschlossen, fuhren sie auch schon los.
Während des Fluges hatten sie alle geschwiegen, und auch nun, im Wagen, sagte niemand ein Wort. André blickte wütend stur geradeaus. Gerlinde starrte aus dem Seitenfenster. Carol kauerte zwischen ihnen. Irgendwann, als sie sich bereits dem Haus näherten, versuchte Ger linde ein Gespräch mit Carol anzufangen, doch André fiel ihr ins Wort.
»Sei still!«
»Hey, Baby, ich bin’s, Gerlinde. Du hast keinerlei Ansprüche auf dieses Modell.«
»Aber sie gehört mir!« Er meinte Carol, und sein Tonfall gab ihr zu verstehen, dass er keinen Widerspruch duldete.
Gerlinde entgegnete nichts darauf.
Carol hatte jeglichen Mut verloren. Die Tränen traten ihr in die Augen, aber sie wagte es nicht, auch nur einen Laut von sich zu geben, aus Angst, André würde sie schlagen. Sie biss sich auf den Finger, um ihre Gefühle zu unterdrücken. Doch alles sah trostlos aus. Sie hatte keine Ahnung, was sie nun erwartete. Doch sie war sich im Klaren darüber, dass sie alles vermasselt hatte. Noch vier Monate muss ich hier bleiben, dachte sie düster, und nun auch noch als Gefangene ohne alle Rechte. Zu allem Überfluss muss ich jetzt auch noch Andrés Zorn ertragen.
Kaum waren die drei im Chateau angekommen, gingen sie sofort ins Wohnzimmer, wo Karl und Chloe bereits auf sie warteten. Beide blickten sehr ernst drein. André stieß Carol in einen Sessel.
»Carol, warum?«, fragte Chloe übergangslos. Ihre Stimme klang distanziert, ihre Miene war kühl, so als fühle auch sie sich verletzt, enttäuscht.
Carol schüttelte den Kopf. Sie hatte Angst, den Mund aufzumachen, weil sie fürchtete, sie werde gleich anfangen zu weinen. Sie wusste, dass sie kein Mitgefühl zu erwarten hatte.
»Wen interessiert schon, warum!?«, unterbrach André sie wütend. »Sie ist weggelaufen, wir haben sie wieder eingefangen, und jetzt bleibt sie bis zur Geburt unter Verschluss. Und danach« - er blickte auf sie hinab - »werde ich mich ein bisschen rächen.«
»Carol«, sagte Chloe, »du hast uns dein Wort gegeben.«
»Ich habe euch versprochen, dass ich weder mir noch dem Kind etwas antun würde«, entgegnete sie zaghaft. »Und das habe ich auch nicht.«
»Aber du bist weggelaufen.«
»Sie hat Angst davor, das Kind zu bekommen«, warf Gerlinde ein.
»Warum hältst du nicht einfach den Mund?«, herrschte André sie an.
»Du kannst mich mal!«
»Du bist ja genauso verrückt wie sie!«
»Hättest du ihr nicht so eine Heidenangst eingejagt, wäre sie nicht weggelaufen.«
»Anscheinend habe ich ihr
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