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Kind der Prophezeiung

Kind der Prophezeiung

Titel: Kind der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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ihr Ziel fanden und das Blut aus ihren Wunden schoß.
    Garion mußte würgen, biß dann aber die Zähne zusammen und rannte die Treppe hinauf. Er versuchte, seine Ohren vor den gräßlichen Geräuschen zu verschließen, die von unten zu ihm drangen, als die beiden sterbenden Männer ihr grauenvolles Werk fortsetzten.
    Er dachte nicht einmal mehr an eine List, er rannte einfach und floh mehr vor dem abscheulichen Geschehen auf der Treppe als vor Asharak oder dem Grafen von Jarvik. Schließlich, er hätte nicht sagen können, wieviel später, stolperte er außer Atem durch die halboffene Tür einer staubigen, unbenutzten Kammer. Er drückte die Tür zu und lehnte sich zitternd mit dem Rücken dagegen.
    An einer Wand des Raumes stand ein breites, durchgelegenes Bett, und hoch darüber befand sich ein kleines Fenster. Zwei zerbrochene Stühle lehnten in zwei Ecken, und eine leere Truhe mit offenem Deckel stand in einer dritten, das war alles. Die Kammer war wenigstens weit weg von den Gängen, wo rasende Männer sich gegenseitig umbrachten, aber Garion sah schnell, daß die scheinbare Sicherheit hier nur eine Täuschung war. Wenn jemand diese Tür öffnete, saß er in der Falle. Verzweifelt begann er, den staubigen Raum näher zu untersuchen.
    Gegenüber dem Bett hingen an der nackten Wand einige Vorhänge, und in der Hoffnung, daß sich dahinter vielleicht eine Nische oder ein angrenzendes Zimmer befand, ging Garion durch den Raum und zog sie beiseite. Hinter den Vorhängen war eine Öffnung, aber sie führte nicht in ein anderes Zimmer, sondern in einen dunklen, schmalen Gang. Er spähte hinein, aber dort herrschte völlige Finsternis. Er konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Er schauderte bei dem Gedanken, durch diese Schwärze zu rennen, während bewaffnete Männer hinter ihm hereilten.
    Er sah zu dem einzigen Fenster hinauf und zog dann die schwere Truhe durch den Raum, um sich daraufzustellen und hinaussehen zu können. Vielleicht sah er durch dieses Fenster etwas, das ihm einen Hinweis darauf gab, wo er sich befand. Er kletterte auf die Truhe, stellte sich auf die Zehenspitzen und sah hinaus.
    Türme erhoben sich hier und dort aus den langen Schieferdächern der endlosen Stockwerke und Gänge von König Anhegs Palast. Es war hoffnungslos. Er sah nichts, was er wiedererkannte. Er drehte sich um und wollte gerade von der Truhe springen, als er plötzlich innehielt. Dort, klar und deutlich in der dicken Staubschicht, die den Fußboden bedeckte, waren seine Fußabdrücke.
    Er hüpfte rasch herunter und nahm das Kissen von dem so lange nicht benutzten Bett. Er breitete es auf dem Boden aus und zog es durch den Raum und wischte so die Fußspuren aus. Die Tatsache, daß sich jemand in dem Raum aufgehalten hatte, konnte er nicht völlig verbergen, aber er konnte zumindest seine Fußspuren verwischen, die Asharak oder seinen Männern sofort einen Hinweis auf die Größe des Eindringlings gegeben hätten. Als er fertig war, warf er das Kissen zurück auf das Bett. Es war zwar nicht perfekt, aber wenigstens etwas besser als vorher.
    Im Gang draußen ertönte ein Schrei, dann das Klirren von Stahl.
    Garion holte tief Luft und stürzte sich in den dunklen Gang hinter den Vorhängen.
    Er war kaum ein paar Schritte gegangen, als er in der Finsternis nichts mehr erkennen konnte. Seine Haut kribbelte, als Spinnweben durch sein Gesicht strichen, und der Staub von Jahren stieg in erstickenden Wolken von dem unebenen Boden auf. Zuerst bewegte er sich ziemlich schnell, denn vor allem wollte er eine möglichst große Entfernung zwischen sich und dem Kampfgeschehen auf dem Gang draußen bringen. Aber dann stolperte er. Einen erschreckenden Moment lang schien es, als würde er fallen. Die Vorstellung von einer steilen Treppe, die in der Schwärze abwärts führte, zuckte durch seine Gedanken, und er merkte, daß er bei seinem augenblicklichen Tempo nicht in der Lage sein würde, sich abzufangen. Nun bewegte er sich vorsichtiger, eine Hand an der Wand, die andere vor dem Gesicht, um die Spinnweben fortzuwischen, die dicht von der Decke hingen.
    In der Dunkelheit verlor er jedes Zeitgefühl, und es kam ihm vor, als würde er bereits seit Stunden in dem dunklen Gang umhertappen, der überhaupt nicht enden wollte. Dann lief er trotz aller Vorsicht gegen eine rauhe Steinwand. Er verspürte einen Moment lang Panik. Endete der Gang hier? War es eine Falle? Dann sah er aus dem Augenwinkel heraus ein schwaches Licht flackern. Der Gang endete

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