Kind der Prophezeiung
bist der König.«
»Danke«, sagte Anheg trocken.
Ein Krieger holte eine lange Stange, und zwei Fackeln wurden Garion hochgereicht.
»Wenn der Gang weiter geradeaus führt«, sagte Anheg, »müßte er irgendwo in den königlichen Gemächern herauskommen.«
»Interessant«, meinte König Rhodar mit hochgezogener Augenbraue. »Es wäre interessant zu wissen, ob der Gang zu den königlichen Räumen führt oder von ihnen weg.«
»Es ist gut möglich, daß dieser Gang ein lang vergessener Fluchtweg ist«, sagte Anheg gekränkt. »Unsere Geschichte war schließlich nicht immer ganz friedlich. Es besteht kein Grund, das Schlimmste anzunehmen, oder?«
»Natürlich nicht«, sagte Rhodar, »überhaupt kein Grund.«
Garion setzte eine Fackel neben den Spalt in der Wand und folgte dem staubigen Gang, wobei er oft genug zurückschaute, um sich zu vergewissern, daß die Fackel noch gut zu sehen war. Schließlich kam er an eine schmale Tür, die sich in eine leere Nische öffnete. Die Nische gehörte zu einem prachtvoll ausgestatteten Schlafzimmer, davor lag ein breiter, hell erleuchteter Korridor.
Einige Krieger kamen den Gang entlang, und Garion erkannte Torvik den Jäger unter ihnen. »Hier bin ich«, sagte er und trat höchst erleichtert vor.
»Du warst wohl sehr beschäftigt, nicht wahr?« fragte Torvik mit einem Grinsen.
»Es war nicht meine Idee«, sagte Garion.
»Wir bringen dich zurück zu König Anheg«, meinte Torvik. »Die Dame, deine Tante, scheint sehr besorgt um dich zu sein.«
»Sie ist vermutlich böse mit mir«, sagte Garion und ging neben dem breitschultrigen Mann her.
»Höchstwahrscheinlich«, sagte Torvik. »Frauen sind fast immer aus dem einen oder anderen Grund böse auf uns. Das ist eins von den Dingen, an die du dich gewöhnen mußt, wenn du älter wirst.«
Tante Pol wartete an der Tür zum Thronsaal. Es gab keine Vorwürfe – jedenfalls noch nicht. Einen kurzen Moment lang drückte sie ihn heftig an sich und sah ihn dann ernst an. »Wir haben auf dich gewartet, Lieber«, sagte sie ruhig, dann brachte sie ihn zu den anderen.
»In die Gemächer meiner Großmutter, sagst du?« fragte Anheg Torvik gerade. »Wie erstaunlich. Ich erinnere mich an sie als eine schrullige alte Dame, die am Stock ging.«
»Niemand wird alt geboren, Anheg«, sagte König Rhodar verschmitzt.
»Ich bin sicher, es gibt viele Erklärungen dafür, Anheg«, sagte Königin Porenn. »Mein Gatte zieht dich nur auf.«
»Einer meiner Männer hat im Gang nachgesehen, Eure Majestät«, sagte Torvik taktvoll. »Der Staub liegt sehr dick. Es ist möglich, daß er seit Jahrhunderten nicht mehr benutzt wurde.«
»Wie erstaunlich«, sagte Anheg wieder.
Man ließ das Thema anschließend taktvoll fallen, obwohl König Rhodars verschmitzter Gesichtsausdruck Bände sprach.
Der Graf von Seline hüstelte höflich. »Ich glaube, der junge Garion hier hat uns eine Geschichte zu erzählen«, sagte er.
»Das glaube ich auch«, sagte Tante Pol und wandte sich an Garion. »Ich meine, mich zu erinnern, daß du in deinem Zimmer bleiben solltest.«
»Asharak war vor meinem Zimmer«, sagte Garion, »und er hatte Krieger bei sich. Er wollte, daß ich zu ihm kam. Als ich nicht wollte, sagte er, er hätte mich einmal in seiner Gewalt gehabt und könnte es jederzeit wieder tun. Ich habe nicht genau verstanden, was er meinte, aber ich habe ihm gesagt, daß er mich zuerst fangen müßte. Dann bin ich weggelaufen.«
Brand, der Rivanische Hüter, kicherte. »Ich kann darin keinen Fehler finden, Polgara«, sagte er. »Wenn in meinem Zimmer ein Grolim-Priester stünde, würde ich auch davonlaufen.«
»Bist du sicher, daß es Asharak war?« fragte Silk.
Garion nickte. »Ich kenne ihn schon sehr lange. Mein ganzes Leben lang, glaube ich. Er hat mich beim Namen genannt.«
»Ich glaube, ich möchte mich eine Weile mit diesem Asharak unterhalten«, sagte Anheg. »Ich möchte ihm ein paar Fragen stellen über all das Unheil, das er in meinem Königreich angerichtet hat.«
»Ich bezweifle, daß du ihn finden wirst, Anheg«, sagte Meister Wolf. »Er scheint mehr zu sein als nur ein Grolim-Priester. Ich habe einmal seinen Geist berührt – in Muros. Es ist kein gewöhnlicher Geist.«
»Ich werde mir ein Vergnügen daraus machen, ihn zu suchen«, sagte Anheg höhnisch. »Nicht einmal ein Grolim kann über das Wasser gehen, also werde ich einfach alle Häfen in Cherek schließen lassen und meine Krieger ausschicken, auf daß sie die Berge und Wälder
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